Berlin. Durch den Corona-Lockdown waren Kinder über Monate isoliert. Viele haben verlernt, wie sie Anschluss finden – und vereinsamen nun.
Basteln mit den Eltern statt draußen mit den Freundinnen spielen: Die Pandemie stürzte die natürliche Kontaktfähigkeit der Kinder in die Krise. Eine Umfrage des Deutschen Jugendinstituts (DJI) ergab, dass 43 Prozent der Kinder in der Pandemie nur noch sporadisch oder gar selten Kontakt zu anderen Kindern hatten, fünf Prozent brachen jeden Kontakt ab. Können Kinder das wieder aufholen?
„Meist finden Kinder sich schnell wieder zurecht“, betont Kinderpsychologin Anja Stadler, die den Kinderkanal Kika bei Sendungen zum Thema Freundschaft berät (kika.de/freundschaft).
„Für sozial ängstliche Kinder allerdings ist der volle Klassenraum nun aber eine noch größere Hürde“, sagt sie indes auch.
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Pandemie auf dem Pausenhof: Wenn Kinder in der Schule alleine sind
Keine Probleme hatte Mia (9), wieder an ihre Mädchen-Clique anzuknüpfen. Ellie jedoch gehört nicht zu dieser Clique. Sie gehört zu gar keiner Clique, hat offenbar niemanden, steht in den Pausen allein da. „Ich habe Mia immer wieder gesagt, sie soll Ellie mal einladen. Ich möchte, dass sie lernt, andere einzuschließen, auch wenn die vielleicht in mancherlei Hinsicht anders sind als sie selbst“, sagt ihre Mutter Natascha Michels.
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Doch Mia bleibt bockig. „Die ist komisch“, sagt sie über Ellie. „Ellie ist vielleicht anders, das ist nicht dasselbe wie komisch“, korrigiert Michels ihre Tochter. Ellies Anderssein zeigt sich in einem Wechsel von Schweigsamkeit und Trotzanfällen.
Einmal verweigerte sie bei der Probe für eine Musikaufführung die Maske. Bald tuschelten die Kinder, ihre Eltern seien Querdenker. Was das bedeutet, wussten wohl die wenigsten. Michels rief Ellies Mutter an. Die erklärte, es bereite ihr großen Kummer, dass ihre Tochter keinen Anschluss finde. Querdenkerin sei sie übrigens nicht. Lesen Sie hier:Nach „Querdenker“-Demo in Berlin: Polizei kritisiert Eltern
Kinder schämen sich
„Kinder empfinden Scham und Schuld, wenn sie keine Freunde finden“, sagt Psychologin Stadler. „Jedes Kind will dazugehören. Es glaubt, dass etwas nicht richtig mit ihm ist. Und es spürt, dass es seine Eltern damit enttäuscht oder Sorgen bereitet.“
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Beliebtheit sorgt schließlich für Prestige. So manches Elternteil erwähnt nur zu gern, wie sein Kind in seiner Gruppe den Ton angibt. „Dabei kommt es nicht auf die Menge an“, sagt Stadler. „Schon bei Kindern gilt: Ein, zwei richtig gute Freunde genügen völlig.“
Kinder wie Ellie merken, dass sie durch auffällige Aktionen plötzlich die erwünschte Beachtung bekommen. Freunde finden sie dadurch allerdings nicht. Hier kann es helfen, dem Kind verantwortungsvolle, kleine Aufgaben zu übertragen. Es lernt, dass es Teil der Gemeinschaft wird, wenn es sich einbringt, statt auf Knalleffekte zu setzen.
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Eltern können ein Vorbild sein
Schüchternheit ist oft der Grund für eine Außenseiterposition. Zunächst gelte es, dem Kind zu vermitteln, dass es immer auch Phasen im Leben gibt, in denen man einsamer ist als in anderen, und ihm zu sagen: „Es ist okay so, wie du bist.“ Mehr zum Thema: Corona-Quarantäne für Kinder – Schluss mit dem Chaos
In Rollenspielen bringt Stadler den Kleinen bei, auf andere zuzugehen. „Das können Eltern auch mit ihren Kindern üben.“ Wichtig sei es auch, dass Eltern vorlebten, wie man Freundschaften pflegt. Die Corona-Krise war dabei auch eine Chance. Stadler: „Schüchternen Kindern fiel es leichter, auf digitalem Weg Kontakt aufzunehmen. Und durch den erweiterten Radius finden sich eher Gleichgesinnte.“