Berlin. Es lief eigentlich gut für die Bahn: Politik und Kunden entdeckten in der Klimadebatte das Zugfahren, Milliarden sind auf den Weg gebracht, um das Angebot zu verbessern. Dann kam das Coronavirus.

Die Deutsche Bahn rechnet 2020 erstmals seit Jahren mit weniger Fahrgästen. Nach einem weiteren Rekord im vergangenen Jahr dürften die Zahlen nun wegen der Coronavirus-Krise im Nah- und Fernverkehr sinken, wie es im Geschäftsbericht heißt, der am Donnerstag veröffentlicht wurde.

Der Umsatz wird demnach voraussichtlich sinken, das operative Ergebnis deutlich rückläufig sein. Konzernchef Richard Lutz versicherte aber, man habe die finanzielle Stabilität der Bahn fest im Blick.

Im vergangenen Jahr waren in die Fernzüge so viele Fahrgäste gestiegen wie nie zuvor, es war das fünfte Wachstumsjahr in Folge. 150,7 Millionen Kundenfahrten entsprachen einem Plus von 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In diesem Jahr dürfte die Zahl demnach aber wieder sinken. Grund dafür ist die Coronakrise. Seit diesem Monat fahren deutlich weniger Menschen Bahn als üblich, das Angebot wurde um rund ein Viertel gestutzt.

Das ändert nichts an der langfristigen Strategie der Bahn, das Angebot deutlich auszubauen. Das soll mehr Menschen für mehr Klimaschutz dazu bringen, vom Auto und Flugzeug auf Züge umsteigen. Der Bund und der Konzern hatte im vergangenen Jahr die Weichen für milliardenschwere Investitionen gestellt.

Der Expansionskurs zeigt auch beim Personal. In Vollzeitstellen gerechnet hatte die Bahn Ende 2019 gut 202.000 Mitarbeiter in Deutschland, rund 6000 mehr als ein Jahr zuvor. Eingestellt wurden etwa Lokführer, Fahrdienstleiter, Instandhalter und Ingenieure. Weltweit beschäftigt der Konzern 324.000 Mitarbeiter.

Der Konzernumsatz legte 2019 um 0,9 Prozent auf 44,4 Milliarden Euro zu. Wegen hoher Investitionen und steigender Personalkosten sank jedoch der Gewinn aus dem laufenden Geschäft. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) lag mit 1,84 Milliarden Euro 13 Prozent unter dem Vorjahreswert.

"Zukunftsausgaben haben in den nächsten Jahren Vorrang, was sich mittelfristig in niedrigeren Ergebnissen widerspiegeln wird", sagte Lutz. Unterm Strich erwirtschaftete die Bahn ein Jahresergebnis von 680 Millionen Euro, 25 Prozent mehr als im Vorjahr. 650 Millionen Euro gingen als Dividende an den Eigentümer, den Bund. Die Bahn hat 24,2 Milliarden Euro Schulden.

Die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Krise seien in ihrer genauen Höhe noch nicht bezifferbar, sagte Finanzvorstand Levin Holle. Im Geschäftsbericht ist von erheblichen negativen Auswirkungen die Rede.

Auch im deutschen Regionalverkehr fuhren 2019 mehr Menschen mit der Deutschen Bahn. Knapp zwei Milliarden Kundenfahrten entsprachen einem Plus von 1,6 Prozent. "Wir sehen klare Anzeichen für eine Verkehrsverlagerung auf die klimafreundliche Schiene", sagte Lutz.

Für den Güterverkehr traf das nicht zu. Hier sank der Marktanteil der Schiene nach Bahnangaben von 19,2 Prozent auf 18,6 Prozent. Nach wie vor werden fast drei Viertel aller Güter auf der Straße transportiert.

Die Gütersparte der Bahn, DB Cargo, bleibt das Sorgenkind des Konzerns. Das Minus im laufenden Geschäft (Ebit) wuchs von 190 auf 308 Millionen Euro, was unter anderem darauf zurückgeführt wurde, dass die Konjunktur sich im Laufe des vergangenen Jahres abkühlte. Wegen der Folgen des Coronavirus-Ausbreitung ist zu erwarten, dass auch hier die Leistung zurückgeht.

Die Bahn bekräftigte ihr Ziel, dass 78 Prozent der Fernzüge in diesem Jahr 78 Prozent pünktlich sein sollen - das heißt weniger als sechs Minuten nach Fahrplan ankommen. 2019 hatte der Fernverkehr sein Ziel trotz Verbesserungen verfehlt. Die Quote lag bei 75,9 Prozent statt der angepeilten 76,5 Prozent.