Montefioralle. Mittelalterliche Orte und verwunschene Keller: In der toskanischen Landschaft wachsen heute Qualitätsweine und laden zum Probieren ein.

Dass Vati mit Mutti und den Kindern in aller Seelenruhe im VW Käfer über die Alpen Richtung Süden schaukelte, auf den Lippen vielleicht voller Vorfreude den Schlager-Ohrwurm vom Chianti-Wein, ist schon seit ein paar Jahrzehnten Geschichte.

Geblieben ist uns Deutschen allerdings die Liebe für das Sehnsuchtsland unserer Vorfahren und ganz besonders für eine der bekanntesten Regionen von Bella Italia: die Toskana. Verändert hat sich hingegen das Image des viel besungenen Roten, den viele noch als süffigen, nicht eben hochwertigen Tropfen in der bauchigen, strohumwickelten Flasche kennen. Chianti.

Malerische Straßen führen zu einsamen Landhäusern

So wie der Wein heißt auch die sparsam besiedelte Landschaft im Zentrum der Toskana – ein Garten Eden, den der Mensch im Laufe von Jahrhunderten durch seiner Hände Arbeit geformt hat. Und um den Florenz im Norden und Siena im Süden einen ebenso langen wie unerbittlichen Kampf ausfochten.

Zwischen dem Grün von Wäldern und Zypressensäulen, Feldern und Olivenhainen überziehen heute riesige Rebflächen, in deren schnurgeraden Reihen die Trauben an knorrigen Stöcken hängen, das zart gewellte Land. Schmale Straßen winden ihr graues Band malerisch um die Hügel des Chianti und führen zu einsamen Landhäusern und alten Dörfern, die auf den Anhöhen residieren und von ihrem Logenplatz schöne Rundumblicke genießen.

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    Ruhepause auf der hübschen Piazza mit Ausblick

    Auch nach Barberino müht sich der Asphalt bergan und liefert die Touristen vor dessen historischem Zentrum ab. Hoch über dem Elsatal liegt es verkehrsberuhigt zwischen zwei Stadttoren. Eine übersichtliche Anzahl schmaler Gassen, begleitet von betagten Steinhäusern, zwei Plätze, ein paar Geschäfte und etwa ebenso viele Restaurants, in denen man die Wahl zwischen einer einfachen Pizza und einem Mehr-Gänge-Menü mit toskanischen Spezialitäten hat – das war’s.

    Schnell ist der Altstadtkern erkundet. Entsprechend viel Zeit bleibt für eine Ruhepause auf der hübschen Piazza vor der Kirche, die wie eine Terrasse über der Landschaft thront. Hier treffen sich die alten Frauen des Ortes gern auf einer Bank auf einen abendlichen Plausch.

    Geranien treiben Romantikfaktor in die Höhe

    So wie in Barberino hält sich auch im nordöstlich gelegenen Montefioralle die Menge an Besuchern in bescheidenen Grenzen. Und so wie Barberino liegt das verträumte Weinbauerndorf weit oben in den Hügeln. Wer mit dem Auto kommt, findet mit etwas Glück eine Parkmöglichkeit auf dem kleinen Platz unterhalb der Chiesa di Santo Stefano. Was die meisten bei ihrer Ankunft aber nicht ahnen: Das gotische Kirchlein, das im 19. Jahrhundert eine Reihe von Umbauten erfuhr, ist Anfang und Ende einer kaum zehn Minuten dauernden Besichtigungstour.

    Denn Montefioralle besitzt nur eine einzige Straße, und die führt als Rundkurs in Nullkommanix durch den Ort. Ihr holpriges Pflaster füllt die tiefen Schatten zwischen den mittelalterlichen Fassaden, vor denen Geranien in mediterranen Tontöpfen stehen und den Romantikfaktor in die Höhe treiben.

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      So klein Montefioralle ist, so still ist es. Seine Besucher bewegen sich in ehrfürchtiger Zurückhaltung durch die „Hauptstraße“, wo kaum ein Laut aus den geschlossenen Fensterläden dringt, wo kein Geschäft für Betriebsamkeit sorgt und neben einer Taverne nur ein Café einen Hauch touristischen Lebens verströmt.

      Castello di Verrazzano ist exquisite Adresse

      Eine Reise durch den Mikrokosmos des Chianti passiert viele solch schöner Dörfer. Und auch ein paar Städtchen liegen am Weg. Darunter Greve, die „Kapitale“ der Region. Auf deren von Arkadengängen gesäumter, zentraler Piazza Matteotti versorgt uns die Statue von Giovanni da Verrazzano mit einer guten Idee für eine weitere Besuchsetappe.

      Denn Italiens berühmter Seefahrer, der die Bucht von New York sowie den größten Teil der amerikanischen Ostküste entdeckte, bevor (wie es heißt) sein letztes Stündlein auf den Bahamas als Opfer kannibalischer Einheimischer schlug, wurde 1485 auf dem Castello di Verrazzano geboren. Über 500 Jahre später empfiehlt sich genau dieses Schloss als exquisite Adresse für eine Weinprobe.

