München. Der FC Bayern erlebt eine ungewöhnliche Jahreshauptversammlung. Die Pandemie trifft den Klub sportlich und wirtschaftlich.

Nach zwei Stunden als schweigender Zuhörer auf dem Podium legte Oliver Kahn die rote Corona-Schutzmaske ab und schritt ans Rednerpult. In seiner Premierenrede als Vorstandsvorsitzender rühmte der einstige Torwart-Titan auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern München seinen Verein als Vorbild und warnte energisch vor den von Investoren gesteuerten Clubs in Europa. "Wir erleben gerade den fundamentalsten Wandel, den der Fußball je erlebt hat. Deshalb kämpfen wir an vorderster Front, dass es nicht sein kann, dass Investoren unbegrenzt Geld in Clubs pumpen können", sagte der 52 Jahre alte Kahn, der beim deutschen Rekordmeister im vergangenen Sommer Karl-Heinz Rummenigge an der Vorstandsspitze abgelöst hat.

"Bei uns bestimmt keine Investorengruppe oder ein Multimillionär", sprach Kahn, der den Mitgliedern im Audi Dome am Donnerstagabend versprach: "Wir werden auch weiter unseren eigenen Bayern-Weg gehen."

Das Gedenken an die verstorbene Torjäger-Legende Gerd Müller hatte am Anfang des ersten Mitgliederkonvents in der Corona-Krise gestanden, bei dem die Bosse um Kahn und Vereinspräsident Herbert Hainer auch das Streitthema Katar aushalten wollten. Im Audi Dome gab es erste Pfiffe, als sich Präsident Hainer zunächst über die teilweise «niederträchtige» Tonlage im Diskurs um die Sponsoring-Partnerschaft mit Qatar Airways beklagte. Im Laufe des Abends sollte das Thema noch eingehender erörtert werden, wie Hainer ankündigte. Aber das dauerte.

Dank bei der Mitgliederversammlung an Ex-Trainer Flick

Hainer stimmte in Anwesenheit des Ehrenpräsidenten Uli Hoeneß und dem mit freundlichem Beifall bedachten Trainer Julian Nagelsmann eine Hymne auf seinen Verein an. "Der FC Bayern wird niemals ein kickender Konzern werden", sagte Hainer. Ein spezieller Dank ging an Hansi Flick, dem Sieben-Titel-Coach und Vorgänger von Nagelsmann (34).

Die zahlreichen Titel-Trophäen nicht nur der Fußballer wurden anfangs auf die Bühne getragen, etwa die Meisterschale durch Nationalspieler Leroy Sané. Präsidiumswahlen standen in diesem Jahr nicht auf der Tagesordnung. Corona beeinflusste den Ablauf der Versammlung. Maximal 1700 Mitglieder waren unter der 2G-plus-Regel zugelassen.

Hainer und Kahn werben fürs Impfen

Der Serienmeister wird in der vierten Welle nicht nur sportlich durch infizierte und in Quarantäne gezwungene Profis hart getroffen. Kahn und Hainer warben nochmals fürs Impfen als "besten Weg" aus der Pandemie. Man rede auch ständig mit den eigenen Profis. Die Bosse stellten sich zugleich schützend vor ungeimpfte Spieler wie Joshua Kimmich, der gerade positiv getestet worden ist. "Es ist nicht in Ordnung, unsere Spieler und vor allem unseren Joshua Kimmich an den Pranger zu stellen!", sagte Hainer energisch.

Auf solidem Fundament durch die Corona-Krise?

Der Bundesliga-Krösus muss durch Corona auch große finanzielle Einbußen verkraften. Der Konzern-Gesamtumsatz schrumpfte in der Saison 2020/21 auf 643,9 Millionen Euro. Das sind über 100 Millionen Euro weniger als im Rekordjahr 2018/19. Immerhin gab es noch einen minimalen Gewinn von 1,9 Millionen Euro nach Steuern. Finanzvorstand Jan-Christian Dreesen sieht den Verein dennoch "auf einem soliden Fundament". Größter Ausgabeposten sind die Personalkosten inklusive der Spitzengehälter für Stars wie Robert Lewandowski von annähernd 350 Millionen Euro. Die wichtigsten Einnahmeposten sind Sponsoring und Vermarktung (206,7 Mio Euro) sowie der Spielbetrieb (147,9 Mio).

Debatte über Katar und den FC Bayern

Zum Sponsorenergebnis trägt auch die lukrative Partnerschaft mit Qatar Airways bei, die einem Teil der Mitglieder und Fans massiv missfällt. Der Versuch des Mitglieds Michael Ott, die Versammlung über das Katar-Sponsoring abstimmen zu lassen, war wenige Stunden vor der Versammlung vom Landgericht München I zurückgewiesen worden.

Ott will mit Gleichgesinnten erreichen, dass der Verein Druck auf die FC Bayern AG ausübt, damit der bis 2023 laufende Millionenvertrag mit der staatlichen Fluglinie Katars beendet und nicht verlängert wird. Das WM-Gastgeberland 2022 steht in Menschenrechtsfragen und den Arbeitsverhältnissen etwa auf den WM-Baustellen stark in der Kritik.(dpa)