Berlin/Brüssel. Importe von Stahl und Aluminium werden für Amerikaner teurer. Die deutsche Industrie fürchtet sich schon vor einer neuen Eskalation.

Mit seiner Entscheidung, Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte zu verhängen, stößt US-Präsident Donald Trump weltweit auf Unverständnis. Von Berlin bis Peking sorgen sich die Regierungen um die Zukunft des Freihandels. Das chinesische Handelsministerium sprach von einem „schweren Angriff“ auf die internationale Handelsordnung.

Auch die Exportnation Deutschland treffen die Zölle – aber vor allem die Gefahr eines aufziehenden Handelskriegs empfindlich. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

• Was hat Trump entschieden?

Die USA verhängen weltweite Einfuhrzölle auf Stahl in Höhe von 25 Prozent und auf Aluminium in Höhe von zehn Prozent, innerhalb von 15 Tagen sollen sie in Kraft treten. Trump betonte, dass Stahl von großer Bedeutung für die Verteidigungsfähigkeit des Landes sei: „Ohne Stahl keine Nation.“

Ausgenommen von den Zöllen werden zunächst nur die Nachbarn Mexiko und Kanada. Eine Klausel soll es allen Ländern ermöglichen, auf der Grundlage von Einzelfallentscheidungen Ausnahmen zu erreichen. Dafür müssten diese aber nachweisen, dass sie durch „alternative Mittel“ den negativen Einfluss, den ihre Stahllieferungen auf die nationale Sicherheit der USA hätten, ausgleichen können.

Trump verhängt Strafzölle auf Stahl und Aluminium

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    • Sind Strafzölle denn erlaubt?

    Die Welthandelsorganisation (WTO), in der sich Staaten weltweit zusammengeschlossen haben, um ihre Handelsbeziehungen zu regeln, lehnt bislang eine Stellungnahme ab. Der rechtliche Hintergrund der Maßnahmen sei noch unklar, sagt ein Sprecher. Die Verträge mit der WTO erlauben protektionistische Maßnahmen, wenn die nationale Sicherheit gefährdet ist – so argumentiert auch Trump. Die USA bräuchten die Stahlproduktion für ihre Verteidigungsindustrie.

    Die EU-Kommission hält das für nicht stichhaltig – das US-Militär benötige gerade einmal drei Prozent der US-Stahlproduktion. Ähnlich sieht das die Bundesregierung. Sie hält die Zölle für „rechtswidrig“. Die Maßnahme diene rein wirtschaftlichen Interessen, sagte ein Regierungssprecher am Freitag.

    • Wie reagiert Deutschland?

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ruft zur Besonnenheit auf: Man sehe die Zollerhebungen mit Sorge. „Aber den Vorzug müssen jetzt erst einmal noch Gespräche haben“, sagte sie am Freitag. Die Bundesregierung allein kann keine Maßnahmen ergreifen, Außenhandelsbeziehungen sind Sache der EU.

    Ökonomen sind uneins, wie heftig nun deren Reaktion ausfallen sollte. Der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft, Dennis Snower, mahnt: „Wir wissen aus der Zeit zwischen den zwei Weltkriegen, was daraus erwachsen kann. Die restliche Welt ist deshalb gut beraten, sich mit Gegenmaßnahmen zurückzuhalten“, sagte er unserer Redaktion.

    Ähnlich äußerte sich der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Indus­trie, Dieter Kempf. Die EU müsse jetzt einen kühlen Kopf bewahren.

    Der Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, hingegen macht sich für einen angemessenen Gegenschlag stark: „Die EU darf nicht tatenlos zusehen, wie Trump die Welthandelsregeln mit Füßen tritt und zu seinen Gunsten verdreht“, sagte er unserer Redaktion. Die EU-Kommission plane daher zu Recht gezielte Nadelstiche mit Strafzöllen auf ausgewählte US-Produkte.

    • Wie reagiert die EU?

