Brüssel. Die Europäische Anti-Korruptionsbehörde deckt auf: Im vergangenen Jahr wurden Förderungen zweckentfremdet oder Zölle falsch erhoben.

Um an die Millionen aus der EU-Kasse zu kommen, trieben die Betrüger in Italien großen Aufwand: Den Brüsseler Beamten gaukelten die Gauner ein internationales Konsortium vor, das angeblich Luftkissenfahrzeuge für den Einsatz bei Naturkatastrophen in unzugänglichem Gelände herstellen wollte. Papiere wurden gefälscht, Partner erfunden, ein Prototyp vorgeführt.

Rund 1,4 Millionen Euro an öffentlichen Fördergeldern überwies die EU für das vermeintlich gut gemeinte Projekt. Doch die Fahrzeuge wurden nie gebaut, mit dem Geld finanzierten die Betrüger stattdessen die Hypotheken für ein Schloss in Italien.

Doch der Coup ging schief: Ermittler der Anti-Betrugsbehörde der EU (Olaf) und italienische Kriminalisten kamen der Gruppe auf die Spur, der Betrug landete bei der Justiz. Die Luftnummer aus Italien ist eines von fast 200 Verfahren, das die Behörde im vergangenen Jahr abschloss, wie aus ihrem Bericht hervorgeht. Das „Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung“ ist dafür zuständig, Missbrauch von EU-Geldern aufzudecken.

Die EU will die Gelder zurückfordern

Einen Schaden von rund drei Milliarden Euro durch Betrug, Fördermittelmissbrauch oder illegalen Machenschaften ermittelte die Behörde – die Gelder sollen nun zurückgefordert werden. Ein neuer Trend: Betrüger versuchen, EU-Fonds für Forschung anzuzapfen – und Fördertöpfe, die zur Hilfe in der Flüchtlingskrise geschaffen wurden. Häufiger aber geht es um Korruption, Interessenkonflikte und die Manipulation bei öffentlichen Ausschreibungsverfahren.

Bei der Umgehung von Zöllen sind offenbar internationale kriminelle Organisationen am Werk. So wurde beim Import chinesischer Kleidung der Warenwert jahrelang und systematisch zu niedrig angegeben, was den Zoll entsprechend senkte. Die genaue Schadenssumme ist nicht mehr zu ermitteln, die Anti-Betrugsbehörde schätzt den Schaden vorsichtig auf 2,3 Milliarden Euro.

Deutschland liegt auf Platz sechs

Der Großteil wurde von Großbritannien verursacht. Aber auch Ungarn und Griechenland stünden bei dieser Betrugsart unter Verdacht. Spitzenreiter der EU-Länder, in denen Untersuchungen mit Rückforderungen endeten, waren im Vorjahr Rumänien, Polen und Ungarn.

