Berlin. Missernten und Diebstahl sorgen bei Vanille für Lieferengpässe. Ein Kilogramm kostet inzwischen 600 Euro – und damit mehr als Silber.

Kaum eine Süßspeise kommt ohne das beliebte Gewürz aus: Vanille. Doch wer mit der Zutat kochen will, der muss im Supermarkt derzeit tief in die Tasche greifen – vorausgesetzt, der Markt hat überhaupt noch das Gewürz vorrätig. Ein Glasröhrchen mit drei Schoten kostet beim Online-Fachhändler derzeit fast 16 Euro. Mit rund 600 Euro für ein Kilogramm Vanilleschoten ist das Gewürz sogar teurer als Silber – das Edelmetall gibt es schon für rund 425 Euro pro Kilo.

Importeur Berend Hachmann betreibt in Hamburg ein Handelskontor für Vanille, er spricht von schwierigen Zeiten. „Die Vanille ist in Madagaskar kaum verfügbar“, sagt der Kaufmann.

Jede Blüte wird von Hand bestäubt

Cremiges Vanille-Eis wird in einem Eiscafe in eine Waffel gefüllt.
Cremiges Vanille-Eis wird in einem Eiscafe in eine Waffel gefüllt. © dpa | Holger Hollemann

Auf der Insel rund 600 Kilometer vor der ostafrikanischen Küste werden rund 80 Prozent der weltweit verkauften Vanille angebaut. Normalerweise pflücken die Bauern pro Jahr hier 2500 Tonnen der Orchideen-Gattung Vanilla. Doch zuletzt haben tropische Stürme viele Pflanzen zerstört, sodass die empfindlichen Gewächse nun weniger Schoten hervorbringen. Auch die Qualität der Früchte lässt nach. Weil Vanille ein begehrtes Diebesgut ist, neigen die Erzeuger dazu, sie möglichst früh zu ernten. In diesem Stadium aber sind die intensiven Aromen der Pflanze noch nicht ganz ausgereift.

Ohnehin ist die Zucht der Vanille-Orchidee ein Kunststück. Die Pflanze ist ein Zwitterwesen. Jede Blüte muss von Hand bestäubt werden. Die Behandlung der grün geernteten Schoten ist, bis sie sich in eine aromareiche braune Schote verwandelt hat, aufwendig. Einfach gesagt geht es dabei um eine Kombination aus Trocknung und Fermentation.

Vanille ist daher auch abseits der aktuellen Ernteprobleme eine kostspielige Speisezugabe. Lediglich Safran toppt den Preis – ein Kilo kann mehrere Tausend Euro kosten. Angesichts dieser Preise verwundert es, dass nicht anderswo mehr Vanille angebaut wird. Mexiko, Uganda, Papua-Neuguinea und die Insel La Réunion, früher Île Bourbon, sind ebenfalls Erzeugerländer. Letztere ist Namensgeberin für die Bourbon-Vanille. Doch lediglich Papua-Neuguinea baue seine Kapazitäten deutlich aus, berichtet Hachmann. Die Qualität der Ware aus Uganda sei so schlecht, dass sein Kontor dort nichts mehr kaufe.

Vanille-Anteil in vielen Produkten sinkt

Rund 400 Aromastoffe beinhaltet die Schote. Am bekanntesten ist das Vanillin, das den typischen Geschmack in Eiskugeln oder anderen Leckereien erzeugt. In etwa 18.000 Produkten finden sich Vanillespuren, nicht nur in Lebensmitteln, auch in Parfüms oder Lotionen.

Die Preisexplosion betrifft daher viele Unternehmen. Etwa auch Aromen-Händler wie Symrise aus dem westfälischen Holzminden. Der Konzern ist nach eigenen Angaben der weltweit größte Verarbeiter der Vanille-Aromen. Die aktuellen Preise sieht man dennoch gelassen: „Es hat immer schon große Preisschwankungen gegeben“, sagt eine Symrise-Sprecherin.

Auch Verbraucher bekommen die Preisexplosion zu spüren – selbst wenn sie die Schoten nicht direkt kaufen. Vanilleeis wird teurer, und auch die Qualität wird schlechter. Das ergab ein Vergleichstest von Vanilleeis in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Ökotest“. „Früher war mehr Vanille“, urteilen die Prüfer. Ausgerechnet in den teuren Markenprodukten Cremissimo Bourbon Vanille und Mövenpick Bourbon Vanille fanden die Prüfer den geringsten Vanille-Anteil. Beide Sorten erhielten nur die Note „ungenügend“. Hoffnung, dass bis zur Weihnachtszeit die Schoten wieder günstiger werden, gibt es nicht. Mitte Juli beginnt die Ernte der Schoten in Madagaskar. Rund drei Monate dauert ihre Verarbeitung für denExport. Das Angebot dürfte sich somit bis zum Winter nicht mehr erhöhen.