Frankfurt/Berlin. Die Vernehmung begann verspätet und dauerte mehrere Stunden: Susannas mutmaßlicher Mörder hat bei der Haftprüfung umfassend ausgesagt.
Der im Mordfall Susanna verdächtige Ali B. hat die Tötung der 14-Jährigen laut Staatsanwaltschaft gestanden. „Er hat sich dahingehend geständig eingelassen, dass er Susanna F. umgebracht habe, eine Vergewaltigung wurde durch ihn allerdings bestritten“, teilte Oberstaatsanwalt Oliver Kuhn am Sonntagabend mit. „Als Motiv für die Tat gab er an, dass er aufgrund von Verletzungen im Gesicht von Susanna, die in Folge eines Sturzes entstanden sein sollen, befürchtet habe, dass diese die Polizei informieren werde.“
Diese Angaben habe der 20 Jahre alte Iraker noch in der Nacht zum Sonntag in einer polizeilichen Vernehmung gemacht und in einer Anhörung der Ermittlungsrichterin am Sonntag bestätigt. Die Aussage am Sonntag dauerte demnach „nahezu sechs Stunden“. Die Amtsrichterin ordnete Untersuchungshaft an, wie die Polizei Westhessen am Sonntagabend auf Twitter mitteilte.
Merkel spricht sich für schnellere Abschiebungen aus
Ali B. wurde daraufhin mit einem Hubschrauber in die Justizvollzugsanstalt Frankfurt I gebracht. Dort könne er im Fall einer Suizidgefährdung besser überwacht werden, hieß es in Ermittlerkreisen. Üblicherweise werden junge Untersuchungshäftlinge in der JVA Wiesbaden untergebracht.
Wut und Trauer nach dem Mord an Susanna
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich wegen des Falls Susanna für schnellere Abschiebungen abgelehnter Flüchtlinge ausgesprochen. „Für mich heißt die Lehre, bei allem, was jetzt auch in dem speziellem Fall tragisch, traurig, schrecklich ist, alles zu tun, dass wir diese Ankerzentren jetzt auf den Weg kriegen, dass jetzt wirklich auch schneller gehandelt werden kann“, sagte sie am Sonntag in der ARD-Sendung „Anne Will“.
„Der Fall zeigt doch, wie wichtig es ist, dass die Menschen, die keinen Aufenthaltsstatus haben, schnell ihr Verwaltungsgerichtsverfahren bekommen und schnell wieder nach Hause geschickt werden können.“ Sie sei überrascht, wie schwer es nun sei, in manchen Bundesländern in die Tat umzusetzen, was im Koalitionsvertrag vereinbart worden sei, sagte Merkel.
Ali B. kam am Samstag mit Lufthansa-Maschine zurück nach Deutschland
Ali B. hatte schon die Nacht zu Sonntag im Wiesbadener Polizeigewahrsam verbracht, nachdem ihn ein Polizeihubschrauber am Frankfurter Flughafen abgeholt hatte. Bundespolizisten hatten Ali B. am Samstag an Bord einer Lufthansa-Maschine aus der nordirakischen Stadt Erbil zurück nach Deutschland gebracht. Der Iraker steht im Verdacht, die am Mittwoch in Wiesbaden tot gefundene Susanna F. in der Nacht vom 22. zum 23. Mai vergewaltigt und getötet zu haben.
Der gewaltsame Tod von Susanna aus Mainz hat bundesweit für Aufsehen gesorgt. Ali B. steht im Verdacht, die 14-jährige Susanna F. in der Nacht vom 22. auf 23. Mai vergewaltigt und anschließend durch Gewalt gegen den Hals getötet zu haben. Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtete unter Berufung auf einen kurdischen Polizeiführer, Ali B. habe die Tat gestanden. Er habe ausgesagt, er sei mit dem Opfer befreundet gewesen. Nach einem Streit habe Susanna F. mit der Polizei gedroht, deshalb habe er sie getötet.
Forderungen nach politischen Konsequenzen werden laut
Nach der Gewalttat werden Forderungen nach politischen Konsequenzen laut. So sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Marian Wendt (CDU) der „Bild“, es sei an der Zeit, alle Flüchtlinge in Deutschland einer Überprüfung durch Nachrichtendienste und Polizei zu unterziehen.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer (CSU), würdigte die Festnahme von Ali B. als „großen Erfolg der Zusammenarbeit deutscher und kurdischer Sicherheitsbehörden“. „Der Fall ist ein erschreckendes Beispiel dafür, dass im Herbst 2015 nicht nur Schutzsuchende in unser Land gekommen sind, sondern auch kriminelle Straftäter“, sagte er der „Bild“-Zeitung.
Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag will über schnellere Asylverfahren beraten. Das sei seit längerem geplant gewesen, erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Stephan Harbarth (CDU) am Sonntag. Der Mordfall von Wiesbaden müsse aber für die Politik nochmals Anstoß sein, vor allem über eine Beschleunigung von Asyl-Prozessen nachzudenken.
AfD-Landeschef will Asylgesetze aussetzen lassen
Der rheinland-pfälzische AfD-Landesvorsitzende Uwe Junge forderte scharfe Kontrollen an den deutschen Grenzen und die sofortige Abschiebung straffälliger Ausländer. „Wir müssen die Asylgesetze zumindest vorübergehend aussetzen“, sagte er am Samstag bei einer Mahnwache vor der Mainzer Staatskanzlei mit rund 100 Teilnehmern.
Unterdessen warnten Politiker von Union und SPD vor einer politischen Instrumentalisierung des Falls. „Ich verwehre mich dagegen, wenn solche Fälle dafür genutzt werden, um Hass und Hetze zu verbreiten“, sagte Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) der Oldenburger „Nordwest-Zeitung“.
Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), sagte dem Deutschlandfunk, es dürfe nicht zugelassen werden, dass Hass gesät werde und ganze Gruppen unter einen Generalverdacht gestellt würden. Beide Politikerinnen verlangten eine konsequente Aufklärung des Gewaltverbrechens.
Für Montagabend hat der DGB in Mainz eine größere Trauerkundgebung angemeldet, auch die evangelische Kirche hat zur Teilnahme an dieser Versammlung aufgerufen.
Ethnologin: „Das ist kein Einzelfall mehr“
Aus Sich einer Expertin muss sich die deutsche Gesellschaft spätestens nach dem Fall Susanna Konzepte für den Umgang mit patriarchalisch geprägten und aggressiven Männern überlegen. „Das ist jetzt kein Einzelfall mehr“, sagte die Ethnologin und Leiterin des Forschungszentrums Globaler Islam an der Frankfurter Goethe-Universität, Susanne Schröter, mit Blick auf andere Fälle wie die Kölner Silvesternacht oder Kandel. „Es ist eine neue Situation und die hat etwas mit den vielen jungen Männern aus patriarchalischen Strukturen und Kulturen zu tun.“
Im Islam wie auch in anderen Religionen gebe es patriarchalisch geprägte Normen, die Gewalt und sexuelle Übergriffe legitimierten, so die Forscherin. Im Fall Susanna könne dies der Hintergrund sein: „Dieser junge Mann hatte ganz offensichtlich überhaupt keinen Respekt.“ Weder vor der deutschen Gesellschaft, noch vor Frauen oder Polizisten, so die Forscherin. Er habe das Mädchen als reines Sexualobjekt gesehen. (dpa/epd)