Riga. Bei der WM in Riga muss das Eishockey-Nationalteam ohne Topstar Draisaitl und weitere Schlüsselspieler auskommen. Talente, die eine ganze Generation prägen könnten, rücken in den Mittelpunkt.

Diese Eishockey-WM wird zu einer frühen Prüfung für die neue deutsche NHL-Generation, die selbst vor dem Ziel des Titelgewinns nicht zurückschreckt.

Weil das Nationalteam erstmals seit sechs Jahren ohne Topstar Leon Draisaitl auskommen muss und NHL-Senkrechtstarter Tim Stützle fehlt, rücken die Talente in den Fokus. Teenager wie Lukas Reichel (18) und John-Jason Peterka (19) stehen für das neue hohe Ansehen deutscher Spieler in Nordamerika. Die Erwartungen sind hoch, selbst im eigenen Team. "Zur goldenen Generation müssen wir erst mal Gold holen, wenn sie jetzt dabei sind. Das wäre schon mal ganz gut, da hätte ich nichts dagegen", sagte Routinier Korbinian Holzer (33), der die Talente führen soll.

Die nehmen dies bereitwillig an. Dass die in der Corona-Krise eingeschränkten Möglichkeiten für ein noch größeres Miteinander im Team sorgen, könne ein Vorteil sein, argumentierte Top-Verteidiger Moritz Seider: "Ich glaube, das kann uns noch mal den entscheidenden Push geben, um die Sensation zu schaffen", sagte der ebenfalls erst 20-Jährige, für den es schon die zweite WM-Teilnahme ist. Dabei gehört auch ihm bei den Detroit Red Wings erst noch die Zukunft in der NHL. "Das Ziel ist klar formuliert: Man will es jetzt schaffen."

Reichel und Peterka müssen sich von Freitag an in Riga erstmals bei einer WM auf Erwachsenen-Ebene beweisen. Dass das Duo aus Berlin und München bald nach Nordamerika wechselt, gilt als ausgemacht. Beide wurden wie Ausnahmetalent Stützle (19) im vergangenen Herbst in der NHL-Talenteziehung Draft früh ausgewählt. Sie drängten sich noch in der Deutschen Eishockey Liga für die WM auf und stehen dadurch überhaupt zur Verfügung. Stützle dagegen bekam von Ottawa keine Freigabe - eine Schattenseite der Wechsel in die NHL.

Bundestrainer Toni Söderholm, der neben Draisaitl und Stützle auch auf Weltklasse-Torhüter Philipp Grubauer verzichten muss, rechnet sich dennoch großartige Chancen mit dem talentierten Team aus, mit dem er am Wochenende nach Lettland flog. "Es ist eine gute Mischung von jüngeren Spielern und älteren erfahrenen Spielern, die sehr gute Führungsspieler sind für die jüngeren Spieler", sagte der 43 Jahre alte Finne und sprach in der "Bild am Sonntag" gar vom Titel: "Unsere Spieler wollen in die Weltspitze und damit Weltmeister werden. Das ist ihre Einstellung."

Vor allem Seider brennt auf eine perfekte WM, um in der kommenden Saison in Detroit durchzustarten. 2019 hatte er als damaliger Mannheimer bewiesen, dass ein junger WM-Neuling gleich eine Schlüsselrolle übernehmen kann. Diesmal ist Reichel im 27 Spieler umfassenden Kader der Jüngste. Seinen 19. Geburtstag wird er am Montag in der erforderlichen Einzel-Isolation auf dem Hotelzimmer verbringen. Peterka wurde im Januar 19. "Wir haben die jugendliche Frechheit im Spiel, die man gut gebrauchen kann. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu verspielt werden", lobte und mahnte der langjährige NHL-Profi Holzer zugleich.

Als einziger aktueller NHL-Stammspieler stieß Tobias Rieder von den Buffalo Sabres am Samstag zum DEB-Team. Lean Bergmann, auch erst 22 Jahre, und der 21 Jahre alte Verteidiger Leon Gawanke verstärkten nach Tom Kühnhackl die Fraktion aus der zweitklassigen AHL. Bergmann kam diese Saison auch zu einem Einsatz für das NHL-Team der San Jose Sharks. "Ich glaube, wir werden eine Mannschaft sehen, die einen sehr guten Zusammenhalt hat", urteilte Söderholm.

Dafür fehlen einige Olympia-Silber-Gewinner von 2018. Die Münchner Yasin Ehliz, Daryl Boyle, Yannic Seidenberg und Frank Mauer waren offenbar nicht zur Teilnahme an einer WM in einer Blase bereit. Münchens Patrick Hager und Mannheims David Wolf fehlen verletzt.

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