Berlin. Schon bis März wurde mehr C02 ausgestoßen, als für das gesamte Jahr erlaubt wäre. Mexiko und Japan haben die Emissionen gedrosselt.

Die Klimaziele zur Begrenzung der Erderwärmung sind offenbar sehr hoch gesteckt. Denn kaum ein Industrieland schafft es, den Ausstoß klimaschädlicher Gase deutlich zu reduzieren. So hat Deutschland nach einer aktuellen Studie bereits bis Ende März so viel Kohlendioxid (CO2) seit Jahresbeginn ausgestoßen, wie nach dem Pariser Klimaabkommen eigentlich für das ganze Jahr 2018 erlaubt wäre.

„Deutschland dürfte in diesem Jahr insgesamt 217 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausstoßen, ohne das Weltklima zu gefährden. Doch diese Menge wurde bereits bis zum 28. März verbraucht“, nennt Timm Kehler, Vorstand der Brancheninitiative Zukunft Erdgas, das Ergebnis einer Studie der Nymoen Strategieberatung auf Basis von Daten von Ökoinstitut und Prognos für den WWF. „Das ist besorgniserregend – und sogar noch eine Woche früher als im Vorjahr.“

2017 war es vier Mal so viel CO2 wie eigentlich erlaubt

Mit dem Pariser Klimaabkommen haben sich 195 Nationen vor gut zwei Jahren das Ziel gesetzt, die globale Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Um dies zu erreichen, dürfen weltweit bis 2050 nicht mehr als 890 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden. Wird diese Höchstmenge nach einem Pro-Kopf-Schlüssel auf die Nationen heruntergerechnet, steht Deutschland zwischen 2015 und 2050 laut WWF-Studie eine Menge von 9,9 Milliarden Tonnen Kohlendioxid zur Verfügung.

Zum Vergleich: 2017 hat Deutschland nach einer aktuellen Prognose des Umweltbundesamtes (UBA) geschätzt 904,7 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt. Dies waren laut UBA zwar 4,7 Millionen Tonnen weniger als im Vorjahr, doch trotzdem viermal so viel, wie es nach den Pariser Klimazielen rechnerisch erlaubt ist. Zu den großen Verursachern zählen dabei der Verkehr, die Strom- und Wärmeproduktion sowie die Industrie.

Macron schlägt vor: 25 Euro je ausgestoßener Tonne C02

Die Umweltorganisation WWF hält das Erreichen der Pariser Klimaziele dennoch für technisch möglich. „So müssten vor allem weitere Kohlekraftwerke abgeschaltet und ein regionaler Preis für Kohlendioxid in Europa eingeführt werden“, sagt Michael Schäfer, Leiter für Klimaschutz im WWF, dieser Redaktion. Ohne zusätzliche Stilllegungen wären im Jahr 2020 noch Braunkohlekraftwerke mit einer Kapazität von 18 GW in Betrieb. „Wir fordern die Bundesregierung auf, sieben Gigawatt der ältesten Braunkohlekapazitäten zum Jahr 2020 stillzulegen“, sagt Schäfer.

Zudem sollte in Europa ab 2020 eine CO2-Abgabe von mindestens 25 Euro je ausgestoßener Tonne von Industrie und Kraftwerksbetreibern erhoben werden, wie dies von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vorgeschlagen wurde. Mit diesen beiden Maßnahmen könnte die Bundesregierung laut WWF sogar das für 2020 gesteckte Ziel erreichen, den Kohlendioxidausstoß im Vergleich zum Jahr 1990 um 40 Prozent zu reduzieren – bislang wurde der Ausstoß laut UBA nur um 27,7 Prozent gesenkt.

Weltweiter Rekord an Emissionen

Im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung bislang kein konkretes Ziel zum Kohleausstieg definiert. Vielmehr soll erst eine Kommission gegründet werden, die ein Enddatum für den Kohleausstieg festlegen und zusätzliche Maßnahmen erarbeiten soll, um die CO2-Einsparziele zu erreichen.

Das Problem besteht aber nicht nur in Deutschland. Weltweit sind die CO2-Emissionen 2017 auf einen Rekord geklettert – um 1,4 Prozent auf 32,5 Milliarden Tonnen. Nach Daten der In­ternationalen Energieagentur (IEA) ­erhöhten die meisten großen Volkswirtschaften ihre Ausstöße. Nur Mexiko, Japan, Großbritannien und den USA gelang es, die Emissionen durch mehr erneuerbare Energien zu drosseln.