Hamburg. Warmes Licht und Farben, Plaids aus Wolle, weiche, samtige Stoffe – dies alles sind gute Garanten, dass es zu Hause gemütlich wird.

Wenn die Tage im Herbst langsam kühler und kürzer werden, dann steigt die Lust, es sich zu Hause so richtig kuschelig zu machen. Mit Wolldecke, Kerzenlicht, einer Tasse Tee und vielleicht auch ein paar neuen Ideen für das eigene Heim.

Wenn vom Homing oder Hygge die Rede ist, wissen viele längst, was gemeint ist: Dahinter steht ein ehrliches Bedürfnis nach Wohlbefinden in den eigenen vier Wänden.

Eine tiefe Sehnsucht, die sich sehr deutlich in den aktuellen Wohntrends widerspiegelt.

„Die Schnelllebigkeit in dieser digitalen Zeit führt zu einem gesteigerten Bedürfnis, sich mit Dingen zu umgeben, die Wärme und Behaglichkeit ausstrahlen“, sagt Designerin Claudia Herke, die zusammen mit zwei Kolleginnen das Stilbüro Bora.Herke.Palmisano leitet und regelmäßig Trendschauen im Auftrag der Messe Frankfurt ausrichtet – dazu gehört auch die Interior-Messe Nordstil in Hamburg.

Blau- und Grüntöne sind angesagt

Dort konnte man zuletzt beobachten, dass sich die Suche nach Wärme verstärkt auch in den Farben ausdrückt: Gefragt sind hoch pigmentierte, satte und elegante Farben wie Petrol, Beeren- oder auch dunkle Braun- und kreidige Toffee-Töne, die an Schokolade und Kaffee erinnern und optisch wärmen.

Dazu kommen eindrucksvolle Blau- und Grün-Nuancen, wie sie etwa Farrow & Ball, die britische Manufaktur für Farben und Tapeten, erst vor Kurzem präsentiert hat.

Warm und satt erscheint dieser Grünton der britischen Manufaktur Farrow & Ball. 
Warm und satt erscheint dieser Grünton der britischen Manufaktur Farrow & Ball.  © Farrow & Ball | Farrow & Ball

Da in diesem Herbst verstärkt mit ganzen Farbkonzepten gearbeitet wird, findet sich die Farbtiefe auch bei den Materialien wieder. „Sie zeigt sich in anschmiegsamen, volumigen Stoffen“, sagt Claudia Herke.

„Immer wieder sieht man weiche, schallisolierende Wollteppiche und fast überall Samt.“ Letzterer dominiert nicht nur bei Kissen, sondern auch bei Sitzmöbeln, die gern extravagant sein dürfen.

Samt und Rosé erleben Renaissance

Dass die Menschen ihre eigenen vier Wände in stressigen Zeiten zunehmend als Rückzugsort und Wellness-Oase betrachten, beobachtet auch die Interior-Expertin Janina Krinke.

Vor zwei Jahren hat sie ihr eigenes Geschäft, Bon Voyage Interior, in Eppendorf eröffnet, in dem sie sehr liebevoll schöne Dinge aus aller Welt inszeniert – gerade erst hat sie die Ladenfläche noch einmal um 60 Quadratmeter erweitert.

„Der Trendstoff Samt wird gern in Senf- und Aquatönen genommen, auch Rosé ist ein großes Thema, sogar bei Materialien wie Marmor“, sagt die Geschäftsfrau, die auf Wunsch für Kunden auch ganze Wohnkonzepte kreiert.

Niemals einen Raum nur mit einer Lichtquelle versehen

Da außer glamourösen Goldverzierungen aktuell Messingelemente ein wichtiges Thema sind, rät die Interior-Spezialistin auch zu Gardinenstangen aus mattem Messing, an denen sich schwere Samtvorhänge, die leicht auf den Boden auffallen, wunderbar in Szene setzen lassen.

Wie wichtig eine atmosphärische Beleuchtung ist, bei der gar nicht so sehr das Design der Leuchte im Vordergrund steht, betont Delia Fischer, Gründerin des Online-Shops Westwing.

