Wie Dating-Portale mit Fake-Profilen ihre Nutzer abzocken
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Von Jennifer Kalischewski
Berlin. Auf vielen Dating-Portalen betreiben Mitarbeiter Fake-Profile als Lockvögel für kostenpflichtige Angebote. Das sollten Nutzer beachten.
„Flirten, Chatten, Freunde finden! So flirtet man heute ...“ Und so wirbt die Online-Singlebörse Quaaxx.de auf ihrer Seite um Kunden. Eine junge Frau blickt einem adrett gekleideten Mann tief in die Augen, beide lächeln ein strahlendes Lächeln. „Kein Abo, hohe Flirtchancen, keine Verpflichtungen, keine versteckten Kosten“, heißt es auf der Internetseite. Keine nackte Haut, keine tiefen Dekolletés, keine muskelbepackten Typen mit nacktem Oberkörper. Alles wirkt ganz seriös.
Und doch ist Vorsicht geboten – denn wie die Abzocke auf Dating- und Flirtportalen im Internet läuft, zeigen häufig schon die allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Fake-Profile sollen Nutzer auf kostenpflichtige Dienste locken
Es handele sich um einen moderierten Dienst, lässt sich in den AGB von Quaaxx.de nachlesen. „Die Moderation dient dazu, die Aktivitäten über das Portal und damit die Umsätze des Betreibers zu erhöhen“, heißt es dort ganz unverblümt. „Dazu legen Moderatoren, die vom Betreiber beschäftigt werden, eine Vielzahl von Profilen fiktiver Personen an und geben sich als diese fiktive Person aus. (...) Es ist davon auszugehen, dass es sich bei sämtlichen weiblichen Profilen um fiktive Profile handelt, die von Moderatoren betrieben werden.“
Der Sinn hinter der Masche: Die Moderatoren hinter den Fake-Profilen versuchen, die Nutzer auf kostenpflichtige Dienste des Anbieters zu locken.
Auch vermeintlich seriöse Anbieter nutzen Fake-Profile
Quaaxx.de ist dabei kein Einzelfall. 187 Online-Dating-Portale arbeiten mit Fake-Profilen, hat das Marktwächter-Team der Verbraucherzentralen in Deutschland herausgefunden. Sie weisen – allerdings meist versteckt in den AGB – häufig sogar selbst auf diese fragwürdigen Praktiken hin. Und nicht nur bei Portalen wie date4sex.de, deinseitensprung.me oder jetztpoppen24.de, bei denen schon der Name zwielichtig klingt, sind die fragwürdigen Praktiken verbreitet.
Den „richtigen Partner für eine erfüllende und langfristige Beziehung“ zu finden, wie es das auf den ersten Blick durchweg seriös wirkende Portal PremiumKontakte verspricht? Schwierig, wenn man mit einem Scheinprofil in Kontakt tritt. Dabei lockt das Portal doch mit dem Satz: „Finde dein Glück.“
Fake-Profile sollen Mangel an Teilnehmern überbrücken
Auch bei PremiumKontakte sind Moderatoren am Werk, die hier Controller heißen und den AGB zufolge insbesondere dazu dienen, „eine Austauschmöglichkeit auch bei einem ggf. temporären Mangel an sonstigen (externen) Teilnehmern zu gewährleisten“.
Die Verbraucherzentralen haben nicht nur alle 187 Portale aufgelistet, die mit Fake-Profilen arbeiten, sondern auch Sätze aus den AGB, die auf die fiktiven Profile hinweisen. Neben den bereits genannten sind das etwa:
„Ein männliches Profil kann von einer weiblichen Moderatorin, ein weibliches Profil von einem männlichen Moderator betrieben werden.“
„Sie erkennen an und erklären sich damit einverstanden, dass diese Profile ausschließlich für Ihre Unterhaltung und zur Förderung Ihrer Nutzung unseres Service sind.“
„Aus dem Umstand, dass zu einem Profil Kontaktdaten angegeben werden, kann nicht gefolgert werden, dass sich hinter dem Profil eine wirklich existierende Person verbirgt.“
„Alle Äußerungen sowie alle von den fiktiven Profilen angegebenen persönlichen Daten sind Erfindungen der Moderatoren.“
„Die User sind ausschließlich zur Auslebung von virtuellen und erotischen Fantasien gedacht und es sind keine realen Treffen möglich (…).“
„Der Anbieter weist ausdrücklich darauf hin, dass im Chat beschäftigte Operatoren eingesetzt werden und tätig sind (…).“
„Um die Funktion zu gewährleisten, werden, wie allg. in solchen Flirtportalen und Kontaktvermittlungen im Internet üblich, vom Leistungsanbieter Animateure eingesetzt, die im System nicht gesondert gekennzeichnet werden, um die Kontaktplattform für die Nutzer attraktiv zu gestalten.“
Unterschied zwischen Kontaktbörse und Partnervermittlung
Ist die Hoffnung, im Internet die große Liebe zu finden, also aussichtslos? Oft reicht schon ein Blick in den Freundeskreis, um sich vom Gegenteil zu überzeugen. Langjährige Partnerschaften und sogar Ehen, die aus einem Online-Flirt entstanden sind – gibt es. Doch was sollte man beachten, wenn man im Netz nach dem Traumpartner sucht? Wie verhindert man Enttäuschungen und den Verlust von (viel) Geld?
