Berlin. Millionen, die in den Sand gesetzt wurden: Der Bund der Steuerzahler zählt wieder auf, wo Geld verprasst wurde. Sieben Beispiele.

Jedes Jahr im Herbst veröffentlicht der Bund der Steuerzahler sein „Schwarzbuch“, um Verschwendung öffentlicher Gelder in Bund, Ländern und Kommunen sowie auf europäischer Ebene anzuprangern.

Am Dienstag präsentierte der Verein in Berlin eine Liste mit mehr als 100 skurrilen Fällen, hier unsere Top 7 der Absurditäten:

1. Krankenwagen für Wölfe

Der Wolfs-Rettungswagen für verletzte Wölfe wird im April 2017 öffentlich vorgestellt..
Der Wolfs-Rettungswagen für verletzte Wölfe wird im April 2017 öffentlich vorgestellt.. © dpa | Julian Stratenschulte

Natur- und Tierfans freuen sich, dass einst nahezu ausgerottete Wölfe in deutschen Landen wieder heimisch sind. Bundesweit gibt es 60 Rudel, die meisten davon in Brandenburg und Sachsen, aber auch in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen. Landwirte und Jäger sehen den streng geschützten Wolf oft als Eindringling und Räuber, der Schafe und Wild reißt. Im Straßenverkehr wiederum schlägt für manchen Wolf das letzte Stündchen.

Für solche Fälle gibt es seit Januar 2017 in der Region Hannover einen „Krankenwagen“ für Wölfe. Bei Verkehrsunfällen verletzte Wölfe sollen damit zur Weiterbehandlung abtransportiert werden. Die Anschaffungskosten des Spezialanhängers betrugen nach Angaben des Steuerzahlerbundes fast 11.000 Euro.

Der Anhänger verfügt über wildtiersichere Innenwände, ein Transportbrett mit Fixiergurten, Stabschlingen und Netze zum Einfangen der Tiere, Bissschutzhandschuhe, einen Maulkorb und sogar eine Heizdecke für die verletzten Tiere. Um die Verkehrssicherheit an der Unfallstelle zu gewährleisten, ist der Anhänger zudem mit verschiedenen Beleuchtungseinrichtungen versehen.

„Ausrücken musste der Wolfskrankenwagen seitdem allerdings nicht ein einziges Mal, denn in der Region gibt es keine Patienten“, lautet die Kritik im Schwarzbuch.

Das stimmt nicht ganz: Seit 2017 gab es in Niedersachsen zwei Verkehrsunfälle mit Wölfen – die in beiden Fällen für Meister Isegrim aber tödlich ausgingen.

2. Drei Milliarden für U-Boote – keines taucht dauerhaft

Das hochmoderne U-Boot
Das hochmoderne U-Boot "U36". © dpa | Daniel Reinhardt

Bei der Bundeswehr reihen sich seit Jahren Pleiten, Pech und Pannen aneinander. Für drei Milliarden Euro kaufte die Marine sechs U-Boote – doch für Einsätze steht derzeit kein einziges im Heimathafen Eckernförde zur Verfügung. Obwohl die Boote mit ihrem Brennstoffzellenantrieb zu den modernsten Einheiten der NATO gehören, können sie derzeit an keinen Einsätzen teilnehmen.

Nach einer Kollision auf einer Ausbildungsfahrt im Oktober 2017 lagen zwischenzeitlich alle Boote in der Werft oder warteten auf Ersatzteile. Mittlerweile wird eines der U-Boote getestet und ein weiteres steht für Ausbildungsfahrten zur Verfügung. Umgekehrt habe ein U-Boot vier Jahre lang in der Werft gelegen.

„Kein Wunder, dass diese desolate Situation auch Auswirkungen auf das Personal hat: Für insgesamt sieben U-Boot-Besatzungen gibt es derzeit nur drei Kommandanten“, schreibt der Steuerzahlerbund, der moniert, dass Milliardenwerte ungenutzt herumlägen. Die Marine will gegensteuern und bei Ausbildung, Ersatzteilvorhaltung und Reparaturen stärker mit Norwegen zusammenarbeiten.

3. Teure Werbung für das Rentenpaket

Rente ist wichtig – die Werbekampagne des BMAS eher nicht, findet der Steuerzahlerbund..
Rente ist wichtig – die Werbekampagne des BMAS eher nicht, findet der Steuerzahlerbund.. © dpa | Patrick Seeger

Klar, dass eine Regierung für sich werben will. Aber dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die PR-Maschine für das neue Rentenpaket der Koalition anwarf, bevor das Gesetz überhaupt im Bundestag diskutiert worden war, geht dem Steuerzahlerbund gegen den Strich.

Am 29. August beschloss das Kabinett den Gesetzentwurf, der anschließend dem Bundestag zugeleitet wurde. Dort wurde er erstmals Mitte Oktober beraten. Als Zeitraum der Kampagne gibt das BMAS selbst jedoch den 22. September bis 4. November an. Demnach lief die Kampagne, bevor der Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag beraten wurde Kosten für Print-, Online- und Außenwerbung 970.000 Euro, dazu rund 84.000 Euro für eine eigene Webseite.

