Berlin. Tanzen, Radfahren, im See baden – Wie aktiv Beschäftigte sein dürfen, die laut Arzt arbeitsunfähig sind, erklärt ein Arbeitsrechtler.

Rechtsanwalt Dr. Heiko Peter Krenz beantwortet in seiner Kolumne „Arbeit und Recht“ regelmäßig Fragen unserer Leser.

Meine Schwester ist häufig krankgeschrieben. Trotzdem unternimmt sie viel. Was ist, wenn Kollegen oder der Chef sie mal in einem Restaurant oder auf dem Fahrrad sehen?

Das sagt Arbeitsrechtler Heiko Peter Krenz: Dauern Erkrankungen länger an, kann einem Arbeitnehmer schon einmal die Decke sprichwörtlich auf den Kopf fallen. Sofern die Krankheit den Betroffenen nicht ans Bett fesselt, ist prinzipiell nichts dagegen einzuwenden, das Haus zu verlassen. Schließlich müssen auch kranke Arbeitnehmer Lebensmittel einkaufen, wenn sie allein wohnen. Darüber hinaus gilt: Gestattet ist, was den Heilungsprozess fördert.

Selbst Freizeitaktivitäten sind denkbar, zum Beispiel der Besuch im Biergarten oder einer Kinovorstellung. Sofern man sich „nur“ die Hand gebrochen hat, ist das in Ordnung.

Dr. Heiko Peter Krenz ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin
Dr. Heiko Peter Krenz ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin © privat

Bei psychisch bedingten Krankheiten kann der Besuch von Tanzveranstaltungen oder das Trainieren in einem Fitnessstudio sogar der schnelleren Genesung dienen. Selbst Reisen an die Ostsee oder Fahrten an den nächstgelegenen See können bei psychischen Erkrankungen helfen, schneller wieder auf die Beine zu kommen.

Ärzte können Nutzen von Aktivitäten attestieren

Wenn dies auch der Situation Ihrer Schwester entspricht, ist gegen ihre Freizeitgestaltung also im Prinzip nichts einzuwenden. Allerdings ist Ihre Sorge auch nicht ganz unbegründet. Wenn die Kollegen im Büro arbeiten, es sich der kranke Kollege aber „gut gehen lässt“ und der Arbeitgeber Kenntnis davon erlangt, ist dieser schnell geneigt, zu arbeitsrechtlichen Sanktionen zu greifen, also abzumahnen oder gar eine Kündigung auszusprechen. Egal, ob begründet oder nicht: Das ist Ärger, den sich Ihre Schwester ersparen kann.

Erstes Gebot ist darum in solchen Fällen, sich vom Arzt attestieren zu lassen, dass dem Ausgehen, Fahrradfahren und dergleichen aus medizinischer Sicht nichts entgegensteht. Sonst ist zu befürchten, dass der Arbeitgeber meint, die Erkrankung sei nur vorgetäuscht.

Von Reisen in die USA oder nach Indien ist während einer Erkrankung aber dennoch abzuraten. Die damit verbundenen Belastungen stehen im Widerspruch zur Krankschreibung.