Berlin. Schwere Unfälle auf Trampolinen nehmen bei Kindern zu. Besonders häufig sind Knochenbrüche. Wie Eltern mit der Gefahr umgehen sollten.

Ein Tag im Sommer veränderte Nathans Leben. Wie so oft ging der heute 18-Jährige hinaus in den Garten, stieg aufs Trampolin und fing zu hüpfen an. Der Fachoberschüler aus Bayern wollte einen Doppelsalto hinlegen. Doch die Landung ging schrecklich schief – Nathan kam falsch auf und brach sich die Halswirbelsäule. Seitdem ist er querschnittsgelähmt. „Mein Leben ist komplett anders geworden“, berichtet Nathan. Er kann weder Arme noch Beine bewegen.

Höher, schneller, Notaufnahme: In der Pandemie haben sich Trampoline zur letzten Zuflucht für Kinder und Jugendliche mit Bewegungsdrang entwickelt. Seit dem ersten Lockdown sind die Verkäufe sprunghaft angestiegen. Der Umsatz habe sich verdreifacht, teilt der Trampolinhersteller Hudora aus Remscheid mit. In Einfamilienhaussiedlungen saust an schönen Tagen hinter gefühlt jeder zweiten Hecke ein Kind durch die Luft. Auch Hüpfhallen und Mini-Trampoline fürs Kinderzimmer boomen.

Doch immer mehr Springer landen unsanft im Krankenhaus – mit den Verkaufszahlen nehmen auch schwere Verletzungen zu. Einzelne Krankenhäuser melden 50 Prozent mehr Trampolinunfälle im Jahr 2021. Ärzte schlagen Alarm. Lesen Sie auch: Kinderkrankengeld: Was Sie bei der Steuer beachten müssen

Gefahr Trampolin: Vielen Eltern fehlt das Problembewusstsein

Am häufigsten hat er es mit Knochenbrüchen zu tun, bilanziert Karl Bodenschatz, Ärztlicher Leiter der Kinderchirurgie am Klinikum Nürnberg. In diesem Jahr seien dort schon etwa 40 Jungen und Mädchen behandelt worden, weil sie beim Springen gestürzt sind. Er vermisse das „grundlegende Problembewusstsein bei den Eltern“. Verletzungen an Kopf oder Wirbelsäule seien nicht selten. „Das Trampolin wird als sicherer Ort empfunden, nach dem Motto, wenn das Netz zu ist, ist alles gut“, so Bodenschatz – ein Irrtum.

Deutschlands wohl bekannteste Hüpferin ist Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). „Das Trampolin war mein Ein und Alles“, erzählt sie gerne über ihre in der Jugend ausgelebte Leidenschaft. Allerdings begriff sie die Sprunghilfe nicht als Kinderspielzeug, sondern als Sportgerät. Diese Einsicht wünscht Karl Bodenschatz heutigen Eltern: „Das Trampolin ist kein guter Ort für einen Kindergeburtstag.“ Auch interessant: Start der Kinder-Impfung: Was Eltern jetzt wissen müssen

Besonders das gemeinsame Springen ist gefährlich

Denn gemeinsames Toben ist bei Heranwachsenden zwar äußerst beliebt, aus Sicht von Experten aber eine denkbar schlechte Idee. Das Unfallrisiko steige um das 14-Fache, wenn man zusammen springe, so Bodenschatz. Machen Eltern mit, wird es besonders gefährlich: „Dann werden die Kinder regelrecht nach oben katapultiert“, so Bodenschatz – über das Sicherheitsnetz hinweg. „Haarsträubend“ findet das auch der Direktor der Kinderchirurgie am LMU-Klinikum München, Oliver Muensterer.

Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie weist darauf hin, dass es bisher zwar keine bundesweite Statistik gebe. „Es gibt jedoch Erhebungen aus einzelnen Kliniken, die zeigen, dass mit zunehmender Beliebtheit auch die Zahl an Verletzungen durch Trampoline stark angestiegen ist.“ Lesen Sie auch: Corona: Mit Omikron könnten sich zunehmend auch Kinder anstecken

Was also sollten Eltern beachten, wenn sie ein Sprunggerät anschaffen wollen? Bodenschatz empfiehlt, Kinder erst ab sechs Jahren aufs Trampolin zu lassen – und auch nur alleine. Spielzeug mitzunehmen sei absolut tabu, das erhöhe das Verletzungsrisiko massiv. Bestenfalls sollten Kinder erst im Verein die Bewegungsabläufe lernen, bevor man ihnen ein Trampolin in den Garten stellt. Wie Annalena Baerbock. „Wenn Kinder wissen, wie sie sich zu verhalten haben, ist das eine gute Sportart, die Spaß macht“, sagt Bodenschatz. „Auch Erwachsenen.“