Hell und trotzdem behaglich wirkt dieser Raum, in dem viele natürliche Materialien zum Einsatz kommen.
Hell und trotzdem behaglich wirkt dieser Raum, in dem viele natürliche Materialien zum Einsatz kommen. © WestwingNow.de | WestwingNow.de

„Für eine gemütliche Atmosphäre spielt Licht eine wesentliche Rolle. Einen Raum niemals mit nur einer starken Lichtquelle ausleuchten, sondern immer auf indirekte Beleuchtung setzen. Und unbedingt viele Kerzen anzünden!“, lautet ihr Rat.

Vor Kurzem hat die erfolgreiche Unternehmerin einen Pop-up-Store am Neuen Wall eröffnet, wo sie auf 800 Quadratmetern stilsicher Neuheiten versammelt hat.

Mit Kissen und Stoffen mutige Akzente setzen

Komplett neu einrichten muss sich natürlich niemand, der es zu Hause kuscheliger haben möchte. Gekonnt lassen sich Akzente auch mit Accessoires setzen.

Unkomplizierte Helfer sind Kissen, die sich schnell arrangieren lassen – und mit denen man auch mal mutiger Farben und Muster ins Spiel bringen kann. Nur keine Scheu dabei. „Beim ‚Urban Chic‘ dürfen Materialien, Formen und Farben fröhlich gemixt werden“, ermuntert Kirstin Ollech, Keativ-Direktorin der Schöner-Wohnen-Kollektion. Schön sei auch die Stilrichtung „Pure Comfort“, die für die lässige Natürlichkeit des modernen Landhaus-Looks stehe.

Zu entdecken sind hier grazile Möbel aus Holz, viel Helles, aber auch das Spiel mit Kontrasten. „Natürlich lässt sich große Wirkung auch mit Kerzen, schönen Leuchten und gestrickten Plaids erreichen“, verrät Vanessa Ibing von Vau ntrr.

Sie präsentiert an der Hegestraße ausgesuchte Wohnaccessoires und Möbel. „Zusätzliche Akzente setzen Vasen und Gefäße aus farbigem Glas sowie Porzellan und schwere Keramik.“

Auch Pflanzen bringen Behaglichkeit

Laut Stilexpertin Claudia Herke hat sich das Naturthema zu einer verlässlichen Größe entwickelt, das sich pro­blemlos immer wieder neu interpretieren lässt.

„Alles, was mit haptischen Eindrücken zu tun hat – schön gemasertes Holz oder fein Gearbeitetes aus Stein – gefällt, weil es für Behaglichkeit steht. Deshalb liegen auch Naturpflanzen in Räumen derzeit so stark im Trend.“

Pflanzen, gern auch in der hängenden Variante, stehen für den Urban Jungle-Style.
Pflanzen, gern auch in der hängenden Variante, stehen für den Urban Jungle-Style. © Messe Frankfurt | Jean-Luc Valentin

Von „Botanical Living“ spricht man in diesem Fall. Wer sehen möchte, wie so etwas ausschauen kann, sollte Zelda Czok und ihr Geschäft Winkel van Sinkel besuchen. Dort präsentiert sie in einer denkmalgeschützten Tankstelle am Grindelberg einen „Urban Jungle“ mit mehr als 400 Pflanzen und damit auch ein wenig Amsterdamer Lifestyle, wie auf ihrer Homepage zu lesen ist. „Pflanzen bringen Seele in unsere Räume“, sagt Zelda Czok.

Sukkulenten seien nach wie vor beliebt, weil sie einfach zu pflegen seien. Für Behaglichkeit sorge eine Pflanze aber keineswegs bloß durch ihre Farbe und Struktur, sondern vor allem durch den Umstand, dass man eine Beziehung zu ihr aufbaue.

Und wenn man sein neu hergerichtetes Refugium dann auch noch mit dem warmen Licht einer Duftkerze kombiniert, können einem Dunkelheit und Schmuddelwetter vor der Tür nichts mehr anhaben.

Lektüre-Tipps:
„Kleine Wohlfühlorte für den Rückzug aus dem Alltag“ (29,95 Euro). „Glücklich Wohnen – Skandinavische Wohnideen zum Wohlfühlen“ (24,95 Euro). „Botanical Style“ (24,95 Euro). Alle beziehbar über www.busse-seewald.de