Köln. Talkmaster und TV-Koch Alfred Biolek blickt zurück auf Karriere und Freunde – und stellt sein Buch „Die Rezepte meines Lebens“ vor.

Alfred Bioleks Stimme ist etwas brüchiger. Manchmal überlegt er länger, was er antworten wird. Doch seine Augen fokussieren wie früher, sein Lächeln ist immer noch charmant und verschmitzt. Einer der bekanntesten Talkmaster, Entertainer und TV-Köche des deutschen Fernsehens stellt dieser Tage „Die Rezepte meines Lebens“ (Tretorri-Verlag) vor. Mit 84 Jahren soll das Kochbuch ein Abschluss sein, mit 600 Rezepten. Zum Gespräch ins Kölner Restaurant Acht begleitet ihn sein Adoptivsohn.

Warum heißt Ihr Buch „Die Rezepte meines Lebens“?

Alfred Biolek: Darin finden sich mehr als 600 Rezepte, die ich im Laufe meines Lebens gesammelt habe. Einige sind von meiner Mutter, andere von Gästen aus Sendungen wie „Alfredissimo“, die sie mitgebracht haben und gut schmeckten.

Der Titel hört sich ein bisschen nach Ende an, nach „Das ist es jetzt“.

Biolek: Ich bin jetzt 84 Jahre alt, da erwarte ich nicht mehr große Dinge im Leben. Ich plane nichts Neues mehr. Dieses Buch ist wirklich eine Art Abschluss. Vielleicht mein Opus magnum.

Wenn man Gäste hat, ist da eine Vorspeise nötig?

Biolek: Unbedingt. Auch wenn es nur etwas Kleines ist. Bei größeren Runden empfehle ich, den Gästen im Stehen ein Glas Champagner oder Riesling und dann Kleinigkeiten wie ligurische Crostini oder Räucherforellen-Mousse zu reichen. Aber die Vorspeise hängt immer vom Menü ab.

Was ist denn die ideale Gästezahl für zu Hause?

Biolek: Schauen Sie, als ich noch in Berlin gelebt habe, hatte ich manchmal 20, 30, sogar 50 Gäste. Zu den Berliner Filmfestspielen lud ich immer ein. Dann war mir das alles irgendwann zu viel, zu viele Bekannte. Deshalb bin ich nach Köln gezogen, wo ich viele alte Freunde habe. Da kommen mal zehn, mal auch nur einer zum Essen.

