Essen. Sean Connery ist für viele immer noch der beste James Bond. Der britische Filmstar, der 90 wird, will das allerdings nicht mehr hören.
Vor drei Wochen haben ihn die Briten in einer Umfrage zum besten James Bond gewählt. Zum wievielten Mal, das weiß niemand so genau, andere Sieger gab es in diesem Wettbewerb indes bisher noch nicht. Es mag als verfrühtes Geburtstagsgeschenk gelten für Sean Connery, der seinen 90. am 25. August mit seiner zweiten Ehefrau Micheline Roquebrune (91) in ihrem Haus auf den Bahamas feiern dürfte.
Aber der Geehrte wird es kaum als Geschenk empfinden. „Ich heiße Connery, Sean Connery“, hat er oft gesagt, weil er des Agenten im Geheimdienst ihrer Majestät, der ihn so reich und berühmt gemacht hat, längst überdrüssig war. „Die Rolle verfolgt mich wie ein Fluch“, schimpfte er.
Womöglich gibt es schlimmere Schicksale, als mit einer Filmrolle ein Leben lang identifiziert zu werden. Und schließlich gelang es Connery ja auch, sich von diesem schneidigen, aber etwas eindimensionalen „007“ zu emanzipieren. Getreu dem Bond-Motto „Man lebt nur zweimal“ feuerte er sein lächerliches Toupet in die Ecke, hängte den Agenten-Smoking an den Haken und verblüffte das Publikum als Charakterdarsteller mit ungeahnten schauspielerischen Qualitäten, wo man ihm zuvor eher physische Präsenz zugetraut hatte.
Sean Connery wurde zum „Sexiest Man“ des Jahrhunderts gewählt
Er verzauberte Audrey Hepburn als alternder Held in Strumpfhosen in „Robin und Marian“, machte voller Selbstironie eine blendende Figur als spanischer Edelmann im Fantasy-Spektakel „Highlander“ und überzeugte letzte Zweifler als Detektiv im Mönchsgewand in „Der Name der Rose“. Für seinen wuchtigen Auftritt als Cop, der sich kurz vor der Pensionierung mit Al Capone anlegt, verdiente Connery sich in „The Untouchables“ 1987 den Oscar als bester Nebendarsteller. Action-Kassenschlager wie „The Rock“ oder „Indiana Jones“ schaufelten weitere Millionen auf sein Konto.
Dass das „People’s Magazine“ ihn 2000 zum „Sexiest Man“ des Jahrhunderts wählte, dürfte der eitle Connery als angemessen empfunden haben. Als Macho uralter Schule fütterte er mit rauer Männlichkeit sein Image als verführerischer Kerl mit ruppigem Charme, dem auch die deutlich jüngeren Michelle Pfeiffer („Das Russland Haus“) oder Catherine Zeta Jones („Verlockende Falle“) glaubhaft verfallen konnten. Für sein plattes Bekenntnis in einem Playboy-Interview 1965, dass er auch mal eine Ohrfeige für eine Frau für gerechtfertigt halte, hat er sich 40 Jahre später entschuldigt.
Ian Fleming, der James-Bond-Erfinder, war bedient, als ihm die Produzenten 1961 den 1,89 Meter langen, durchtrainierten Burschen aus Edinburgh mit den Tätowierungen „Scotland Forever“ und „Mum and Dad“ samt schwerem schottischen Akzent als Darsteller eines weltgewandten Agenten mit perfekten Umgangsformen und einer Vorliebe für exquisite Champagnersorten vorstellten. Fleming dachte eher an einen smarten Gentleman wie Cary Grant als an einen Klotz mit üppiger Brustbehaarung.
Diese Männer haben James Bond gespielt
Connery bekam 6000 Pfund für „James Bond jagt Dr. No“
Connery aber, Sohn einer Putzfrau und eines Fabrikarbeiters, hatte sich als Milchmann, Sargpolierer und Aktmodell durchgekämpft – er walzte aufkommende Bedenken nieder. „Wir haben nie einen arroganteren Hurensohn gesehen“, erinnerte sich Produzent Albert Broccoli später. „James Bond jagt Dr. No“ spielte das 60-fache der Produktionskosten ein. Connery bekam 6000 Pfund für sein Debüt.
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Als sie ihn 1971 auf Knien baten, seinen sechsten Einsatz („Diamantenfieber“) noch zu drehen, kassierte er 1,2 Millionen Pfund. Connery prägte Bond mit raubkatzenhafter Eleganz in der Bewegung, verband das Spielerische im Angesicht des Todes mit brutaler Härte und garnierte selbst gröbste Anzüglichkeiten bei Frauen mit der entspanntesten Unschuldsmiene. Das hat ihm in dieser Rolle keiner nachgemacht.
Sean Connery zog sich bereits 2003 aus dem Filmgeschäft zurück
2003 zog er sich aus dem Geschäft zurück, der krawallige Streifen „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ war nach rund 50 Jahren und 80 Filmen gewiss ein unwürdiger Abschied. Connery fluchte über „die Idioten, die inzwischen in Hollywood arbeiten“, und widmete sich fortan einem seiner Lieblingsprojekte: dem Ringen um die schottische Unabhängigkeit, welches er mit Millionen unterstützt – vergeblich.
Gerüchte um angebliche Erkrankungen konterte Connery in aller Regel mit öffentlichen Überraschungsauftritten, doch gesehen hat man ihn nun lange nicht mehr. Dass er sich seit einer Weile vegan ernährt, war unlängst zu lesen. In „Sag niemals nie“, diesem wunderbaren Bond-Nachzügler 1983, musste er sich ja schon als reifer Agent vom Arzt anhören, dass er zu viele Martinis trinke, zu viel rohes Fleisch und Weißbrot esse. Damals antwortete Connery noch: „Dann werde ich das Weißbrot weglassen.“