Berlin. Deutsche Hersteller investieren beträchtlich in das autonome Fahren. Sie halten hierzulande 42 Prozent aller Patente in dem Bereich.

Aus einer Vision wird Alltag. Bislang muss in selbstfahrenden Autos immer noch ein Fahrer sitzen. Doch damit ist im US-amerikanischen Kalifornien bald Schluss. Von April an dürfen dort Wagen ohne Lenkrad und Pedale über den Asphalt rollen. Dies hat die Verkehrsbehörde des Bundesstaates beschlossen. Künftig muss damit dann kein Mensch mehr für den Notfall als Sicherheitsfahrer am Steuer sitzen.

Für die großen Trendsetter der Zukunftstechnologie wie die Google-Schwester Waymo ist diese Neuerung ein Riesenschritt. Testen sie doch längst die Technik führerloser Robotertaxis. Auch General Motors will 2019 erste autonome Servicedienste an den Start bringen. Die neuen Lizenzen sind dabei Voraussetzung für die Praxis. Allerdings müssen die Firmen beweisen, dass ihre Autos alle Sicherheitsstandards erfüllen – also nicht nur unfallfrei fahren, sondern dass sie auch gegen Cyberattacken gewappnet sind.

VW und BMW planen erste selbstfahrende Fahrzeuge bis 2021

Gilt Waymo bislang als Vorreiter der neuen Technologie, so mischen auch die Deutschen längst mit. Daimler und Bosch wollen ihre ersten Robotertaxis möglichst noch vor Waymo auf die Straße bringen. VW und BMW planen erste selbstfahrende Fahrzeuge bis 2021. Und nicht nur das: Bei der Patentierung der neuen Technik haben die deutschen Hersteller sogar die Nase vorne – nicht nur in der Heimat, sondern auch weltweit.

Die deutschen Autobauer verfügen in Deutschland über die meisten Patente für autonomes Fahren – weit vor den japanischen und US- Konkurrenten. Das geht aus einer aktuellen Auswertung des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) hervor, die dieser Redaktion vorliegt. Allein 2017 wurden 325 Patente für fahrerloses Fahren an Unternehmen aus Deutschland erteilt, 259 an Hersteller aus Japan, 112 aus den USA sowie 41 aus Frankreich.

2006 von 4810 Patenten halten deutsche Hersteller

Insgesamt verfügen die deutschen Hersteller damit laut Patentamt nunmehr über 2006 der insgesamt 4810 Patente für Autonomes Fahren in Deutschland. Mit einem Anteil von 42 Prozent setzen sich die Deutschen damit an die Spitze der Patentinhaber in dem Bereich – weit vor den japanischen Autoherstellern mit 28 Prozent und den USA mit elf Prozent. Die meisten Patente hält aktuell der Autobauer Audi, gefolgt von Toyota und Volkswagen. Darüber hinaus wurden 2017 in Deutschland weitere 2633 Patente beim DPMA angemeldet – 332 mehr als im Vorjahr.

„Die gestiegene Zahl an Anmeldungen im vergangenen Jahr ist für uns ein klarer Beleg für die massiven Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen von Herstellern und Zulieferern in digital vernetzte Mobilität“, wertet die Präsidentin des Patentamtes, Cornelia Rudloff-Schäffer, die Entwicklung.

Auch weltweit spielen die Deutschen eine wichtige Rolle: Nach einer Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) entfallen sogar 52 Prozent aller weltweit angemeldeten rund 9000 Patente in dem Bereich auf deutsche Hersteller. Spitzenreiter sind demnach Bosch (958), gefolgt von Audi (516) und Continental (439), während Google den zehnten Platz mit weltweit 338 Patenten einnimmt.

Die heimischen Unternehmen auf Augenhöhe mit US-Wettbewerbern

Die Patente beziehen sich auf unterschiedliche Funktionen. Auf Assistenzsysteme für die Antriebssteuerung, die Navigation oder auf die Umfeldsensorik. „Eine entscheidende Voraussetzung für automatisiertes Fahren ist die Lokalisierung“, berichtet ein Sprecher von Bosch. So müssen die automatisierten Fahrzeuge jederzeit wissen, wo sie sich in der Fahrspur befinden. Die Ortung über GPS reiche dabei nicht aus. Sie sei zu ungenau. Bosch habe deshalb eine Radar-Straßensignatur entwickelt. Mithilfe von Radarreflexpunkten ließen sich so automatisierte Fahrzeuge zentimetergenau lokalisieren.

Grundsätzlich sieht der Automobilexperte Stefan Bratzel die deutschen Hersteller technisch „auf Augenhöhe“ mit den US-Amerikanern. Dass die Technik noch nicht vollständig ausgereift sei, zeigten die Unfälle. Dennoch geht der Direktor des unabhängigen Center of Automotive Management davon aus, dass sich selbstfahrende Fahrzeuge auch in Deutschland durchsetzen werden.

Voll automatisiertes Fahren, bei dem das Auto den überwiegenden Teil selbst navigiert, sowie autonomes Fahren ohne Fahrer werde in Deutschland zu Beginn der 2020er-Jahre starten. „Dass autonomes Fahren zu einem Massenphänomen mit einem Marktanteil von mehr als zehn Prozent wird“, so Bratzel, „das werden wir dann aber wohl frühestens Mitte bis Ende der 2020er-Jahre erleben.“