Berlin. Schneeschippen im Winter ist eine ungeliebte Bürgerpflicht. Doch die Umstände können für Vorbelastete gesundheitlich riskant sein.

Glätte gehört zu den Tücken des Winters und hat sich schon für viele Menschen in einer schmerzhaften Rutschpartie niedergeschlagen. Genau deshalb ist es auch für Hauseigentümer gemäß Paragraf 823 des Bürgerlichen Gesetzbuches verpflichtend "Gefahrenquellen zu beseitigen". Inbegriffen sind verschneite oder vereiste Bürgersteige an der Grundstücksgrenze. Doch für manche Anwohner kann das Schneeräumen fatale Folgen für die Gesundheit haben.

Gemeint sind damit nicht etwa Verletzungen im Schulter-, Rücken- und Nackenbereich, die durch eine mangelhafte Schipptechnik verursacht werden. Wer an einer Herz-Kreislaufschwäche leidet, sollte das Schneeräumen mit Vorsicht angehen. Denn die Kombination aus Kälte und Bewegung kurz nach dem Aufstehen stellt ein ernstzunehmendes Risiko für einen Herzinfarkt dar.

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Gesundheitsrisiko extreme Kälte – Herzschlag durch Schneeschaufeln?

Für vorbelastete Menschen kann extreme Kälte der Auslöser für ein "Herzereignis" sein, wie Kardiologen sagen. Um den Organismus gegen das Auskühlen zu schützen, ziehen sich die die Blutgefäße in der Haut zusammen. Dadurch sinkt nicht nur der Sauerstofftransport in den Arterien, was zu einem stärkeren Belastungsempfinden führt. Es erhöht auch den Widerstand gegen den das Herz anpumpen muss. In der Folge kann es zu einer Herzattacke kommen.

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Wie gravierend die Auswirkungen geringer Temperaturen auf den menschlichen Körper sein können, verdeutlicht eine kanadische Studie, die 2017 im Gesundheitsfachmagazin "Canadian Medical Association Journal" erschien. Wissenschaftler der University of Quebec im kanadischen Montreal arbeiteten mit Medizinern aus Harvard zusammen, um Herzinfarkte in den Wintermonaten zwischen 1981 und 2014 zu evaluieren. Von 200.000 untersuchten Fällen endeten 68.000 tödlich. Dabei zeigte das Forscherteam die Risiken des Schneeschippen auf.

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Männer müssen oft Schneeräumen – Besonders anfällig für Herzerkrankungen

Als Tätigkeit, die 75 Prozent der körperlichen Leistungsfähigkeit oder mehr in Anspruch nehme, gehört das Schneeschaufeln in den Wintermonaten zu den häufigsten Auslösern einer Herzattacke. Den Wissenschaftlern zufolge birgt der starre Bewegungsablauf mit steifem Oberkörper und wiederholenden, anspruchsvollen Armbewegeungen die Gefahr einer Herzrhythmusstörung. Das Zusammenspiel niedriger Außentemperaturen und kalter inhaltierter Luft steigere das Gesundheitsrisiko zusätzlich.

Maximale Bußgelder für nicht geräumte Fußwege bei Schneefall und Glätte in ausgewählten Bundesländern:

  • Baden-Württemberg: 500 Euro
  • Brandenburg: 2.500 Euro
  • Hamburg: 50.000 Euro
  • Mecklenburg-Vorpommern: 1.300 Euro
  • Schleswig-Holstein: 511 Euro

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Eine weitere Beobachtung aus der Erhebung, die sich auf die kanadische Provinz Quebec beschränkt, ist die ungleichmäßige Verteilung von Herzinfarkten im Zeitraum von November bis April zwischen Männern und Frauen. Grund hierfür sei nicht nur die besondere Anfälligkeit von Männern für kardiovaskuläre Erkrankungen, sondern die klare gesellschaftliche Rollenverteilung, die Männer üblicherweise als Verantwortliche fürs Schneeschippen identifiziert.

Je kälter, desto mehr Todesfälle – Achtung vor Schneeschippen bei Tauwetter

Gestützt wird die Beobachtung von einer anderen Untersuchung. Besonders bei extremer Kälte und starkem Schneefall erhöht sich das Risiko auf Herz-Kreislaufprobleme. Zu diesem Ergebnis kommt eine Vergleichsstudie, die in 27 Ländern auf fünf Kontinenten über einen Zeitraum von 40 Jahren durchgeführt wurde. Den Erhebungen zufolge steigt die Sterblichkeitsrate bei extrem kalten Temperaturen um 33 Prozent. Sogar um 37 Prozent ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, an einer chronischen Herzkrankheit zu sterben.

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Speziell beim Schneeschippen gibt es aber eine weitere Auffassung. Wie der Leitende Oberarzt für Kardiologie an der Leipziger Uniklinik, Dr. Marcus Sandri, dem "MDR" mitteilte, sind Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt besonders tückisch: "Dann ist der Schnee nämlich matschiger und dadurch schwerer und das Schneeschieben noch anstrengender." Er warnt deshalb vor zu großen Belastungen unter widrigen Witterungsbedingungen wie etwa Tauwetter: "Auf Beschwerden beim Schaufeln sollte man sehr schnell hören und zügig reagieren. Jeder Brustschmerz muss abgeklärt werden!"