Das ist Talkshow-Pionier Alfred Biolek

Alfred Biolek gilt als Talk- und Kochshow-Pionier der deutschen Fernseh-Landschaft. Im Jahr 2010 zog er sich bei einem Sturz von einer Wendeltreppe schwere Verletzungen zu, fiel ins Koma und verlor sein Gedächtnis. Er hat sich zurückgekämpft. Bilder aus seiner Karriere.
Alfred Biolek gilt als Talk- und Kochshow-Pionier der deutschen Fernseh-Landschaft. Im Jahr 2010 zog er sich bei einem Sturz von einer Wendeltreppe schwere Verletzungen zu, fiel ins Koma und verlor sein Gedächtnis. Er hat sich zurückgekämpft. Bilder aus seiner Karriere. © imago stock&people | teutopress
Der promovierte Jurist startete seine Karriere 1963 in der Rechtsabteilung des ZDF, wo er sich jedoch schon bald auch der redaktionellen Tätigkeit widmete. Diese Aufnahme zeigt ihn bei einer Joghurtpause in der Redaktion.
Der promovierte Jurist startete seine Karriere 1963 in der Rechtsabteilung des ZDF, wo er sich jedoch schon bald auch der redaktionellen Tätigkeit widmete. Diese Aufnahme zeigt ihn bei einer Joghurtpause in der Redaktion. © imago/United Archives | Roba/RobaxArchiv
Der berufliche Durchbruch gelang ihm 1974 als Produzent der Sendung „Am laufenden Band“ mit Moderator Rudi Carrell.
Der berufliche Durchbruch gelang ihm 1974 als Produzent der Sendung „Am laufenden Band“ mit Moderator Rudi Carrell. © imago stock&people | teutopress
Von 1976 bis 1980 moderierte der promovierte Jurist die legendäre WDR-Talkshow „Kölner Treff“ und avancierte zu einer einzigartigen und unvergesslichen Fernsehgröße. Diese Aufnahme vom 25. Januar 1976 zeigt ihn bei der ersten Ausstrahlung mit Co-Moderator Dieter Thoma.
Von 1976 bis 1980 moderierte der promovierte Jurist die legendäre WDR-Talkshow „Kölner Treff“ und avancierte zu einer einzigartigen und unvergesslichen Fernsehgröße. Diese Aufnahme vom 25. Januar 1976 zeigt ihn bei der ersten Ausstrahlung mit Co-Moderator Dieter Thoma. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Roland Scheidemann
Von 1978 bis 1982 präsentierte der am 10. Juli 1934 in Freistadt (Tschechoslowakei) geborene Biolek über 30 Ausgaben der Musikshow „Bio’s Bahnhof“ – natürlich „live“. Veranstaltungsort war ein ehemaliges Eisenbahn-Depot in Köln.
Von 1978 bis 1982 präsentierte der am 10. Juli 1934 in Freistadt (Tschechoslowakei) geborene Biolek über 30 Ausgaben der Musikshow „Bio’s Bahnhof“ – natürlich „live“. Veranstaltungsort war ein ehemaliges Eisenbahn-Depot in Köln. © picture alliance / Horst Ossing | dpa Picture-Alliance / Horst Ossinger
Mit 14 Jahren trat eine gewisse Anke Engelke in „Bio’s Bahnhof“ auf. Der Start ihrer Karriere.
Mit 14 Jahren trat eine gewisse Anke Engelke in „Bio’s Bahnhof“ auf. Der Start ihrer Karriere. © WDR [A] | WDR
Aber auch bereits weltbekannte Stars wie Sammy Davis jr. gaben sich die Ehre. Biolek ermöglichte unter anderem Kate Bush, The Police und Monty Python in Deutschland kommerzielle Erfolge.
Aber auch bereits weltbekannte Stars wie Sammy Davis jr. gaben sich die Ehre. Biolek ermöglichte unter anderem Kate Bush, The Police und Monty Python in Deutschland kommerzielle Erfolge. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Horst Ossinger
In den 1980er-Jahren folgte die Talkshow „Bei Bio“, die Sendung „Show Bühne“ und die erfolgreiche Spiel-Show „Mensch Meier“.
In den 1980er-Jahren folgte die Talkshow „Bei Bio“, die Sendung „Show Bühne“ und die erfolgreiche Spiel-Show „Mensch Meier“. © imago stock&people | teutopress
Prominente Auftritte durften auch hier nicht fehlen. Sir Elton John kam, sang und plauderte.
Prominente Auftritte durften auch hier nicht fehlen. Sir Elton John kam, sang und plauderte. © imago stock&people | teutopress
Von 1991 bis 2003 war Biolek mit seiner wöchentlichen ARD-Talkshow „Boulevard Bio“ zu sehen.
