Berlin. Ein 26-jähriger Syrer saß im niederrheinischen Kleve zwei Monate offenbar unschuldig in Haft. Er starb nach einem Feuer in seiner Zelle.

Mitte September soll das Feuer in der Zelle ausgebrochen sein: Ein wohl zu Unrecht inhaftierter Mann aus Syrien ist nach einem Brand in seiner Gefängniszelle gestorben. Das teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in niederrheinischen Kleve am Montag der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit.

Wie die Behörden bereits am Freitag einräumen mussten, saß der 26 Jahre alte Mann mehr als zwei Monate unschuldig im Gefängnis, bis in der Zelle ein Feuer ausbrach. Vermutlich hatte er es selbst gelegt. Bei dem Brand erlitt der Inhaftierte schwerste Verbrennungen. Am Samstag erlag er in einer Bochumer Klinik seinen Verletzungen.

Die Staatsanwaltschaft Kleve hat Ermittlungen gegen mehrere Polizisten wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung eingeleitet. „Es spricht einiges für individuelle Versäumnisse von Polizeibeamten bei der Festnahme“, sagte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums am Montag. Gegen die Beamten seien neben den Ermittlungs- auch Disziplinarverfahren eingeleitet worden. „Wir nehmen das sehr ernst und überprüfen auch die Abläufe bei der Polizei in Kleve“, hieß es in Düsseldorf.

Wegen Hamburger Haftbefehl festgenommen

Am vergangenen Freitag war bekanntgeworden, dass der 26-Jährige offenbar Opfer einer Namensverwechslung geworden war: Ein in Hamburg per Haftbefehl gesuchter Mann aus Mali soll die Personalien des Syrers als Alias-Namen verwendet haben.

Zum Verhängnis wurde dem fälschlicherweise Inhaftierten demnach ein Polizeieinsatz in Geldern am Niederrhein Anfang Juli. Als damals die Personalien des Syrers überprüft wurden, wurde er wegen des Hamburger Haftbefehls festgenommen.

Noch im Juli fragte die Hamburger Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben nach, ob die Identität des Festgenommenen tatsächlich geklärt sei. „Das machen wir routinemäßig, wenn Aliasnamen vorliegen“, sagte eine Sprecherin der Hamburger Ermittlungsbehörde. Die Routinefrage sei aus Kleve auch beantwortet worden – mit einem „Nein“. Freigelassen wurde der Syrer danach aber nicht.

Keine Freilassung – trotz Unklarheiten

Die Hamburger hätten daraufhin noch einmal nachgehakt, sagte deren Sprecherin: Auf welcher Basis der Syrer denn dann festgehalten werde, wollten sie wissen. Was aus dieser zweiten Nachfrage wurde, sei derzeit unklar.

Auch andere Fragen müssen nun geklärt werden: Lag ein Fahndungsfoto des Gesuchten aus Mali bei? Hätte ein Blick darauf genügt, um den Irrtum aufzuklären? „Das ist nun Teil der Ermittlungen“, sagte Oberstaatsanwalt Günter Neifer in Kleve.

Syrer wäre Mitte Oktober aus der Haft entlassen worden

Außer dem Syrer hatten zehn weitere Menschen – acht Bedienstete und zwei Zellennachbarn – bei dem Gefängnisbrand Rauchvergiftungen erlitten. Gefängnisleiter Udo Gansweidt hatte einen Suizid unmittelbar nach dem Feuer als unwahrscheinlich eingestuft, weil der 26-Jährige nur noch bis Mitte Oktober hätte einsitzen sollen: „Für so ein paar Tage bringt sich kein Mensch um.“ Möglicherweise sei er mit einer Zigarette eingeschlafen, hatte es damals geheißen.

Der vermeintliche Haftgrund habe im Bereich der Kleinkriminalität gelegen: Eine nicht bezahlte Geldstrafe wegen Diebstahls. (dpa/les/jkali)