Berlin. Vor zehn Jahren ist Superstar Michael Jackson gestorben. Immer wieder neue Pädophilie-Vorwürfe trüben den Blick auf sein Lebenswerk.

Unter normalen Umständen wäre der heutige Dienstag ein Hochamt für Amerikas Fernsehsender geworden. Todestage von Mega-Stars, noch dazu, wenn es der zehnte ist, sind wie gemacht, um mit quotenträchtigen Sondersendungen die Nostalgie-Muskeln des Publikums zu massieren.

Bei Michael Jackson liegen die Dinge anders. Der „King of Pop“, zu Lebzeiten stilbildender wie weltumspannender Konsensliebling der Pop konsumierenden Gemeinde und am 25. Juni 2009 im Schlafzimmer seiner Villa in Los Angeles an den Folgen einer Überdosis des Narkosemittels Propofol gestorben, löst posthum keinen Gedenkzirkus im XXL-Maßstab aus.

Seit im Frühjahr der umstrittene Film „Leaving Neverland“ anhand der Schicksale von Wade Robson (36) und James Safechuck (41) „Mr. Moonwalk“ des wiederholten sexuellen und psychischen Missbrauchs von Minderjährigen bezichtigt hat, sind die meisten Programmverantwortlichen auf Distanz gegangen.

Michael Jackson – Zum Jahrestag wird ihm wenig Ehre zuteil

Wie toxisch der nur 50 Jahre alt gewordene Sänger, Komponist und Tänzer derzeit ist, zeigt eine Fußnote. Für die am gleichen Tag ihrer langen Krebserkrankung erlegene Schauspielerin Farrah Fawcett („Drei Engel für Charlie“) spendierte der Sender ABC neulich zur besten Sendezeit ein zweistündiges Special.

