Berlin. Meldungen aus Berlin verunsichern Eltern und Kita-Leitungen: In vielen Fällen sollen Lolli-Tests eine Infektion nicht angezeigt haben.

Er gilt als kindgerechte Methode für den Nachweis einer Corona-Infektion: der Lolli-Test. Doch nun wachsen Zweifel an den Ergebnissen dieses speziellen Verfahrens. Seit Ende der Winterferien berichten Eltern und Kita-Leitungen in Berlin, dass die Tests nicht angeschlagen hätten – obwohl bei den betroffenen Kindern mit Schnell- oder PCR-Tests Infektionen nachgewiesen wurden.

„Bei uns häufen sich die Rückmeldungen, dass die Tests die Infektionen nicht zuverlässig anzeigen“, sagte Roland Kern, Vorstand im Dachverband Berliner Kinder- und Schülerläden (Daks), gegenüber der Berliner Morgenpost. „Da es sich nicht um Einzelfälle handelt, erwarten wir von der Bildungsverwaltung, dass die Tests noch einmal überprüft werden.“

Was, wenn der Lolli-Test nicht anschlägt?

Lolli-Tests werden für Kita- und Schulkinder in vielen Bundesländern eingesetzt. Bundesweit fragen sich nun Eltern, Erzieher, Pädagoginnen und Lehrkräfte: Wie sicher ist das Ergebnis eines Lolli-Tests?

In Berlin gilt eine neue Test- und Quarantäne-Strategie: Seit Montag können sich Kontaktpersonen von Infizierten an den Kitas durch tägliche Tests der Quarantäne entziehen. Das gilt auch für Kinder, teilte die Senatsverwaltung mit. Zur Umsetzung der Methode wurden zusätzlich zwei Millionen Lolli-Tests bestellt.

Eltern erhalten demnach drei Tests pro Woche, bei einem Infektionsfall fünf, um ihre Kinder an aufeinanderfolgenden Tagen auf das Coronavirus testen zu können. Was aber, wenn die Lolli-Tests nicht anschlagen, wie befürchtet?

Das RKI wirbt für Lolli-Pool-Tests

Bisher gab es dafür keinen Anhaltspunkt. Auch das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt die Lolli-Tests für präventive Testungen von Kindern in Kitas und Grundschulen. Der Speicheltest sei „leicht durchzuführen“ und sorge daher „für eine hohe Akzeptanz bei den Kindern“. Bei Lolli-Tests lutschen die Kinder an dem Stäbchen. Das ist angenehmer als der Abstrich in der Nase oder im Rachen wie bei herkömmlichen Schnelltests.

Allerdings: Die Empfehlungen des RKI beziehen sich auf Lolli-Tests, die als PCR-Pool-Tests angewendet werden. Das bedeutet: Nach dem Abstrich werden alle Stäbchen in ein Teströhrchen gegeben. Die Tests werden ins Labor geschickt und binnen eines Tages ausgewertet.

Ihm wäre ein echter Lolli mutmaßlich lieber, aber immerhin muss er sich das Stäbchen nicht in die Nase stecken: Zusammen mit anderen Kindern einer Kita nimmt auch dieser Junge an einer Lolli-Pool-Testung teil.
Ihm wäre ein echter Lolli mutmaßlich lieber, aber immerhin muss er sich das Stäbchen nicht in die Nase stecken: Zusammen mit anderen Kindern einer Kita nimmt auch dieser Junge an einer Lolli-Pool-Testung teil. © dpa | Peter Kneffel

Sicherer als herkömmliche Schnelltests? Ja, wenn...

Sollte mindestens ein Stab positiv sein, wird die Einrichtung benachrichtigt. Kinder müssen dann erneut eine Einzelprobe zu Hause durchführen. Die Eltern geben die Einzelprobe namentlich gekennzeichnet in der jeweiligen Kita ab. Die Einzelproben werden dann erneut ins Labor geschickt und untersucht.

