Berlin. Die Deutschen vererben jedes Jahr bis zu 400 Milliarden Euro. Nur jeder Vierte hat ein Testament. Ohne greift die gesetzliche Erbfolge.

Der Volksmund sagt: „Alles verjubelt, nichts verschenkt – das ist das beste Testament.“ Doch hinterlassen die Deutschen sogar mehr als lange Zeit angenommen. Derzeit würden jedes Jahr bis zu 400 Milliarden Euro vererbt, rechneten die Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) vor kurzem vor. Die Ökonomen schauten nicht nur auf das aktuelle Vermögen, sondern bezogen Wertsteigerungen und hohe Sparquoten mit ein – und übertrafen die Summen aus früheren Studien.

Schätzungsweise verfügt jedoch gerade mal jeder Vierte in einem Testament oder Erbvertrag, was nach seinem Tod wird. Bei allen anderen, also in den meisten Fällen, greift automatisch die gesetzliche Erbfolge. Aber in Zeiten, in denen Familien auseinanderbrechen, Ehen geschieden werden, viele überzeugt als Single leben, „ist das womöglich nicht in ihrem Sinn. Sie riskieren, dass ihr Geld in die falschen Hände gerät“, sagt Eugénie Zobel-Kowalski. Sie ist Expertin fürs Erben bei der Stiftung Warentest und meint: „Sie brauchen nur ein Blatt Papier und einen Stift, eigentlich ist das Testament schnell gemacht“. Zobel-Kowalski spielt das an einem Beispiel durch. Mann, nicht verheiratet, keine Kinder, verkracht mit seinem Vater, eine Katze. Und Sie gibt sieben entscheidende Tipps:

1.) Form wahren

„Schreiben Sie Testament oder mein letzter Wille oben auf das Papier. Vor allem müssen Sie das Testament von vorn bis hinten handschriftlich verfassen, mit Datum, Ort und Ihrer Unterschrift auf jedem Blatt. “ Denn im Fall eines Streits, ob das Testament echt ist, wird ein Schriftgutachter hinzugezogen. Er prüft dann, ob die Handschrift echt ist und die Hand auch nicht von jemandem anderen geführt wurde.

Das Testament sollte von vorne bis hinten handschriftlich verfasst werden.
Das Testament sollte von vorne bis hinten handschriftlich verfasst werden. © imago/blickwinkel | imago stock&people

Kein Computer, keine Schreibmaschine – ein Testament, das dem nicht entspricht, ist unwirksam. Zobel-Kowalski: „Das Erbe des unverheirateten Mannes ohne Kinder ginge dann an seine Eltern, auch den ungeliebten Vater.“ Wer seine Handschrift für schlecht lesbar hält, legt eine ausgedruckte Leseabschrift dazu.

2.) Streit vermeiden

Formulieren Sie eindeutig. Etwa so, sagt Zobel-Kowalski: „Meine alte Schulfreundin Leonie Mustermann soll sich um meine Katze Freddy bis zu ihrem Ableben kümmern. Dafür bekommt sie im Wege eines Vermächtnisses 5000 Euro.“ Dann habe die Freundin einen Anspruch von den Erben, wer auch immer das ist, 5000 Euro zu verlangen.

Das Vermächtnis – das ist der Unterschied zum Erbe – ist ein bestimmter, aus dem Gesamterbe herausgelöster Gegenstand: Bargeld, eine Immobilie, sowas. Mit einer Auflage lässt sich nicht nur die Betreuung eines Haustieres regeln, sondern auch die Pflege des Grabes oder ein anderer Wunsch.

3.) Erben klären

Schreiben Sie zum Beispiel, so Zobel-Kowalski: „Mein Bruder Karl wird Alleinerbe meines Vermögens.“ Allerdings hat auch der ungeliebte Vater einen Anspruch auf einen bestimmten Anteil des Vermögens. Das Gesetz sieht ein Anrecht für einen Anteil bei Eltern genauso wie bei Kindern, auch bei Ehepartnern vor.

Der Pflichtanteil macht immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils aus. Leben noch beide Eltern des Verstorbenen, müsste das Erbe also eigentlich halbiert werden. Dann hat der enterbte Vater Anspruch auf ein Viertel des Nachlasses. Ausgezahlt wird immer in Geld, auch wenn zum gesamten Vermögen Porzellan, Boot, und so weiter gehören. Der Erbe übernimmt im übrigen auch Schulden. Beim Mietvertrag gibt es ein Recht zur außerordentlichen Kündigung.

4.) Stiften gehen

Das Erbe lässt sich sozusagen auch spenden, für einen wohltätigen Zweck. Dann setzt man einen Verein ein, der sich für die Rechte von Kindern, den Schutz der Umwelt oder der Tiere engagiert. Allerdings sollte man sich gut informieren, bei welcher Organisation das Geld in die richtigen Hände fällt.

Einige werden zum Beispiel von der Initiative „Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum“ im Internet gelistet. Zobel-Kowalski rät zudem: „Sprechen Sie mit dem Verein, bevor sie das in die Wege leiten“. Denn: Ein Erbe tritt die Gesamtrechtsnachfolge des Verstorbenen mit allen Verbindlichkeiten an. Ein Verein, der alles erbt, müsste sich dann auch um das Ausräumen der Wohnung kümmern.

5.) Profis fragen

Sollten Ihre Familienverhältnisse sehr kompliziert sein, ist es besser einen Notar oder Anwalt für Erbrecht einzubeziehen. Die Kosten seien „überschaubar“, sagt Zobel-Kowalski: „Sie richten sich nach dem Nachlasswert. Ein notarielles Einzeltestament kostet bei einem Nachlasswert von 50 000 Euro 165 Euro zuzüglich Umsatzsteuer und Auslagen.“

6.) Alles erneuern

Sie können ihr Testament jederzeit ändern, immer handschriftlich, immer mit Datum, Ort und Unterschrift. Streichen Sie aber nichts durch. Am einfachsten schreiben Sie ein neues Testament und werfen das alte weg. Das Testament bewahren Sie zuhause auf, doch sollte eine Vertrauensperson wissen, wo es zu finden ist. Sie können es auch beim zuständigen Nachlassgericht – meist das Amtsgericht des Wohnorts, nur in Baden-Württemberg das Notariat am letzten Wohnsitz des Verstorbenen – hinterlegen.

7.) Raus aus dem Netz

Regeln Sie auch ihren digitalen Nachlass. Legen Sie am besten zu Lebzeiten in sozialen Netzwerken wie Facebook bei den Einstellungen fest, ob nach Ihrem Tod ein Gedenkstatus eingerichtet werden oder das Profil gelöscht werden soll. Und verfügen Sie, wer sich kümmern soll: Der Erbe oder doch ein Dienstleister für den digitalen Nachlass? Wichtig: Der Bevollmächtige muss an die Passwörter kommen, um Zugriff auf Computer und die entsprechenden Webseiten zu haben. Darum sollte man Passwörter in eine Liste eintragen und diese für seine Angehörigen sicher aufbewahren.