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        Chianti-Classico besteht hauptsächlich aus der roten Sangiovese-Traube

        Das Schloss der Familie Verrazzano liegt zwischen Florenz und Siena und damit im Kerngebiet des Chianti, wo der Wein Chianti Classico seine Heimat hat. Ein Großteil seiner Erzeuger ist in einem Verband organisiert, dessen Markenzeichen der Gallo Nero, der schwarze Hahn, ist und der mit Argusaugen über die Einhaltung diverser Auflagen bezüglich Anbau, Alkoholgehalt oder Lagerung wacht, um sich vom übrigen Chianti-Gebiet abzugrenzen.

        Die Rebstöcke des Chianti Classico, der hauptsächlich aus der roten Sangiovese-Traube besteht, wachsen auf kalksteinhaltigen Böden und profitieren von heißen Sommern, kalten Wintern und einer Übergangszeit, die sie mit genug Feuchtigkeit versorgt.

        Wunderbar restauriertes Herrenhaus

        Im Anbaugebiet des Chianti Classico liegen zahlreiche Weingüter, die zum Verkosten ihrer Qualitätsweine einladen. So auch das Castello di Verrazzano, das nahe Greve auf der Spitze eines Hügels ruht, wo in grauer Vorzeit schon die Etrusker, gefolgt von den Römern, siedelten. Knapp zwei Kilometer führt ein Weg von der Straße durch den Wald hinauf zu dem wunderbar restaurierten Herrenhaus, das über ein weitläufiges Anwesen mit seit 1000 Jahren unveränderten Grenzen herrscht.

        Die namengebende Familie starb mit dem letzten Verrazzano 1819 aus. Heute ist hier Luigi Giovanni Cappellini Herr über 230 Hektar Land, wobei nur 72 Hektar mit Reben und Olivenbäumen bepflanzt sind. „Der Rest ist Wald“, so der Padrone, „denn die Landschaft soll natürlich bleiben.“

        Geführte Touren erlauben Blick hinter die Kulissen

        Die Leidenschaft der Cappellinis für ihren in den 1950er-Jahren erworbenen Besitz, dessen jahrhundertelange Tradition des Weinkelterns sie perfektioniert haben, ist kein Geheimnis. Besucher können zu festen Terminen an geführten Besichtigungen teilnehmen und einen Blick hinter die Kulissen des erfolgreichen Unternehmens werfen.

        Bei der aus der Spätrenaissance stammenden Villa bleiben die Türen für die Öffentlichkeit allerdings verschlossen, nur ihr Garten ist Teil des Rundgangs – ein paradiesisches Stück Land mit einer Zypressenallee, die das Tor mit der Haustür verbindet, einem riesigen Wasserbecken, in dem ein Springbrunnen plätschert, mit duftenden Zitronenbäumchen und Rosen, die sich an Steinmauern hochziehen.

        Im schummrigen Gewölbekeller reift der Wein in Eichenfässern

        Auf der Terrasse bieten sich großartige Ausblicke über Wald, Olivenhaine und Weinberge. Dank eines optimalen Mikroklimas gedeihen dort mit Sangiovese, Merlot, Canaiolo, Cabernet Sauvignon und Colorino die Zutaten für die roten Spitzenweine des Hauses. Daran vorbei gelangen die Besucher ins Allerheiligste.

        Im schummrigen, verwinkelten Gewölbekeller aus dem 16. Jahrhundert reift der Wein in riesigen Eichenfässern, füllen Olivenöl hübsche Terrakottaamphoren und Balsamico kleine Fässchen, liegt die private Weinkollektion des Besitzers unter einer dicken Staubschicht begraben. Zurück im Tageslicht geht’s dann ans Probieren, wobei unter anderem ein Chianti Classico und Chianti Classico Riserva im Glas einen ohnehin schon gelungenen Tag vervollkommnen.

        Tipps & Informationen

        Anreise Von Berlin aus z. B. mit Lufthansa über Frankfurt nach Florenz. Weiter mit dem Mietwagen.

        Übernachtung Zum Castello di Verrazzano in Greve gehört der Bauernhof „Casanova“. Umgeben von Weinbergen logieren Gäste dort in sieben Zimmern und zwei Ferienwohnungen. DZ/F ab 88 Euro, Zwei-Personen-Wohnung 125 Euro/Tag, www.verrazzano.com

        Restaurant Gute toskanische Küche mit gigantischer Auswahl an Pizzen gibt es bei L’Archibugio, einem Ristorante am Ortsrand Barberinos mit „aussichtsreicher“ Gartenterrasse.

        (Die Reise wurde unterstützt von Toscana Promozione Turistica,
        www.toscanapromozione.it)