    US-Whiskey könnte bei uns teuerer werden.
    US-Whiskey könnte bei uns teuerer werden. © Getty Images | Sean Gallup

    Direkte Gegenmaßnahmen wird es so schnell nicht geben – noch setzt die EU-Kommission darauf, dass Europa von den Strafzöllen ausgenommen wird. „Wir werden alles tun, um sie zu überzeugen, dass es falsch ist“, sagte Handelskommissarin Cecilia Malmström. Gespräche dazu laufen, am Sonnabend ist zudem der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer zu einem schon länger geplanten Besuch in Brüssel.

    Bleibt Trump bei seiner Linie, wird die EU als Erstes eine Beschwerde bei der WTO einreichen. Außerdem würden – wenn möglich in Abstimmung mit der WTO – Zölle zum Schutz der europäischen Stahlindustrie eingeführt. Eine Liste gibt es schon, darauf finden sich rund 200 US-Erzeugnisse, zum Beispiel Whiskey, Mais, Harley-Davidson-Motorräder und Erdnussbutter.

    Von allen EU-Staaten gebe es dafür starke Zustimmung, heißt es bei der Behörde. Diese Eskalationsstufe würde aber erst in einigen Monaten erreicht. Die EU würde erst das Inkrafttreten der US-Zölle abwarten und hätte dann 90 Tage lang Zeit für eine Reaktion.

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      • Welche sind die Auswirkungen auf Deutschland?

      Die Auswirkungen sind überschaubar. Mit ihren mehr als 300.000 Beschäftigten in Europa und mehr als 100.000 Mitarbeitern in Deutschland hat die Stahlbranche durchaus Gewicht. Aber bei den deutschen Branchenführern Thyssenkrupp und Salzgitter löste Trump keine Katastrophenstimmung aus.

      Wenn Strafzölle kommen sollten, werde dies Auswirkungen auf die Industrie haben, hatte Salzgitter-Chef Heinz Jörg Fuhrmann gesagt. Die Auswirkungen seien jedoch nicht so existenziell für die Branche wie die Exportschwemme von Stahl aus China. Dafür ist die Bedeutung der Exporte in die USA zu gering: Rund 36 Millionen Tonnen Stahl haben die USA im vergangenen Jahr importiert. Das sind weniger als acht Prozent der weltweit gehandelten 473 Millionen Tonnen des Werkstoffs.

      Thyssenkrupp liefert jährlich rund 500.000 Tonnen in die USA bei einer Jahresproduktion von elf bis zwölf Millionen Tonnen. Ingesamt beläuft sich die Menge an Stahl, die aus Deutschland in die USA geliefert wird, auf eine Million Tonnen – das sind rund 4,5 Prozent der deutschen Stahlexporte. Auch fallen die Exporte von Stahl am gesamten deutschen Außenhandel nicht besonders ins Gewicht.

      „Der Außenhandel wird nicht zusammenbrechen“, sagt Thore Schlaak vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Indirekt jedoch könnte der Effekt größer sein: Die Stahlbranche sorgt sich vor allem darum, dass nun für die USA vorgesehener Stahl die europäischen Märkte überschwemmt. Die Überkapazitäten könnten indirekt sogar nutzen. Die weiterverarbeitende Stahlindustrie könnte von den fallenden Preise profitieren, sagt Schlaak. „Auch wenn es absurd klingt, die weiterverarbeitende Industrie könnte von dem Schutzzoll profitieren.“

      • Welche Zölle würden Deutschland treffen?

      Sobald Zölle auf Maschinen, insbesondere auf Autos, erhoben werden, wären die Auswirkungen weitreichender. Der Maschinenbau macht ungefähr 50 Prozent der deutschen Exporte aus. Zölle auf Fahrzeuge würde den Außenhandel massiver beeinträchtigen. „Das deutsche Auto wird in den USA in jedem Fall teurer, sollte ein Zoll darauf erhoben werden“, erklärt Schlaak.