Das war das Leben des „King of Pop“

Weltstar, Ausnahmekünstler, Idol: Michael Jackson wurde von seinen Fans als „King of Pop“ gefeiert. Wir blicken zurück auf sein Leben.
Weltstar, Ausnahmekünstler, Idol: Michael Jackson wurde von seinen Fans als „King of Pop“ gefeiert. Wir blicken zurück auf sein Leben. © imago | zumapress
Michael Jackson wurde am 29. August 1958 als siebter von neun Brüdern und Schwestern Gary im US-Bundesstaat Indiana geboren.
Michael Jackson wurde am 29. August 1958 als siebter von neun Brüdern und Schwestern Gary im US-Bundesstaat Indiana geboren. © picture alliance / ASSOCIATED PR | dpa Picture-Alliance /
Bereits als Knirps wurde er der Leadsänger der Jackson 5. Dieses Foto vom 6. Juni 1971 zeigt Michael (M) mit seinen Brüdern Tito und Jermaine.
Bereits als Knirps wurde er der Leadsänger der Jackson 5. Dieses Foto vom 6. Juni 1971 zeigt Michael (M) mit seinen Brüdern Tito und Jermaine. © imago stock&people | LFI
The Jackson Five 1976.
The Jackson Five 1976. © imago | Cinema Publishers Collection
Dieses Foto zeigt ihn mit seiner Schwester Janet.
Dieses Foto zeigt ihn mit seiner Schwester Janet. © imago | zumapress
Das Kinderidol machte seine gesamte Familie zu Stars.
Das Kinderidol machte seine gesamte Familie zu Stars. © imago/LFI | imago stock&people
Später lamentierte der Musiker in TV-Interviews über seine „verlorene Kindheit“.
Später lamentierte der Musiker in TV-Interviews über seine „verlorene Kindheit“. © ZDF | LFI
Unter Tränen sagte er einmal: „Ich wollte immer nur ein ganz normaler kleiner Junge sein. Aber das Schicksal hat es anders gewollt.“
Unter Tränen sagte er einmal: „Ich wollte immer nur ein ganz normaler kleiner Junge sein. Aber das Schicksal hat es anders gewollt.“ © imago stock&people | imago stock&people
Sein Vater, so Jackson (2.v.l.), „hat mir nie gesagt, dass er mich liebt“.
Sein Vater, so Jackson (2.v.l.), „hat mir nie gesagt, dass er mich liebt“. © imago/ZUMA Press | ZUMA PRESS
Patriarch Joseph Jackson, der seine Kinder einem harten Drill unterzog, war im Juni 2018 im Alter von 89 Jahren gestorben. Diese Aufnahme zeigt ihn gemeinsam mit seinen Eltern bei den Golden Globes 1973.
Patriarch Joseph Jackson, der seine Kinder einem harten Drill unterzog, war im Juni 2018 im Alter von 89 Jahren gestorben. Diese Aufnahme zeigt ihn gemeinsam mit seinen Eltern bei den Golden Globes 1973. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
1993 erzählte er im Interview mit Oprah Winfrey von Gewalt in der Familie.
1993 erzählte er im Interview mit Oprah Winfrey von Gewalt in der Familie. © Reuters | REUTERS / STR New
Michael Jackson flüchtete sich in die Musik. Seine Superhits wie „Thriller“, „Off the Wall“, „Billie Jean“, „Beat It“, „Bad“, „Dangerous“, „History“ stürmten über Jahre hinweg die Charts.
Michael Jackson flüchtete sich in die Musik. Seine Superhits wie „Thriller“, „Off the Wall“, „Billie Jean“, „Beat It“, „Bad“, „Dangerous“, „History“ stürmten über Jahre hinweg die Charts. © imago | teutopress
Mit „Thriller“ brachte er 1982 das erfolgreichste Album aller Zeiten heraus, es wurde weltweit über 100 Millionen Mal verkauft.
Mit „Thriller“ brachte er 1982 das erfolgreichste Album aller Zeiten heraus, es wurde weltweit über 100 Millionen Mal verkauft. © imago | ZUMA PRESS
Den Titel „King of Pop“ hatte sich Jackson selbst verliehen. Seine Moonwalk-Tanzschritte, Songs, Videos und die Bühnenspektakel stellten die Pop-Welt in den frühen 80er Jahren auf den Kopf.
Den Titel „King of Pop“ hatte sich Jackson selbst verliehen. Seine Moonwalk-Tanzschritte, Songs, Videos und die Bühnenspektakel stellten die Pop-Welt in den frühen 80er Jahren auf den Kopf. © imago | i Images
Hier zeigt Jackson eine halsbrecherische Show bei „Wetten, dass..?
Hier zeigt Jackson eine halsbrecherische Show bei „Wetten, dass..?" in der Duisburger Rhein-Ruhr-Halle. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Achim Scheidemann
Später bekam das Image des Mega-Stars Kratzer. Viel wurde über sein Privatleben spekuliert. Diese Aufnahme zeigt Michael während eines Konzerts seiner HIStory World Tour im November 1996 in Auckland (Neuseeland).
Später bekam das Image des Mega-Stars Kratzer. Viel wurde über sein Privatleben spekuliert. Diese Aufnahme zeigt Michael während eines Konzerts seiner HIStory World Tour im November 1996 in Auckland (Neuseeland). © Getty Images | Phil Walter
1994 heiratete der Sänger Lisa Marie Presley, die Tochter von Elvis Presley. Die Ehe hielt zwei Jahre.
1994 heiratete der Sänger Lisa Marie Presley, die Tochter von Elvis Presley. Die Ehe hielt zwei Jahre. © imago | zumapress