Das RKI hat PCR-Lolli-Tests in diesem Kontext in seinem „Epidemiologischen Bulletin“ vom Juli 2021 bei einer mittleren und hohen Viruslast als „sehr sicher“ bezeichnet. Sie sind demnach sogar sicherer als herkömmliche Antigen-Schnelltests, da sie eben in Laboren im PCR-Verfahren untersucht werden. Je nach Hersteller sollen die Tests 90 bis 98 Prozent der Infektionen auch tatsächlich nachweisen.

Forscher bestätigen die hohe Sensitivität

Diese hohe Sensitivität haben Forscherinnen und Forscher der Universitätsklinik Düsseldorf in einer Studie bestätigt. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin „Lancet EClinicalMedicine“. Die Wissenschaftler hatten Lolli-Tests bis zu zehn Wochen lang auf ihre Sensitivität getestet – an mehr als 4.000 Kindern und Jugendlichen sowie am Personal von Kitas und Schulen an fünf Orten in Deutschland.

Wie passt das mit den Beobachtungen der Eltern und Kita-Leitungen in Berlin zusammen?

Berliner Eltern führen die Tests selbst durch

Zwei Gründe lassen sich nennen:

1. Die Berliner Eltern führen die Lolli-Test zu Hause in Eigenregie durch – und werten sie auch aus, so wie bei klassischen Antigen-Schnelltests. Der tagesaktuelle Lolli-Test ist die Eintrittskarte in die Kita: Kinder, die keine negativen Tests vorweisen können, dürfen die Einrichtungen nicht mehr betreten.

Die Auswertung durch Laien – das ist bereits durch die Debatte um die Sicherheit von Schnelltests bekannt – ist jedoch fehleranfällig. Idealerweise sollten die Tests direkt nach dem Aufstehen durchgeführt werden. Wichtig ist, dass das Kind vorher nichts trinkt oder isst.

Anders als bei Lolli-Tests, die im PCR-Pool-Verfahren angewendet werden, liefern im Alltag dann auch nicht zertifizierte Labore in einem aufwendigen Testverfahren ein letztlich sicheres Ergebnis, sondern den Eltern wird anvertraut auch einen schwachen zweiten Strich sicher zu erkennen.

Wie zuverlässig erfassen die Tests die Omikron-Variante?

2. Die Studie der Universität Düsseldorf wurde vor der Ausbreitung der Omikron-Variante durchgeführt. Es ist aber unklar, wie zuverlässig die Lolli-Tests eine Omikron-Infektion erkennen. Dazu liegen bisher keine belastbaren Daten vor. Auch die RKI-Empfehlung im „Epidemiologischen Bulletin“ stammt vom Juli 2021 – als diese Mutante noch nicht in Erscheinung getreten war.

Für die Schnelltests gilt nach Angaben des für die Arzneimittel-Zulassung zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) allerdings: Auch bei Omikron werden noch sehr viele Infektionen erkannt, denn diese Tests weisen das sogenannte Nukleokapsid-Protein im Inneren des Virus nach. Anders als das stark mutierte Spike-Protein auf der Virushülle unterscheidet sich dieses Protein bei Omikron nur geringfügig von früheren Varianten.

Mitte Februar soll eine Liste über sichere Omikron-Tests vorliegen

Deshalb schätzt das PEI die Schnelltests auch bei Omikron als geeignet ein. Dies sollte für die Lolli-Tests ebenfalls gelten, da sie prinzipiell gleich aufgebaut sind und ebenfalls das Nukleokapsid-Protein nachweisen.

Das Paul-Ehrlich-Institut untersucht aktuell, welche Tests tatsächlich auch bei Omikron zuverlässig sind. Die Ergebnisse sollen Mitte Februar vorliegen. Auf der Homepage des Instituts steht bisher eine Liste mit Tests, die für die vorherigen Varianten empfohlen wurden.