Europa feiert den 60. Geburtstag der EU

Überall in Europa haben Demonstranten den Jahrestag der EU-Entstehung auf den Straßen gefeiert. Auch in London schwenkten die Tausende Menschen Fahnen und feierten.
Überall in Europa haben Demonstranten den Jahrestag der EU-Entstehung auf den Straßen gefeiert. Auch in London schwenkten die Tausende Menschen Fahnen und feierten. © REUTERS | PAUL HACKETT
In Warschau stand der feierliche Marsch unter dem Motto „I love Europe“. In der polnischen Hauptstadt zierte eine riesige polnische Fahne den Weg der Demonstranten.
In Warschau stand der feierliche Marsch unter dem Motto „I love Europe“. In der polnischen Hauptstadt zierte eine riesige polnische Fahne den Weg der Demonstranten. © REUTERS | AGENCJA GAZETA
„Für eine europäische Verfassung!“, stand auf dem Plakat von Girardo Michele (l.) und Giovanni Garello, die in Rom an einer pro-europäischen Demonstration teilnahmen.
„Für eine europäische Verfassung!“, stand auf dem Plakat von Girardo Michele (l.) und Giovanni Garello, die in Rom an einer pro-europäischen Demonstration teilnahmen. © dpa | Lena Klimkeit
„Unser Europa“ hieß der Zug in Rom, an dem auch zahlreiche Migranten teilnahmen.
„Unser Europa“ hieß der Zug in Rom, an dem auch zahlreiche Migranten teilnahmen. © dpa | Lena Klimkeit
Der „March for Europe“ zog durch die deutsche Hauptstadt Berlin.
Der „March for Europe“ zog durch die deutsche Hauptstadt Berlin. © Getty Images | Sean Gallup
In London protestierten Tausende vor allem gegen den Brexit und für einen Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union.
In London protestierten Tausende vor allem gegen den Brexit und für einen Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union. © REUTERS | PETER NICHOLLS
In der britischen Hauptstadt blieben die Proteste durchgehend friedlich.
In der britischen Hauptstadt blieben die Proteste durchgehend friedlich. © REUTERS | PAUL HACKETT
„Remain united“ – „Bleibt vereint“, fordert diese Frau in London.
„Remain united“ – „Bleibt vereint“, fordert diese Frau in London. © REUTERS | PAUL HACKETT
In Rom fanden sich auch zahlreiche Gegendemonstranten ein. Sie protestierten, wie es auf dem Transparent zu lesen war, gegen den Euro, gegen die EU und gegen die Nato.
In Rom fanden sich auch zahlreiche Gegendemonstranten ein. Sie protestierten, wie es auf dem Transparent zu lesen war, gegen den Euro, gegen die EU und gegen die Nato. © dpa | Gregorio Borgia
„Willkommen, Idioten“ hieß es unter anderem von den EU-kritischen Protestlern. Aus Angst vor Ausschreitungen waren viele Geschäfte in Rom geschlossen oder verbarrikadiert.
„Willkommen, Idioten“ hieß es unter anderem von den EU-kritischen Protestlern. Aus Angst vor Ausschreitungen waren viele Geschäfte in Rom geschlossen oder verbarrikadiert. © dpa | Gregorio Borgia
In der Nähe des Houses of Parliament in London, in dessen Nähe vor wenigen Tagen ein blutiger Anschlag mehrere Menschenleben gefordert hatte, legten die Demonstranten Blumen nieder.
In der Nähe des Houses of Parliament in London, in dessen Nähe vor wenigen Tagen ein blutiger Anschlag mehrere Menschenleben gefordert hatte, legten die Demonstranten Blumen nieder. © REUTERS | PETER NICHOLLS
In Warschau sangen Tausende Demonstranten die „Europahymne“ „Ode an die Freude“. Die polnische Regierung hatte zuletzt immer wieder Konflikte mit den EU-Partnern.
In Warschau sangen Tausende Demonstranten die „Europahymne“ „Ode an die Freude“. Die polnische Regierung hatte zuletzt immer wieder Konflikte mit den EU-Partnern. © REUTERS | AGENCJA GAZETA
Anna und Giuliano forderten auf der Piazza Bocca della Verita in Rom mit ihrem Plakat: „Bleibt ruhig und liebt Europa – Stärke durch Einheit“.
Anna und Giuliano forderten auf der Piazza Bocca della Verita in Rom mit ihrem Plakat: „Bleibt ruhig und liebt Europa – Stärke durch Einheit“. © dpa | Lena Klimkeit
Panoramablick auf die Demonstration in Warschau.
Panoramablick auf die Demonstration in Warschau. © REUTERS | AGENCJA GAZETA
Diese Liebeserklärung an die EU war in Berlin zu sehen.
Diese Liebeserklärung an die EU war in Berlin zu sehen. © Getty Images | Sean Gallup
Rund 6000 Menschen schlossen sich in der deutschen Hauptstadt dem „March for Europe“ an.
Rund 6000 Menschen schlossen sich in der deutschen Hauptstadt dem „March for Europe“ an. © Getty Images | Sean Gallup
Die britische Premierministerin Theresa May will kommenden Mittwoch offiziell den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU einleiten. Die Proteste in London zeigten, dass viele Briten nicht auf dem EU-kritischen Kurs der Regierung liegen.
Die britische Premierministerin Theresa May will kommenden Mittwoch offiziell den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU einleiten. Die Proteste in London zeigten, dass viele Briten nicht auf dem EU-kritischen Kurs der Regierung liegen. © REUTERS | PETER NICHOLLS
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Deutschland liegt auf Platz sechs. Fünfmal forderten die Ermittler hierzulande Konsequenzen: Das betraf den Vorwurf an Volkswagen, einen 400-Millionen-Euro-Kredit von der Europäischen Investitionsbank (EIB) zweckentfremdet zu haben – VW bestreitet das, hat den Kredit aber zurückgezahlt. Die Olaf-Ermittlungen endeten mit einer Empfehlung an die Staatsanwaltschaft Braunschweig zwei Manager juristisch zu verfolgen.

Sachsen-Anhalt verteilt Fördergeld falsch

In einem anderen Fall ging es um falsch eingesetzte Fördergelder in Sachsen-Anhalt. Ein Risikokapitalfonds der Investitions- und Beteiligungsgesellschaft IGB sollte mit 162 Millionen Euro der EU den Mittelstand unterstützen, doch die Gesellschaft setzte die Gelder breiter ein: Gefördert wurden auch größere Unternehmen außerhalb Sachsen-Anhalts und in Branchen, die zur Förderung nicht vorgesehen waren. Auf Betreiben der Ermittler verlangt die EU-Kommission die Fördermittel zurück, die Landesregierung Sachsen-Anhalt lehnt das aber ab und droht mit einer Klage.

Unterdessen sorgte ein weiterer EU-Bericht zu Betrügereien für Aufsehen: Nach Schätzungen des EU-Amtes für geistiges Eigentum (EUIPO) entsteht europäischen Herstellern jährlich ein Schaden von 60 Milliarden Euro im Jahr durch Produktfälschungen. Die Einnahmeausfälle für Deutschland schätzten die Experten auf rund acht Milliarden Euro jährlich.