Das Ministerium wies die Kritik zurück. Schließlich müssten die Bürger informiert werden, was sich bei der Alterssicherung ändere.

4. Sitzinseln für Berlin-Kreuzberg

Eine der temporären hölzernen Begegnungszone, die im Rahmen eines Modellversuches der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt am Straßenrand in Berlin installiert wurden.
Eine der temporären hölzernen Begegnungszone, die im Rahmen eines Modellversuches der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt am Straßenrand in Berlin installiert wurden. © dpa | Gregor Fischer

Im Berliner Trendbezirk Kreuzberg ist die Bergmannstraße eine beliebte Flaniermeile mit Cafés und Restaurants. Weil der Durchgangsverkehr Anwohner und Besucher nervt, ließ der Berliner Senat als Modellprojekt für fast 119.000 Euro zwei Sitzinseln am Straßenrand bauen, um das Miteinander von Mensch und Maschine zu verbessern und den Verkehr zu verlangsamen.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte 2017 ein ähnliches Projekt in einer anderen Straße als „großen Käse“ bezeichnet. „Die Sanierung der vielen kaputten Gehwege würde dem Fußverkehr womöglich mehr helfen als zwei fast 119.000 Euro teure Sitzinseln auf einer stark befahrenen Straße“, kritisiert der Steuerzahlerbund.

5. Bonner Beethovenhalle bleibt Baustelle

Bisher unvollendet: Die Beethovenhalle in Bonn bleibt vorerst Baustelle.
Bisher unvollendet: Die Beethovenhalle in Bonn bleibt vorerst Baustelle. © dpa | Volker Lannert

Jeder, der mal gebaut hat, weiß, oft dauert es länger und wird teurer. Diese bittere Erkenntnis müssen auch die Bürger in Bonn machen. Die Wiedereröffnung der traditionsreichen Beethovenhalle wurde verschoben, die Kosten der Sanierung stiegen von 60 auf 94 Millionen Euro.

Zum 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens sollte „seine“ Halle in Bonn die zentrale Spielstätte für das Festivaljahr sein – daraus wird aber nichts. In Lüftungsrohren wurde Asbest entdeckt, es gab Schadstoffe im Erdreich, hinter der Wandverkleidung und unter dem Küchenboden.

Dazu gab es Ärger mit Baufirmen und dem Architekten. Nun soll die Beethovenhalle erst im April 2020 wieder für Klassikliebhaber ihre Tore öffnen. Aus Sicht des Steuerzahlerbundes eine Blamage, weil Baufirmen „Mondpreise“ verlangt hätten, die Bonn aufgrund des Zeitdrucks akzeptiert habe.

6. Teure „grüne Zimmer“ in Frankfurt

Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (M, Bündnis90/Die Grünen) sitzt mit Anwohnern im „Grünen Zimmer“ auf dem Atzelbergplatz.
Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (M, Bündnis90/Die Grünen) sitzt mit Anwohnern im „Grünen Zimmer“ auf dem Atzelbergplatz. © dpa | Andreas Arnold

Die Stadt Frankfurt am Main, wo wegen schlechter Luft Diesel-Fahrverbote drohen, hat in sieben Mini-Grünanlagen investiert, um das Mikroklima in der Bankencity zu verbessern. Der Nutzen der nur wenige Quadratmeter großen, mobilen Schattenspender steht aus Sicht des Steuerzahlerbundes in keinem Verhältnis zu den Anschaffungskosten von insgesamt rund 460.000 Euro.

Bei den „grünen Zimmern“ handelt es sich um eine mobile Sitzgelegenheit. Die Stahlkonstruktion ist rund zehn Tonnen schwer und unter anderem mit Lavendel, Erdbeeren, Kiwi, Gräsern, verschiedenen Stauden und Wein bepflanzt.

7. Brunnen in Köln sorgt für erhitzte Gemüter

Ein Trinkbrunnen am Kurt-Hackenberg-Platz.
Ein Trinkbrunnen am Kurt-Hackenberg-Platz. © dpa | Rolf Vennenbernd

„Oh, leever Jott, jev uns Wasser, denn janz Kölle hät Doosch“, singen die „Bläck Fööss“ im Kölner Karneval. Doch beim neuen Trinkwasserbrunnen am Kurt-Hackenberg-Platz in Köln plätschert nicht nur das Wasser – auch die Mehrkosten sprudelten über, merkt der Steuerzahlerbund süffisant an.

Die Neugestaltung des Brunnens – eine Bronzekonstruktion, die neben Wasser auch Töne von sich gibt - sollte 45.000 Euro kosten, am Ende wurden es 130.000. „Verglichen mit den Schulden der Stadt (7,8 Mrd. Euro) sind die Mehrkosten Peanuts. Aber sie summieren sich“, lautet das Fazit des Steuerzahlerbundes.