Al-Rajjan. Zum 104. Mal treffen England und Wales aufeinander. Gareth Bale hat vor dem Traditionsduell gute und schlechte Erinnerungen. Dass wie bei der EM 2016 beide Teams weiterkommen, ist unwahrscheinlich.

England kann, Wales muss: Das sportlich hochbrisante Briten-Duell wird bei der WM 2022 in Katar zu einer komplizierten Rechnerei - und für den in die Jahre gekommenen Gareth Bale womöglich zum letzten großen Endspiel auf der Weltbühne.

Endet in Al-Rajjan am Dienstagabend (20.00 Uhr) eine große Ära um Bale und Spielmacher Aaron Ramsey? „Wir müssen uns sofort wieder aufrappeln. Es wird schwierig, aber wir müssen einfach versuchen, England zu schlagen. So einfach ist es“, sagte der Kapitän. Der 33 Jahre alte Bale ist beim US-Meister Los Angeles FC weitgehend untergetaucht und bespielt mit höchstem Ehrgeiz seit längerer Zeit nur noch die Plattform Nationalmannschaft.

Von einem Rücktritt aus dem Nationalteam will der frühere Profi von Real Madrid nichts wissen. Auf die Frage, ob die England-Partie sein letztes internationales Spiel sein könnte, sagte der Stürmerstar bei der Abschlusspressekonferenz kurz, aber deutlich: „Nein!“ Mehr wollte er nicht zu dem Thema ausführen.

An den großen und deutlich erfolgreicheren Nachbarn England hat der walisische Star vor dem insgesamt 104. Duell der beiden Nationen gute und schlechte Erinnerungen: Zwar schoss Bale beim EM-Spiel vor sechs Jahren ein sehenswertes Freistoß-Tor - doch verlor der spätere Halbfinalist am Ende durch ein Last-Minute-Tor mit 1:2. Englische Fans kämpften sich bei miesem Wetter in Frankreichs Fanzonen durch den Schlamm - und Außenseiter Wales war schwer ernüchtert, dass es nicht zum triumphalen Coup auf riesiger Bühne gereicht hatte.

„Ruhig bleiben in diesen Momenten“

Durch den Schlamm rutschende Three-Lions-Fans wird es in Katar nicht geben - alleine schon klimabedingt. Der Ausgang im Duell zwischen Mitfavorit England und den bisher eher enttäuschenden Walisern könnte aber wieder so aussehen wie vor sechs Jahren in Lens. „Wir müssen noch ein bisschen was tun für das Weiterkommen, aber wir haben es in der eigenen Hand, diese Gruppe zu gewinnen“, sagte Englands Chefcoach Gareth Southgate vor dem Aufeinandertreffen im Ahmad bin Ali Stadion, das Wales aus den ersten beiden Partien gegen die USA (1:1) und Iran (0:2) bereits kennt.

Für England sind die Rechenspiele einfach: Ein Sieg - und man gewinnt die Gruppe. Ein Remis - und man ist sicher weiter. Eine Niederlage mit bis zu drei Toren Differenz - und man schafft es immer noch in die K.o.-Runde. „Unser Ziel ist es, die Qualifikation zu schaffen, dafür haben wir drei Spiele. Du musst ruhig bleiben in diesen Momenten“, sagte Southgate, als er nach der Nullnummer gegen die USA kritisiert und die Profis um Captain Harry Kane ausgepfiffen wurden.

Sein Team hat vier Punkte auf dem Konto und mit dem 6:2 gegen Iran zumindest einen Galaauftritt hingelegt. Für Wales wird es deutlich komplizierter: Entweder man gewinnt mit mindestens vier Toren - oder man muss hoffen, dass Iran und USA die Punkte teilen. Selbst dann braucht es aber einen eigenen Sieg.

„England ist eine harte Prüfung“

Für Wales geht es bei der zweiten WM-Teilnahme nach 1958 um alles. „Wir wollen das Turnier mit einer guten Performance beschließen - und zwar mit einem Sieg. Aber England ist eine harte Prüfung“, sagte Cheftrainer Rob Page, der auf Ryan Giggs folgte. Die schwache und träge Performance gegen Iran enttäuschte den 48-Jährigen schwer, die Niederlage gegen den Außenseiter war hochverdient. „Aber wir werden zurückschlagen“, kündigte Page an. Über ein mögliches Ende der Ära Bale, Ramsey und Joe Allen wolle er „jetzt“ nicht sprechen.

Die Engländer, die klar Kurs auf die K.o.-Runde genommen haben, können dagegen etwas experimentieren. Der von Experten und Medien geforderte Phil Foden dürfte erstmals bei dieser WM beginnen, auch Jack Grealish und Kalvin Phillips sind Optionen für die Startelf. Fraglich ist, was Southgate mit Dortmunds Jude Bellingham macht. Der Dauerprofi vom BVB könnte nach intensiven Monaten eine Pause bekommen, um für die Partien ab dem Achtelfinale in der bestmöglichen physischen Verfassung zu sein.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Wales: 12 Ward - 5 Mepham, 6 Rodon, 4 B. Davies - 14 Roberts, 7 Allen, 3 N. Williams - 10 Ramsey, 8 Wilson - 11 Bale, 13 Moore

England: 1 Pickford - 2 Walker, 5 Stones, 6 Maguire, 3 Shaw - 14 Phillips, 4 Rice - 7 Grealish, 20 Foden, 10 Sterling - 9 Kane

Schiedsrichter: Slavko Vincic (Slowenien)