Berlin. Die Pläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kommen für die Verbraucher sehr plötzlich – und lösen neuen Ampel-Streit aus.

Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen, und das möglichst an jedem Heizkörper: Das hat die Koalition grundsätzlich beschlossen und es nimmt Formen an. Nach einem Referentenentwurf aus dem Haus von Robert Habeck (Grüne) sollen ab 2024 keine neuen Öl- und Gasheizungen mehr verbaut werden. Schon im Koalitionsvertrag von 2021 hatten sich SPD, Grüne und FDP geeinigt, dass ab Januar 2025 „jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden“ solle.

Nach dem dem Überfall Russlands auf die Ukraine und unter dem Eindruck der Energiekrise schärften die Koalitionäre noch einmal nach und zogen den Ausstieg erneut um ein Jahr nach vorne. Spätestens dann sollte „möglichst“ jede neu eingebaute Heizung diese Anforderung erfüllen. Ein Überblick, was genau geplant ist:

Was soll ab 2024 für neue Heizungen gelten?

Nach dem Gesetzentwurf von Mitte Februar, der dieser Redaktion vorliegt, soll ab dem 1. Januar 2024 keine Heizung mehr neu eingebaut werden, die rein fossil betrieben wird, also keine hundertprozentigen Gas- oder Ölheizungen.

Ausnahmen sind vorgesehen, wenn zum Beispiel eine fossile Heizung irreparabel kaputt ist und ersetzt werden soll. In diesem Fall können Hausbesitzer diese vorübergehend mit einer ebenso fossilen Heizung ersetzen, sofern innerhalb von drei Jahren nach Ausfall eine Anlage eingebaut wird, die den neuen Anforderungen genügt. Außerdem soll es in Ausnahmefällen Härtefallregelungen geben, unter denen auch weiterhin fossile Heizungen eingebaut werden können.

Das Bundeswirtschaftsministerium betont auf Anfrage, dass es „aktuell noch keine finalen Entwürfe“ gebe, Wirtschafts- und Bauministerium würden die Novelle derzeit noch erarbeiten.

Was plant Habeck für Heizungen im Bestand?

Wer aktuell eine funktionierende Öl- oder Gasheizung hat, muss erst einmal nichts machen, die Quote von 65 Prozent erneuerbarer Energie ab 2024 gilt nur für neu eingebaute Heizungen. Unabhängig von Habecks Plänen müssen Hausbesitzer fossile Heizungen allerdings nach 30 Jahren Betrieb austauschen. Diese Pflicht besteht schon jetzt.

Generell gilt außerdem: 2045 soll Deutschland klimaneutral sein, in allen Sektoren, also auch bei Gebäuden. Spätestens dann muss also auch für bestehende Gas- und Ölheizungen Schluss sein.

Welche Alternativen gibt es?

Jenseits von Öl und Gas gibt es unterschiedliche Typen von Heizungen, die auf regenerative Energie zurückgreifen. Das können Wärmepumpen sein, aber auch Anlagen, die ans Fernwärmenetz angeschlossen sind, Pelletheizungen, Stromdirektheizungen oder hybride Lösungen, bei denen zum Beispiel eine Ölheizung und eine Wärmepumpe kombiniert werden. Lesen Sie dazu: Ölheizung ab 2024 verboten? Diese Alternativen gibt es jetzt

Welche Förderung ist möglich?

Wer seine Heizung klimafreundlich neu aufstellen will, bekommt dafür Unterstützung vom Staat. Die Förderung für eine Wärmepumpe etwa kann bis zu 40 Prozent der Kosten betragen, sofern alle Auflagen erfüllt werden. Das setzt sich zusammen aus einem „Basis-Zuschuss“ von 25 Prozent, einem Heizungs-Tausch-Bonus von 10 Prozent und einem Wärmepumpen-Bonus von 5 Prozent.

