Berlin. Wie viel Überwachung kann eine Demokratie aushalten? Der Bundesdatenschutzbeauftragte ist in Sorge.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte, Ulrich Kelber, hat die Pläne der großen Koalition zur Ausweitung der Überwachungsbefugnisse der deutschen Geheimdienste scharf kritisiert.

"Das Ausmaß der staatlichen Überwachung übersteigt mittlerweile das für eine Demokratie erträgliche Maß", sagte Kelber im Interview mit dem "Spiegel".

Die Bundesregierung will den Geheimdiensten künftig erlauben, Kommunikation über WhatsApp und andere verschlüsselte Messenger-Dienste mitzulesen. Das Kabinett entschied kürzlich, dass der Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst und der Militärische Abschirmdienst (MAD) künftig nicht nur laufende Gespräche via Messenger überwachen dürfen sollen, sondern auch Botschaften, die per Messenger verschickt werden. Bei dieser Telekommunikationsüberwachung wird Spähsoftware auf die Endgeräte von Verdächtigen aufgespielt.

"Die Nachrichtendienste sollten keine solchen zusätzlichen, massiven Eingriffsmöglichkeiten in die Privatsphäre erhalten", betonte Kelber. Damit würden potenziell alle Lebensbereiche Gegenstand von Überwachung. Deutschland sei bislang zu Recht stolz auf die Sicherheit und Verlässlichkeit seiner IT-Infrastruktur, sagte Kelber.

Befürworter des Entwurfs sagen, damit wäre der Inlandsgeheimdienst von seinen Möglichkeiten her bloß wieder auf dem Stand angekommen, auf dem er vor der Erfindung von Internet und Mobilfunk war. Damals genügte es, Festnetztelefone abzuhören.

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