Später folgte eine Heirat mit der Krankenschwester Debbie Rowe, der Mutter seiner beiden älteren Kinder Paris und Prince II.
Später folgte eine Heirat mit der Krankenschwester Debbie Rowe, der Mutter seiner beiden älteren Kinder Paris und Prince II. © imago | ZUMA PRESS
In Erinnerung bleibt auch der bizarre Auftritt 2002 in Berlin. Der damals 44-Jährige zeigte sich den wartenden Fans am Fenster seiner Suite im fünften Stock des Adlon-Hotels in Berlin  – und hielt seinen neun Monate alten Sohn Prince Michael II. über die Balkonbrüstung.
In Erinnerung bleibt auch der bizarre Auftritt 2002 in Berlin. Der damals 44-Jährige zeigte sich den wartenden Fans am Fenster seiner Suite im fünften Stock des Adlon-Hotels in Berlin – und hielt seinen neun Monate alten Sohn Prince Michael II. über die Balkonbrüstung. © Getty Images | Olaf Selchow
Statt Musik produzierte „Whacko Jacko“ (verrückter Jacko) auch Schlagzeilen, die mit seinem Aussehen zu tun hatten. Die ihm nachgesagten Schönheits-Operationen ließen ihn wie ein Kunstprodukt aussehen.
Statt Musik produzierte „Whacko Jacko“ (verrückter Jacko) auch Schlagzeilen, die mit seinem Aussehen zu tun hatten. Die ihm nachgesagten Schönheits-Operationen ließen ihn wie ein Kunstprodukt aussehen. © Getty Images | Getty Images
Seine Neverland Ranch war für Michael Jackson immer ein Zufluchtsort. Der Schimpanse Bubbles immer dabei. Auf dem riesigen Anwesen hatte er sich einen Tummelplatz für Kinder geschaffen – und möglicherweise passierte dort auch mehr.
Seine Neverland Ranch war für Michael Jackson immer ein Zufluchtsort. Der Schimpanse Bubbles immer dabei. Auf dem riesigen Anwesen hatte er sich einen Tummelplatz für Kinder geschaffen – und möglicherweise passierte dort auch mehr. © imago | Cinema Publishers Collection/The Hollywood Archive
1993 behauptete ein 13- jähriger Junge, im Jackson-Schlafzimmer Opfer sexueller Annäherungen geworden zu sein. Der Star bestritt das konsequent, einigte sich aber schließlich mit der Familie des Jungen auf eine Abfindung in Millionenhöhe. Ähnliche Beschuldigungen eines Teenagers führten 2005 zu einem „Jahrhundertprozess“, der mit einem Freispruch endete.
1993 behauptete ein 13- jähriger Junge, im Jackson-Schlafzimmer Opfer sexueller Annäherungen geworden zu sein. Der Star bestritt das konsequent, einigte sich aber schließlich mit der Familie des Jungen auf eine Abfindung in Millionenhöhe. Ähnliche Beschuldigungen eines Teenagers führten 2005 zu einem „Jahrhundertprozess“, der mit einem Freispruch endete. © imago | zumapress
Michael und seine mütterliche Freundin: Schauspielerin Liz Taylor.
Michael und seine mütterliche Freundin: Schauspielerin Liz Taylor. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Im Juni 2009 starb Michael Jackson im Alter von 50 Jahren an einem tödlichen Mix von Medikamenten. Mitte Juli hätte eigentlich seine Comeback-Tour in London beginnen sollen. Zehn Wochen nach seinem Tod wurde Jackson in einem Mausoleum auf dem Forest Lawn Friedhof in Glendale nahe Los Angeles bestattet.
Im Juni 2009 starb Michael Jackson im Alter von 50 Jahren an einem tödlichen Mix von Medikamenten. Mitte Juli hätte eigentlich seine Comeback-Tour in London beginnen sollen. Zehn Wochen nach seinem Tod wurde Jackson in einem Mausoleum auf dem Forest Lawn Friedhof in Glendale nahe Los Angeles bestattet. © dpa | Branimir Kvartuc
Seinen Erben bringt der „King of Pop“ weiter Millionen ein. Seit fünf Jahren führt er die Liste der bestverdienenden toten Stars an. Nach Schätzungen des Wirtschaftsmagazins „Forbes“ im Jahr 2017 waren es mit Plattenverkäufen, Einnahmen aus dem Musikrechte-Katalog und aus Shows über Jackson etwa 75 Millionen Dollar.
Seinen Erben bringt der „King of Pop“ weiter Millionen ein. Seit fünf Jahren führt er die Liste der bestverdienenden toten Stars an. Nach Schätzungen des Wirtschaftsmagazins „Forbes“ im Jahr 2017 waren es mit Plattenverkäufen, Einnahmen aus dem Musikrechte-Katalog und aus Shows über Jackson etwa 75 Millionen Dollar. © dpa | Gabriel Bouys
2010 wurde Jackson posthum mit einem Grammy für sein Lebenswerk geehrt, zu Lebzeiten erhielt er 13 der begehrten Musik-Trophäen.
2010 wurde Jackson posthum mit einem Grammy für sein Lebenswerk geehrt, zu Lebzeiten erhielt er 13 der begehrten Musik-Trophäen. © imago | teutopress
Am 29. August 2018 wäre Michael Jackson 60 Jahre alt geworden.
Am 29. August 2018 wäre Michael Jackson 60 Jahre alt geworden. © dpa | Jan Nienheysen
Der Kult um ihn geht weiter.
Der Kult um ihn geht weiter. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
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Michael Jackson im Jahr 2005.
Michael Jackson im Jahr 2005. © Reuters | Gene Blevins