Dabei bleibt es möglicherweise nicht: Bei einem Besuch in der Lausitz am vergangenen Mittwoch hatte Habeck deutlich gemacht, dass er noch mehr Förderbedarf bei der Wärmewende sehe. Die Förderung müsse sich so gestalten, dass Menschen auch mit kleinerem Geldbeutel nicht davon abgehalten werden, ein Haus zu sanieren, eine Wärmepumpe einzubauen oder den Gasbrenner rauszunehmen, sagte der Grünen-Politiker. Die Bundesregierung müsse finanziell die Möglichkeiten schaffen, dass man die Differenz zu einer günstigeren Gasheizung tragen könne, so Habeck.

Welche Reaktionen gibt es auf die Pläne des Wirtschaftsministers?

Auf das grundlegende Vorhaben hatten sich die Koalitionspartner zwar geeinigt, doch mit dem, was das Wirtschaftsministerium erarbeitet hat, ist die FDP unzufrieden: Der Entwurf „fällt weit hinter die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag zurück und bedarf daher einer grundlegenden Überarbeitung“, sagte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler dieser Redaktion.

Man habe sich auf das Ziel verständigt, dass jede neue Heizung künftig mit 65 Prozent Erneuerbaren betrieben wird. „Auf politische Technologieentscheidungen haben wir dabei jedoch ganz bewusst verzichtet.“ Eine Gasheizung könne diese Anforderungen durch den Einsatz von Biogas oder Wasserstoff ebenso erfüllen wie eine Wärmepumpe, so Köhler.

Bei der SPD ist man den Plänen gegenüber aufgeschlossener, hat aber konkrete Vorstellungen zur Umsetzung. „Für uns ist es wichtig, dass wir auch im Gebäudebereich unsere Klimaziele erreichen“, sagte Fraktionsvize Matthias Miersch dieser Redaktion. „Dabei müssen wir aber alle mitnehmen und dürfen die Menschen nicht überfordern.“ Es sei entscheidend, dass das Gesetz eng mit der kommunalen Wärmeplanung vor Ort verzahnt werde.

„Es würde beispielsweise keinen Sinn ergeben, die Gasheizung durch eine Wärmepumpe zu ersetzen, wenn das Gebäude dann zwei Jahre später an die Fernwärme angeschlossen werden kann.“ Neue Heizungsanlagen sollten ab 2024 fit für Erneuerbare oder Wasserstoff sein. Man werde sich den Entwurf genau anschauen, sobald er das Parlament erreiche, und „darauf achten, sozial-ausgewogene und pragmatische Lösungen zu finden.“

Die grüne Vize-Fraktionschefin Julia Verlinden erinnerte daran, dass die Koalition sich – „angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine“ –bereits vor einem Jahr darauf verständigt hatte, den Plan aus dem Koalitionsvertrag vorzuziehen. „Wir gehen davon aus, dass sich alle Koalitionspartner und -partnerinnen entsprechend der getroffenen Absprachen konstruktiv am Gesetzgebungsprozess beteiligen.“ Erneuerbar erzeugte Wärme schütze Bürgerinnen und Bürger vor Preissprüngen von Öl und Gas, so Verlinden. „Jede ersetzte Gas- oder Ölheizung macht uns unabhängiger von autoritären Regimen und damit robuster für kalte Winter.“

Scharfe Kritik kam dagegen von der Opposition – und von Eigentümervertretern. Andreas Jung, stellvertretender Vorsitzender der CDU, warf der Regierung vor, Planungssicherheit zu beschädigen: „Die Ampel hat bei der Förderung Chaos verursacht, verschleppt jetzt mit Dauerstreit das Gesetz und gleichzeitig fordert Robert Habeck nun ein schnelles Verbot schon im nächsten Jahr“, sagte er dieser Redaktion. „Das ist Ampel-Zoff auf dem Rücken von Häuslebauern.“

Präsident Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbands Haus Grund sagte, der Gesetzentwurf enthalte „zahlreichen Pflichten und Detailvorgaben, ohne dass klar werden würde, wie diese in der Praxis umgesetzt werden können.“