Davos. Der Klimaschutz stand im Mittelpunkt des Weltwirtschaftsforums in den Schweizer Bergen. Doch ob das Treffen Fortschritte gebracht hat, daran scheiden sich die Geister.

Klimaaktivisten um Greta Thunberg haben der 50. Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) ein schlechtes Zeugnis ausgestellt.

"Wir hatten einige Forderungen, aber natürlich wurden diese Forderungen komplett ignoriert", sagte Thunberg am Freitag in Davos. "Wir haben nichts anderes erwartet." Klimaschutz stand auch am letzten Tag des Treffens im Mittelpunkt. Dabei wurde deutlich, dass die USA in dieser Frage weitgehend isoliert sind.

"Einige glauben ja, dass das eine Sache ist, die Land für Land entschieden werden kann", sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz vor Journalisten mit Blick auf die USA. "Tatsächlich aber ist das ein großer Irrtum." Denn in der Welt hingen alle Länder voneinander ab, deshalb müsse eine internationale Lösung angegangen werden.

Die USA waren unter Präsident Donald Trump aus dem Pariser Klimaabkommen ausgetreten, nach dem die Erderwärmung durch Begrenzung von Kohlendioxid-Emissionen bis 2050 auf maximal 2 Grad Celsius begrenzt werden soll.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze rief zu einer Zusammenarbeit der "Willigen" auf. "Wenn diejenigen die Geschwindigkeit bestimmen, die am langsamsten sind, dann wird das nie was", sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. Auch Klimakonferenzen litten darunter, dass Länder versuchten, Fortschritt aufzuhalten. "Man darf sich von den Trumps dieser Welt nicht abhalten lassen, Klimaschutz zu machen."

US-Finanzminister Steven Mnuchin betonte, er wolle Umweltprobleme nicht kleinreden. Dies sei aber nur eines von vielen Problemen. "Ich denke, wir sollten von Umweltproblemen sprechen und nicht vom Klimawandel", sagte er. Mit Blick auf die deutsche Entscheidung, vom kommendem Jahr an mit einem Preis von 25 Euro je Tonne den Ausstoß von CO2 zu verteuern, um die eigenen CO2-Emissionen zu drücken, sagte Mnuchin: Ein Preis auf den Verbrauch von CO2 sei eine Steuer für hart arbeitende Menschen.

Unterstützung erhielten die Klimaaktivisten vom Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. "Das Weltwirtschaftsforum in Davos war eine Enttäuschung", schrieb Fratzscher in einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" (Samstag). "Selten lagen zwar die globalen Probleme so klar auf der Hand, selten haben aber auch Politik und Wirtschaft mögliche Lösungswege so blockiert."

Die schwedische Aktivistin Isabelle Axelsson kritisierte, der Fokus habe in Davos nicht darauf gelegen, konkrete Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel zu finden. Vielmehr seien technische Neuerungen diskutiert worden. "Aber wir können uns nicht auf etwas verlassen, das noch nicht existiert", sagte Axelsson.

Ihre Schweizer Mitstreiterin Loukina Tille sagte, das WEF gleiche einer "geschlossenen Blase positiver Einstellungen, abgeschlossen von der Realität". Aber solange die Teilnehmer sich weigerten, die Blase zu verlassen, werde sich nichts ändern. Bei einer Demonstration forderte Thunberg zusammen mit vielen jungen Leuten unter anderem den sofortigen Ausstieg aus fossilen Energien.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz warb beim Klimaschutz für eine Politik mit Augenmaß und Ambition. "Es wird sich nicht von heute auf morgen ändern lassen, was wir tun", sagte der 33-Jährige mit Blick auf Gewohnheiten und Notwendigkeiten gerade bei der Mobilität. "Es wäre ein Fehler, die europäische Wirtschaft zu belasten und dann gleichzeitig Billigprodukte aus Drittstaaten nach Europa zu importieren, die unter schlechteren Umweltstandards hergestellt werden als in der Europäischen Union."

In Handelsfragen konnte die EU in Davos zumindest einen Teilfortschritt präsentieren. Angesichts der US-Blockade des Streitschlichtungsmechanismus in der Welthandelsorganisation (WTO) einigten sich die EU und 16 weitere Länder auf eine Zwischenlösung.

Diese war nötig geworden, weil die USA die Neuberufung von Richtern blockiert und die Berufungsinstanz für Schlichtungen damit seit Mitte Dezember 2019 lahmgelegt hatten. Die Vereinigten Staaten waren unter Führung von Trump auf Konfrontationskurs zur WTO gegangen, weil sie sich benachteiligt fühlen und ihnen insbesondere chinesische Handelspraktiken sauer aufstießen.

Im Handelsstreit zwischen der EU und den USA, in dem Trump mit Strafzöllen auf US-Importe europäischer Autobauer droht, mahnte Finanzminister Scholz zur Besonnenheit. "Es bleibt eine große Aufgabe, hier vernünftig vorzugehen", sagte der SPD-Politiker. "Alle wissen, der Wohlstand ist größer, wenn wir weniger Handelsbarrieren haben." EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte sich in Davos mit Trump getroffen und sich danach zuversichtlich gezeigt, "in wenigen Wochen" die Verhandlungen abzuschließen.