Berlin. „Ku’damm 59“-Star Emilia Schüle reiste nach Nepal, um auf die Situation der Frauen aufmerksam zu machen. Und sie kam verändert zurück.

Emilia Schüle erinnert sich noch an diese Umarmung mit ihrem Patenkind Saninsha auf 1700 Metern Höhe, die sie bisher nur von Fotos kannte. „Man merkte, dass sie das eigentlich nicht machen“, sagt sie, „sie wussten nicht, wie das geht, so eine Umarmung.“ In Nepal ist es nicht üblich, dass Menschen das tun: beide Arme um den Körper des anderen Menschen legen. Sie tat es trotzdem. „Es dauerte auch ungewöhnlich lange“, sagt Schüle. „Aber man merkte auch: Es ist Saninsha wichtig.“

Emilia Schüle ist Schauspielerin. Sie hatte Titelrollen in „Freche Mädchen“ (da war sie 13 Jahre alt) oder „Aschenputtel“ (mit 16 Jahren), spielte im „Tatort“ und in der Serie „Charité“. Im März dann war die 25-Jährige in dem ZDF-Dreiteiler „Ku’damm 59“ zu sehen. Doch all die Rollen in insgesamt 47 Filmen helfen ihr nichts in den Höhen von Nepal, wo sie vor einigen Wochen ihr Patenkind Saninsha zum ersten Mal getroffen hat.

Der Kampf um Normalität im Chaos

Saninsha ist ein elf Jahre altes Mädchen, dessen Zuhause vom Erdbeben beschädigt wurde. Es war eines von rund einer halben Million Gebäuden, die vor drei Jahren dem Erdbeben zum Opfer fielen, bei dem fast 9000 Menschen starben. Das alles könnte für Emilia Schüle weit weg sein, aber vor zwei Jahren rückte das Ereignis näher an sie heran. Schüle wurde Botschafterin für ein Projekt der Kinderhilfsorganisation Plan International.

Schließlich reiste sie mit der Organisation nach Nepal. Sie lief durch die zerstörten Orte, erlebte hautnah, was es heißt, alles zu verlieren, aber auch, wie eine Region versucht, schon jetzt beim Wiederaufbau das nächste Erdbeben mitzudenken. „Ich habe bei den Treffen sehen können“, sagt Schüle, „wie die Familien mit so einer Katastrophe umgehen und versuchen, im Chaos ein Stück Normalität zu behalten.“

Ausstellung mit Aufnahmen aus Neapel in Planung

Emilia Schüle bekam gerade erst den Jupiter Award als „Beste Darstellerin National“ verliehen. Der Publikumspreis kommt von den Fachzeitschriften Cinema und TV Spielfilm.
Emilia Schüle bekam gerade erst den Jupiter Award als „Beste Darstellerin National“ verliehen. Der Publikumspreis kommt von den Fachzeitschriften Cinema und TV Spielfilm. © dpa | Gregor Fischer

Die Familie ihres Patenkindes Saninsha zum Beispiel lebt in einem Haus mit provisorischen Stellwänden aus Metall. „Aber ich konnte auch mehrere Schulen besichtigen, die schon komplett aufgebaut waren.“ Ihr Engagement erwähnt sie, wo es geht. Sie lässt aber auch generationstypisch Bilder sprechen: auf ihrer Seite auf dem Foto-Portal Instagram. Sie plant jetzt eine Ausstellung mit den Aufnahmen.

„Mir war es wichtig“, sagt Schüle, „dass ich ein Programm unterstütze, das vor allem Mädchen und junge Frauen im Fokus hat.“ Es gebe in Nepal noch Zwangsheirat, und Mädchen müssten befürchten, auch bei der Bildung benachteiligt zu werden. „Wenn ich in eine Schule gegangen bin, dann habe ich deshalb immer zuerst nach den Lehrerinnen gefragt.“

Engagement für Frauen führt sie auch im Beruf

Es hatte sie irritiert, dass immer nur Männer die Führung organisiert hatten. „Ich wollte aber auch sehen, wer letztlich die Arbeit macht, und das waren eben oft Frauen – deren Geschichten haben mich sehr beeindruckt.“ Das Engagement für Frauen führt sie auch in ihrem Beruf weiter. Sie findet es skandalös, dass es Regisseurinnen noch so schwer haben. „Ich habe mit über 40 Regisseuren gearbeitet, aber nur mit drei Regisseurinnen.“

Ganz nebenbei konnte die junge Schauspielerin bei der Reise im Januar aber auch einen neuen Teil der Welt kennenlernen. „Die Wanderung durch das Gebirge dort bei 10 Grad minus war eine der krassesten Erfahrungen in meinem Leben“, sagt Schüle. „Aber egal wo wir hinkamen, haben uns immer freundliche Menschen in ihre Häuser eingelassen – dann gab es häufig Popcorn.“ Popcorn gehört in Nepal zur Alltagsküche wie hier Brot.

Als Kleinkind kam sie aus Russland nach Berlin

Mit Extremen kennt Schüle sich aus. Geboren wurde sie im russischen Blagoweschtschensk, nicht weit von Wladiwostok, ganz am Ende der Transsibirischen Eisenbahn. Dort wird es im Sommer sehr heiß (30 Grad) und im Winter sehr, sehr kalt (minus 30 Grad). Bis heute sind Pelmeni, die typisch sibirischen Teigtaschen, ihr Lieblingsessen. Mit einem Jahr zog sie nach Berlin und ist bis heute in die Stadt verliebt.

„Aber richtig gut geht es mir nur, wenn ich Berlin auch regelmäßig verlassen kann“, sagt sie. „Den besten Ausgleich finde ich im Ausland.“ Und durch Saninsha findet Schüle den jetzt regelmäßig. Mit ihrem Patenkind steht sie in regem Kontakt, und bei Emilia Schüles Mutter steht jetzt der Buddha – ein Geschenk von Saninsha. „Als Nächstes will meine Mutter jetzt mit mir noch einmal auf das Dach der Welt.“