Zunächst einmal ist es hilfreich, zwischen Kontaktbörsen und Partnervermittlungen zu unterscheiden. Bei Kontaktbörsen stellt der Anbieter lediglich die Plattform zur Verfügung, auf der der Suchende – meist kostenfrei – ein Profil anlegen kann. Auf die Suche nach dem oder der Richtigen muss der Nutzer dann selber gehen.
Partnervermittlung kaum erfolgsversprechender als Singlebörse
In der Regel fallen Kosten erst an, wenn ein Nutzer mit anderen Mitgliedern in Kontakt treten möchte und dafür beispielsweise eine Premiummitgliedschaft nutzt, beschreibt die Verbraucherzentrale auf ihrer Internetseite. Bei Kontaktbörsen werde „gechattet und geflirtet, was das Zeug hält“. Doch nicht jeder sei auf der Suche nach einer festen Beziehung.
Bei Partnervermittlungen wird den Nutzern die Suche nach einem geeigneten Partner auf Grundlage von Persönlichkeitstests oder -fragebögen abgenommen. Eine Garantie für einen Volltreffer gibt es allerdings nicht. Der Service sei zwar deutlich teurer, aber kaum erfolgversprechender als bei Singlebörsen, wie ein Testergebnis von „Stiftung Warentest“ bereits im Februar 2016 zeigte.
Hinweise auf unseriöse Anbieter im Netz
Stimmten persönliche Angaben nicht überein, fielen manche Nutzer von vornherein durch das Raster, beschreibt die Verbraucherzentrale den Grund. Auch wenn Suchende ein idealisiertes Bild von sich selbst erstellten, erhielten sie nicht immer die passenden Zuschriften. Probieren einsame Herzen immer wieder über einen langen Zeitraum solche Angebote aus, könne dies ganz schön ins Geld gehen, warnen die Verbraucherschützer.
Um den richtigen Partner zu finden, gilt wohl bei der Online-Partnersuche das Gleiche wie im wahren Leben auch: den Menschenverstand einschalten und im Zweifel ein gesundes Maß an Misstrauen walten lassen. Einige Tipps hält die Verbraucherzentrale bereit, um nicht auf unseriöse Anbieter im Netz hereinzufallen:
Vor einer Registrierung oder Vertragsvereinbarung sollte der Nutzer prüfen, ob Name, Adresse, Rufnummer sowie ein Verantwortlicher im Impressum genannt sind.
Auf jeden Fall sollte der Nutzer die allgemeinen Geschäftsbedingungen lesen und nicht zustimmen, ohne sie sorgfältig durchgegangen zu sein.
Ein gesundes Misstrauen sei hilfreich, um nicht auf Fake-Identitäten hereinzufallen.
Grundsätzlich sollten Kontaktversuche mit teuren 0900-Nummern gemieden werden.
Sehen Fotos zu professionell und die abgebildeten Personen wie retuschierte Fotomodels aus Hochglanzmagazinen aus, kann das ein Hinweis auf ein Fake-Profil sein.
Auch zu viel nackte Haut deutet auf einen Fake hin. Häufig würden Fotos von Erotik- oder Pornodarstellern kopiert, um Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Wenn das eigene Profil gerade erst in Arbeit und noch unvollständig ist, aber sich schon die ersten Nachrichten von potenziell Interessierten häufen, sollte man Verdacht schöpfen. Warum sollte jemand Interesse haben, ohne ein Foto oder nähere Informationen über einen Nutzer zu sehen?
Bleibt der Inhalt der Nachrichten belanglos und geht der Chat-Partner nicht auf Fragen oder auf Profilangaben ein, kann das auch ein Hinweis auf ein Fake-Profil sein. Solche inhaltsleeren Nachrichten können an mehrere Nutzer gleichzeitig verschickt werden.
Verdacht schöpfen sollte man, wenn Treffen nie möglich, immer kurzfristig abgesagt und auch Telefonate nicht angenommen werden.
Wenn ein Chat-Partner auf kostenpflichtige Dienste des Anbieters verweist, dort das Gespräch weiterführen möchte oder weitere Fotos hinter Bezahlschranke verspricht, geht es mit großer Wahrscheinlichkeit nicht um die Liebe, sondern ums Geld.
Bittet der Chat-Partner um Geld, etwa für den kranken Verwandten, ist höchste Vorsicht geboten. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat man es mit einem digitalen „Heiratsschwindler“ zu tun.