Michael Jackson wird diese Ehre aller Voraussicht nach nicht zuteil. Stattdessen wird der Discovery-Kanal auch in Deutschland ein einstündiges Werk mit dem brutalen Titel „Killing Michael Jackson“ ausstrahlen. Darin spielt das künstlerische Werk des in Gary/Indiana geborenen Stars keine Rolle. Auftreten werden indes Orlando Martinez, Dan Myers und Scott Smith. Das Trio war damals im Auftrag der Polizei von Los Angeles intensiv mit den Ermittlungen zu den Todesumständen beschäftigt, die noch heute Verschwörungstheoretikern Nahrung geben.

Allen voran Paris Jackson. Die Tochter gehört wie auch andere im Familienclan, der an Michael Jackson reich geworden ist, zu jenen, die den damals behandelnden Arzt Conrad Murray zwar verantwortlich machen für den tödlichen Konsum eines Präparats, das für gewöhnlich nur in Operationssälen als Narkosemittel verabreicht wird. Dahinter stecke aber mehr, sagte die junge Frau in einem Interview mit dem Magazin „Rolling Stone“.

Jackson nahm diverse Beruhigungsmittel und Propofol

„Mein Vater wurde ermordet. Er machte manchmal dunkle Andeutungen, dass gewisse Leute hinter ihm her seien. Einmal murmelte er so was wie: ‚Eines Tages werden sie mich um die Ecke bringen.‘“ Unterdessen sorgen die gerichtlich gesicherten Fakten rund um das Ableben Jacksons weiter für Gesprächsstoff. Um die mit hohem finanziellen Eigenaufwand des Sängers vorbereitete „This Is It“-Tournee zu überstehen, hatte Jackson für ein sechsstelliges monatliches Honorar Murray angestellt.

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Michael Jacksons ehemaliger Arzt Conrad Murray.
Michael Jacksons ehemaliger Arzt Conrad Murray. © Reuters | Mario Anzuoni

Hauptaufgabe des Mediziners war es, Jacksons Schlafstörungen zu lindern. Er tat dies über Wochen mittels diverser Beruhigungsmittel und Propofol, eine weiße Flüssigkeit, die Jackson „meine Milch“ nannte. Am 25. Juni ging die später von Experten als „falsch und unethisch“ bezeichnete Therapie schief. Murray wurde der Prozess gemacht. Er beteuerte: „Ich habe nichts Falsches gemacht.“

Die Geschworenen sahen das anders. Vier Jahre Gefängnis lautete das Urteil. Davon saß der Kardiologe zwei ab. Bis heute gilt das Fazit von Staatsanwalt David Walgren. Michael Jackson habe sein Leben „wortwörtlich in die Hände Conrad Murrays gelegt“. Das „falsch in ihn gesetzte Vertrauen“ habe den vielleicht größten Popstar des 20. Jahrhunderts das Leben gekostet.