Dortmund. Im Prozess um den Anschlag auf Borussia Dortmund sagen Spieler und Ex-Trainer aus. Sie schildern, was sie im Bus durchstehen mussten.
Der Anschlag auf die Mannschaft des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund belastet auch heute noch die betroffenen Spieler und Betreuer. Das erklärten mehrere Leidtragende bei der Fortsetzung des Prozesses gegen Sergej W. am Montag vor dem Landgericht Dortmund in teilweise sehr persönlichen Aussagen.
„Das ist immer noch ein Thema in der Mannschaft. Ich kenne Spieler, die noch immer darunter leiden. Das war ein Anschlag auf das Leben“, sagte Torwart Roman Weidenfeller: „Das hat mein Leben verändert.“ Er selbst nehme seitdem psychologische Hilfe in Anspruch: „Man ist immer noch betroffen, immer noch schreckhaft.“
„Ich zucke bei lauten Geräuschen zusammen“
BVB-Kapitän Marcel Schmelzer erklärte, er zucke immer noch bei lauten Geräuschen zusammen. „Ich versuche, es wegzuschieben. Aber es gibt immer wieder Momente, in denen man denkt, was für ein Glück wir hatten.“
Anschlag auf BVB-Teambus in Dortmund
Für den ehemaligen Dortmunder Sven Bender waren der Anschlag und der Umgang damit sogar ein Grund für seinen Wechsel zu Bayer Leverkusen. Das traumatische Erlebnis „habe auch Einfluss“ darauf gehabt, größtenteils hätten aber sportliche Gründe den Ausschlag gegeben.
Thomas Tuchel: Anschlag war mitverantwortlich für meinen Weggang
Bender bezeichnete es im Nachhinein als „Fehler“, dass die Mannschaft am Tag nach dem Bus-Attentat zum Viertelfinal-Hinspiel der Champions League gegen den AS Monaco angetreten sei. „Für mich wurde das Thema schnell abgehakt. Das war schade, deshalb hat man auch nicht so viel drüber gesprochen“, sagte Bender.
Neben Weidenfeller, Schmelzer und Bender sagten auch der inzwischen bei 1899 Hoffenheim spielende Felix Passlack sowie mehrere Mitglieder des Betreuerteams aus. Auch Ex-Trainer Thomas Tuchel war am Montag als Zeuge geladen.
Der 44-Jährige machte den Bombenanschlag auf den Mannschaftbus mitverantwortlich für seinen Weggang vom Bundesligisten im Sommer 2017. „Es gab dadurch einen großen Dissens zwischen mir und Aki Watzke“, sagte Tuchel vor Gericht. „Der größte Dissens war wahrscheinlich, dass ich im Bus gesessen habe und er nicht.“
Tatmotiv soll Habgier gewesen sein
Der Angeklagte Sergej W. hat inzwischen gestanden, vor der Abfahrt des BVB zum Spiel gegen Monaco am 11. April am Teamhotel der Dortmunder drei Sprengsätze gezündet zu haben. Er bestreitet allerdings jegliche Tötungsabsicht.
Das Motiv soll Habgier gewesen sein, mutmaßlich wollte Sergej W. mit kreditfinanzierten Put-Optionen nach seiner Tat am sinkenden Kurs der BVB-Aktie verdienen.
Die Staatsanwaltschaft wirft W. versuchten Mord in 28 Fällen, das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und schwere Körperverletzung in zwei Fällen vor. Der ehemalige BVB-Innenverteidiger Marc Bartra hatte einen Armbruch und Fremdkörpereinsprengungen erlitten, ein begleitender Polizist ein Knalltrauma. (sid)