Morgan Freeman – Der Spätzünder feiert 80. Geburtstag
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Von Dirk Hautkapp
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Washington. Als Morgan Freeman den großen Durchbruch als Schauspieler schaffte, war er bereits 50 Jahre alt. Am Donnerstag wird er 80 Jahre alt.
Hoke Colburn. Eddie Dupris. Der eine Taxi-Chauffeur. Der andere ein abgehalfterter Preisboxer. Beide schwarz. Beide von einer unerschütterlichen Gelassenheit, die aus jedem Chaos einen Ort der Andacht macht. Wenn man den üppigen Filme-Kanon von Morgan Freeman (70 plus) in Gedanken durchzappt, dann sind es wohl diese beiden Rollen, die Definitionsmacht über den Sohn eines Friseurs und einer Krankenschwester erlangt haben.
Hier ist er die personifizierte Lebensklugheit, die unbedingtes Vertrauen weckt. Hier hat er das Zuhören und Mit-den-Augen-Sprechen zur Perfektion gebracht. Am 1. Juni wird der belesene Mann mit der tiefen Stimme, der seine Ohrringe ebenso mit Stolz trägt wie seine Sommersprossen, 80 Jahre alt. In „Miss Daisy und ihr Chauffeur“ kutschiert Freeman 1989 die renitente Südstaaten-Lady Daisy Werthan so lange mit Gleichmut, Integrität und Würde durch die rassistischen Lande, bis am Ende Gleichberechtigte aus dem blank gewienerten Hudson Commodore aussteigen.
Gute Dinge im Leben
Für das Box-Drama „Million Dollar Baby“ erhielt der Mime 2004 den Oscar für die beste Nebenrolle. Aus beiden Meisterwerken kommt man als Zuschauer auch heute noch mit dem erhabenen Gefühl heraus, dass die guten Dinge im Leben fast immer über holprige Umwege ihr Ziel erreichen. Und was würde besser zu Morgan Freeman passen als das? Als er den Durchbruch schaffte (1987 mit „Glitzernder Asphalt“ und der ersten Oscar-Nominierung), war er bereits 50 Jahre alt. Bis dahin war die Karriere des in der Hochzeit der Rassentrennung in Mississippi groß gewordenen Pferdeliebhabers mit afrikanisch-französischen Wurzeln schleppend verlaufen.
Als die Luftwaffe ihm die Ausbildung zum Kampfpiloten verweigerte, nahm er Schauspiel- und Tanzunterricht, schlug sich mit Nebenjobs durch, gab am Theater den Othello und überwinterte in den 70er-Jahren in einer Kindersendung. Die ihm dort abverlangte Unterforderung ertränkte Morgan Freeman in Alkohol. Nach einer Bauchlandung gab ihm an der Seite von Robert Redford das Gefängnisreform-Drama „Brubaker“ die zweite Luft.
Schwarzer Vorzeigemensch
Spätestens seit „Miss Daisy“ ging es für den Hobby-Piloten, der zweimal verheiratet war, der nebenbei die beste Blues-Kneipe im Mississippi-Delta mitbesitzt („Ground Zero“ in Clarksdale), nur noch nach oben. In „Glory“ gab er den Sergeant Major Rawlins. In „Deep Impact“ spielte er den amerikanischen Präsidenten. In „Invictus“ Nelson Mandela. In „Seven“ den Serienkiller-Jäger Detective Somerset. In „Bruce Allmächtig“ schließlich im schneeweißen Anzug und mit Krawatte: Gott.
Morgan Freeman wehrt sich bis heute gegen die Vereinnahmung als schwarzer Vorzeigemensch. Dabei hat er als Knirps in Greenwood/Mississippi selbst erlebt, dass die weißen Kinder im Kino im Parkett saßen, während er und seinesgleichen durch einen Nebeneingang auf den Balkon verbannt wurden. Dass ihn die Kritikerin Pauline Keal einmal den „wohl besten Schauspieler Amerikas“ nannte und dabei den Einschub „schwarzen“ bewusst ausließ, rührte Freeman fast zu Tränen.
Rassenunruhen in Los Angeles
Mit Gleichgültigkeit darf man Freemans Haltung nicht verwechseln. Demnächst könnte ein neues Werk des vierfachen Vaters und Urgroßvaters folgen, das die 25 Jahre zurückliegenden Rassenunruhen in Los Angeles aufgreift. Freeman hat sich bisher unbekanntes Filmmaterial gesichert. Warum, wird vielleicht im Rückblick klar.
Dem „Stern“ sagte Freeman auf die Frage, ob er die Aggression der Black-Lives-Matter-Bewegung verstehen könne, die sich nach tödlichen Polizeieinsätzen gegen Schwarze etabliert hat: „Doch, aber wir dürfen es nicht zulassen. Das Gesetz forderst du nicht mit Wut heraus, denn dann erschießen sie dich und sagen: ‚Wir mussten es tun, wir haben um unser Leben gefürchtet.‘“ Morgan Freeman antwortet mit einem Film. Große Vorfreude.