Essen. Amazon-Kunden erhalten Pakete – ohne sie bestellt oder gar bezahlt zu haben. Amazon selbst spricht von „betrügerischen Methoden“.

Mal ist es ein Fernglas, mal ein neues Smartphone für 200 Euro, ein anderes Mal auch Sexspielzeug: In Deutschland haben Amazon-Kunden absenderlose Pakete erhalten, ohne dass sie auf dem Online-Marktplatz je eine Bestellung dafür abgegeben, geschweige denn für die Produkte bezahlt haben.

Und ohne, dass Amazon selbst vom Versand der Pakete Bescheid weiß. Das teilte die Verbraucherzentrale NRW in einer Pressemitteilung mit.

Amazon-Kunden dürfen Pakete behalten

Behalten dürfen die ungewollten Empfänger die Pakete trotzdem, denn: Juristisch gesehen kann der Empfänger mit dem Paketinhalt machen, was er möchte.

Es gibt keine Pflicht, den Absender zu kontaktieren – selbst wenn ein Herkunftsnachweis im Paket liegen sollte. Ebenso wenig muss eine beiliegende Rechnung bezahlt werden. So steht es in Paragraf 3 Absatz 3 des UWG, des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.

Bleibt die Frage, von wem die Pakete kommen – und warum sie verschickt werden.

Bislang ist lediglich eines klar: Die Pakete kommen nicht von Amazon selbst, sondern über den separaten Marketplace, auf dem sich tausende Händler aufhalten.

Leeren die Händler so ihre Lager?

Über die Gründe für den Versand kann momentan nur spekuliert werden. Eine der Vermutungen der Verbraucherzentrale: Händler aus dem asiatischen Raum könnten unter dem Namen des Adressaten einen zweiten Account bei Amazon eröffnen und unter diesem Namen dann den Verkauf ihrer Artikel abschließen.

Durch diese Masche lässt sich die Zahl der verkauften Artikel steigern, was sich auf das Ranking des Verkäufers bei Amazon auswirkt. Auch kann man so positive Bewertungen sammeln.

Eine andere Möglichkeit: Händler leeren so ihr gemietetes Lager bei Amazon. Das ist kostengünstiger, als unverkaufte Produkte teuer wieder in Richtung China zu verschiffen. Stattdessen landet die Ware wahllos bei Adressaten in Deutschland.

Amazon spricht von betrügerischen Methoden

Verwunderlich ist nur, dass diese Strategie auf Billigprodukte passen würde, jedoch weniger auf teure Produkte, die bereits vielfach verkauft wurden und Hunderte Bewertungen haben – wie etwa teure Smartphones

Amazon selbst spricht von „betrügerischen Methoden“ und Verstößen gegen Richtlinien. Das Unternehmen beteuert zudem, mit den mysteriösen Paketen nichts zu tun zu haben. „Verkäufer haben in diesem Zusammenhang weder Namen noch Adressen von Amazon erhalten“, sagt Amazon-Pressesprecher Tobias Goerke.

Den Absendern der Pakete droht Amazon mit Sperre, Zurückhaltung von Zahlungen und Einleitung rechtlicher Schritte.

Amazon gerät immer mal wieder in die Schlagzeilen. So verschickte der Amazon-Sprachassistent Alexa im vergangenen Jahr Aufzeichnungen an Fremde. Vor wenigen Wochen entschied das Oberlandesgericht München zudem, dass Amazon seinen Dash Button, mit dem Bestellungen per Knopfdruck möglich sind, vom Markt nehmen muss.

Dieser Text ist zuerst auf waz.de erschienen.