Von 1991 bis 2003 war Biolek mit seiner wöchentlichen ARD-Talkshow „Boulevard Bio“ zu sehen. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Hermann Wöstmann
1996 war Helmut Kohl zu Gast. Es war das erste Mal, dass der damalige Bundeskanzler in eine Fernsehunterhaltungssendung kam.
1996 war Helmut Kohl zu Gast. Es war das erste Mal, dass der damalige Bundeskanzler in eine Fernsehunterhaltungssendung kam. © picture alliance/ASSOCIATED PRESS | AP Content
Von 1994 bis 2006 wurde – unter anderem mit Kultstar Guildo Horn – gekocht. Biolek gilt mit seinem Format „alfredissimo!“ als Vorreiter von Kochshows im deutschen Fernsehen.
Von 1994 bis 2006 wurde – unter anderem mit Kultstar Guildo Horn – gekocht. Biolek gilt mit seinem Format „alfredissimo!“ als Vorreiter von Kochshows im deutschen Fernsehen. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Wdr Michael Fehlauer
Aber auch ein Tröpfchen Wein wurde neben den Lieblingsgerichten der Gäste regelmäßig am Herd mit den Gästen verkostet – ein Markenzeichen der Sendung. Harald Schmidt kochte im Übrigen am 9. Oktober 2003 eine kalorienarme Kartoffel-Basen-Suppe, Biolek ein Balsamico-Honig-Kaninchen.
Aber auch ein Tröpfchen Wein wurde neben den Lieblingsgerichten der Gäste regelmäßig am Herd mit den Gästen verkostet – ein Markenzeichen der Sendung. Harald Schmidt kochte im Übrigen am 9. Oktober 2003 eine kalorienarme Kartoffel-Basen-Suppe, Biolek ein Balsamico-Honig-Kaninchen. © picture-alliance / dpa | dpa Picture-Alliance / Roland Scheidemann
2006 verabschiedete sich Biolek aus dem Fernsehen.
2006 verabschiedete sich Biolek aus dem Fernsehen. © WAZ FotoPool / Matthias Graben | WAZ FotoPool / Matthias Graben
Mit Dirk Bach verband ihn nicht nur eine Freundschaft, sondern auch eine geschäftliche Beziehung. Als Unternehmer war Biolek über die Pro GmbH für das Künstlermanagement von Dirk Bach (l.) und Ralph Morgenstern zuständig und hat unter anderem Sendereihen wie „Mitternachtsspitzen“, „Nightwash“, „Kaffeeklatsch“, „Blond am Freitag“ entwickelt und produziert.
Mit Dirk Bach verband ihn nicht nur eine Freundschaft, sondern auch eine geschäftliche Beziehung. Als Unternehmer war Biolek über die Pro GmbH für das Künstlermanagement von Dirk Bach (l.) und Ralph Morgenstern zuständig und hat unter anderem Sendereihen wie „Mitternachtsspitzen“, „Nightwash“, „Kaffeeklatsch“, „Blond am Freitag“ entwickelt und produziert. © Getty Images | Johannes Simon
2010 dann ein Schicksalsschlag: Er stürzte, lag im Koma. Er hat sich zurückgekämpft. Unterstützung erhält er von Adoptivsohn Scott Biolek-Ritchie. In diesem Jahr hat der 84-Jährige mit „Die Rezepte meines Lebens“ ein weiteres kulinarisches Buch herausgebracht. Essen ist bis heute einer der schönsten Genüsse seines Lebens, auch wenn er selbst kaum noch am Herd steht. Dennoch sei er „sehr glücklich“ mit seinem Leben, sagte Biolek: „Ich blicke ausschließlich mit positiven Gedanken zurück.“ Er lebe zu einem großen Teil von seinen Erinnerungen. „Das finde ich toll. Meine Erinnerungen tragen mich bis heute.“
2010 dann ein Schicksalsschlag: Er stürzte, lag im Koma. Er hat sich zurückgekämpft. Unterstützung erhält er von Adoptivsohn Scott Biolek-Ritchie. In diesem Jahr hat der 84-Jährige mit „Die Rezepte meines Lebens“ ein weiteres kulinarisches Buch herausgebracht. Essen ist bis heute einer der schönsten Genüsse seines Lebens, auch wenn er selbst kaum noch am Herd steht. Dennoch sei er „sehr glücklich“ mit seinem Leben, sagte Biolek: „Ich blicke ausschließlich mit positiven Gedanken zurück.“ Er lebe zu einem großen Teil von seinen Erinnerungen. „Das finde ich toll. Meine Erinnerungen tragen mich bis heute.“ © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch
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Kochen Sie noch selbst?

