Frankfurt/Main. Die Aktie der Deutschen Bank fällt weiter, Finanzmärkte vertrauen dem Institut nicht. Außerdem wird Kritik an Konzernchef Cryan laut.

Der Sturz der Aktie der Deutschen Bank hat sich auch am Donnerstag fortgesetzt. Um mehr als acht Prozent ist der Kurs seit Mittwoch in die Tiefe gerauscht. Anlass war der Hinweis des Finanzvorstands James von Moltke, die Investmentbank werde im ersten Quartal 450 Millionen weniger Erträge erwirtschaften. Für 300 Millionen Euro davon waren Wechselkurseffekte verantwortlich: Der Dollar notierte schwächer, die Bank rechnet aber in Euro ab. Das ist an sich normales Marktgeschehen, die Reaktion der Finanzmärkte zeigt aber vor allem, dass das Vertrauen in die Bank nachhaltig erschüttert ist.

Bei den Märkten kam vor allem an: Die Deutsche Bank hat ihr Investmentbanking nicht im Griff, im ersten Quartal wird der Gewinn dort schwächer ausfallen. Dabei ist das erste Quartal für die Bank das stärkste. „Auch wenn die Bank bei den Kosten Fortschritte gemacht hat, muss sie auch die Erträge wieder steigern“, sagt Philipp Häßler, Analyst der Equinet-Bank. Stattdessen hat sie weitere Marktanteile im Investmentbanking verloren.

Analyst wirft Aufsichtsrat wegen hoher Boni Versagen vor

Vor allem im einst so gewinnträchtigen Handel mit Anleihen, Währungen und Rohstoffen schwächelt die Bank. Sie ist auch nicht mehr erste Ansprechpartnerin, wenn es um das Geschäft mit Übernahmen, Fusionen und Börsengängen geht. „Das ist das dritte Jahr in Folge, in dem die Bank im Investmentbanking Rückgänge verzeichnet“, bemängelt Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

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Das sei ein strukturelles Problem, sagt Dieter Hein, Analyst von Fairesearch. Die Umsätze sänken schneller, als die Bank Kosten sparen könne. Seit 2008 habe das Institut insgesamt 300 Millionen Euro Nettogewinn erwirtschaftet. In dieser Zeit habe es 32,8 Milliarden Euro frisches Eigenkapital aufgenommen und zusätzliches Kernkapital von 4,7 Milliarden Euro, insgesamt also 37,5 Milliarden Euro, rechnet Hein vor. In den letzten elf Jahren aber hat sie auch fast 36 Milliarden Euro an Boni an ihre Mitarbeiter ausgeschüttet. „Das bedeutet also: Die Kapitalerhöhungen der Deutschen Bank sind als Boni an die Mitarbeiter geflossen“, sagt der Analyst. „Der Aufsichtsrat hat da komplett versagt.“

Auch für 2017, ein Jahr, in dem 725 Millionen Euro Verlust anfielen, schüttete die Bank 2,3 Milliarden Euro an Boni aus – viermal so viel wie ein Jahr zuvor. Das immer gleiche Argument des Vorstands: der Wettbewerb in der Branche. Man müsse den Mitarbeitern Anreize geben, um weiter für das Haus zu arbeiten. Man könnte aber auch umgekehrt argumentieren, sagt Nieding von der DSW: „Vielleicht wäre es gut, das Personal auszutauschen.“

Aktie hat unter Cryan mehr als die Hälfte ihres Werts verloren

Schließlich waren es die Investmentbanker, die der Deutschen Bank Milliarden-Strafzahlungen eingebrockt haben. Man müsse wegkommen vom Investmentbanking, sagt Hein von Fairesearch. Doch diese strukturellen Probleme würden zu wenig diskutiert. „Eine erneute Strategiedebatte ist aus unserer Sicht zu diesem Zeitpunkt angesichts der überstrapazierten Geduld der Aktionäre unausweichlich“, sagt auch Markus Rießelmann, Analyst von Independent Research.

Immerhin kommt die Deutsche Bank an zwei Stellen weiter: So geht an diesem Freitag die Fondstochter DWS an die Börse. Auch die Integration der Postbank läuft. Aber das reicht nicht: Konzernchef John Cryan ist seit Juli 2015 im Amt. Seit Jahresbeginn hat die Aktie der Deutschen Bank mehr als ein Viertel ihres Werts verloren – seit Cryans Amtsantritt sogar mehr als die Hälfte. „Die Zahlen müssen sich sehr bald ändern“, sagt Anlegerschützer Nieding. „Wenn nicht, muss man die Frage nach dem Vorstand und dem Vorstandsvorsitzenden stellen.“