Biolek: Nein, das kann ich nicht mehr. Ich schneide noch Zwiebeln und helfe ein bisschen, aber kochen tut jemand anderes.

Sie haben das TV-Kochen in Deutschland erfunden. Was unterscheidet die neuen Sendungen von „Alfredissimo“?

Biolek: Ich schaue mir die neuen Sendungen nie ganz an, weil ich dann anfange, sie mit meiner zu vergleichen. Und dann ärgere ich mich, wenn eine Show gut ist. Oder bin glücklich, wenn ich sehe, dass unsere Show damals auch schon gut war.

Wer hat von Ihren prominenten Gästen besonders gut gekocht?

Nachwuchsmoderatorin Anke Engelke im Alter von 14 Jahren zu Gast bei Alfred Biolek im Jahr 1980.
Nachwuchsmoderatorin Anke Engelke im Alter von 14 Jahren zu Gast bei Alfred Biolek im Jahr 1980. © WDR [A] | WDR

Biolek: Die Léa Linster, die ist ja selbst Köchin. Eigentlich kann ich mich über keinen beschweren, alle meine Gäste haben sich bemüht. Und außerdem war das Gespräch ja auch wichtig. Inzwischen kann ich mich aber nicht mehr an alle Details aus meiner Vergangenheit erinnern. Aber alles war sehr schön. Ich hatte ein glückliches Leben.

Sie waren auch Ministrant in der katholischen Kirche. Wie haben Sie den gerade vorgestellten Missbrauchsbericht wahrgenommen?

Biolek: Ich bin platt und finde das unglaublich. Aber die katholische Kirche für ihren Umgang mit dem Missbrauch zu bewerten, das ist nicht meine Aufgabe.

Nach Ihrem Jura-Studium arbeiteten Sie in der Rechtsabteilung des ZDF. Schnell drängte es Sie vor die Kamera. Hat Ihr Vater, der auch Jurist war, Ihren TV-Erfolg noch miterlebt?

Biolek: Ja. Aber ich hatte mehr Kontakt mit meiner Mutter. Er lebte in Waiblingen und war dort politisch aktiv.

Von Mainz aus sind Sie 1970 nach München gezogen und änderten Ihr Leben radikal.

Biolek: Das war mein persönlicher Durchbruch. Ich fing bei der Bavaria an, änderte mein Aussehen, kleidete mich legerer und fühlte mich in München viel freier. Das hatte natürlich auch mit der Legalisierung der Homosexualität 1969 zu tun. Vorher hatte ich immer Angst vor Strafe.

Sie haben oft neue Formate erfunden. Wenn Sie heute noch einmal von vorne anfangen müssten, wären Sie dann Internetstar?

Biolek: Ich habe gar kein Internet, schreibe keine E-Mails und habe kein Handy. Also würde ich wohl wieder Fernsehen machen. Die Technik ist nicht wichtig, es geht darum, offen zu sein, neugierig, sich wahrhaft für Menschen zu interessieren. So habe ich immer gearbeitet. Und so neue Künstler wie Kate Bush, Monty Python oder The Police in Deutschland bekannt gemacht.

Einmal haben Sie sich aber über zu viel Offenheit geärgert, als Rosa von Praunheim Sie im TV öffentlich als homosexuell geoutet hat.

Biolek: Was Rosa von Praunheim gemacht hat, war ein Schlag in den Rücken für mich. Aber ich habe danach festgestellt, dass dieser Schlag auch eine große Verspannung gelöst hat. Böse auf ihn war ich nicht.

Wie waren die Reaktionen darauf?

Biolek: Nicht negativ. Viele junge Homosexuelle haben sich anschließend bei mir gemeldet und bedankt.

Es gab ein umstrittenes Gespräch in „Boulevard Bio“ mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl.

Biolek: Wir hatten damals als Erste die Idee, nur einen Gast für die ganze Sendung einzuladen. Und ich habe mit Helmut Kohl überhaupt nicht über Politik gesprochen, sondern nur mit ihm als Menschen. Das hat mir die Presse sehr übel genommen. Ich hatte nie so viel negative Reaktionen auf einen Gast. Aber gleichzeitig kam es beim Publikum gut an, wir hatten auch eine hohe Einschaltquote.

Gibt es jemanden, den Sie noch gern in der Sendung gehabt hätten.

Biolek: Eigentlich nicht, alle, die ich wollte, bekam ich auch.