Rarotonga. Auf der größten Insel der Cook Islands erfüllen sich alle Klischees, die Reisende über die Südsee haben – Tourismus bedroht das Idyll.

Now is the hour when we must say goodbye ...“ – Jake Numanga singt dieses berühmte melancholische Lied, spielt dazu auf seiner Ukulele. Er steht auf einem Podest in der Wartehalle des Flughafens der Südseeinsel Raro­tonga. Mit dem von den Maori in Neuseeland populär gemachten Farewell-Song verabschiedet Jake traditionell die abreisenden Touristen – nun auch uns. Zuvor erfreute er neu angekommene Passagiere mit seinem Gesang.

Jake (78) macht das seit fast 40 Jahren, verpasst kaum ein Flugzeug aus ­beziehungsweise nach Neuseeland, Australien oder den USA. So tritt er – wenn der Flugplan es erfordert – auch nachts auf. Keine Ahnung, wie er das schafft. Längst ist der frühere Feuerwehrmann eine Kultfigur, ans Aufhören denkt er nicht.

Der Abschied von Rarotonga fällt wohl jedem Besucher schwer. Denn die von einem Korallenriff umgebene, ­gebirgige Vulkan-Insel erfüllt alle ­Klischees, die Reisende über die Südsee haben: weiße, palmengesäumte Strände und türkisfarbene Lagunen, tropische Vegetation, paradiesische Landschaften, exotische Früchte wie Papayas, ­Kokosnüsse, Guaven, Mangos, Avocados, der Duft von Hibiskus- und Frangipani-Blüten und nicht zuletzt Tänze und Musik der Einheimischen. Rarotonga ist die Hauptinsel des polynesischen Archipels und mit 67 Quadratkilometern die größte der 15 Inseln umfassenden Cook ­Islands im südlichen Pazifik.

Viele Mietwagen verdichten den Verkehr, es fehlen Ampeln

Rückblick, zwei Wochen zuvor: Mit einem fröhlichen „Kia Orana“ – den hier typischen Begrüßungsworten (zugleich Inschrift auf Kfz-Nummernschildern) – empfängt uns die aus Köln stammende Ingrid Caffery bei unserer Ankunft.

Sie lebt seit rund 50 Jahren auf Rarotonga und betreibt mit ihrem Ehemann Joe (er ist ein „echter“ Insulaner) die vor allem bei deutschen Touristen beliebten ­Atupa Orchid Units, drei Bungalows und zwei Studio Units in einem Garten am Rande der Hauptstadt Avarua an der Nordküste. Ingrid bietet auch Rundfahrten in deutscher Sprache an. Sie kam aus Liebe zu Joe nach Rarotonga, heiratete ihn und ist geblieben.

„Was mich auf der Insel besonders glücklich macht, sind die freundlichen, hilfsbereiten Menschen, das meistens schöne Wetter und die üppige Natur. Alles gedeiht so gut, auch meine Orchideen“, sagt sie.

Doch es gebe auch ­ne­gative Dinge, ergänzt Ingrid: „Es ­landen zu viele Flugzeuge mit zu vielen Touristen. Und die Zahl der Fahrzeuge ist ­entschieden zu hoch. Als Fußgänger muss man oft minutenlang warten, ­bevor man die Küstenstraße überqueren kann. Wir brauchen dringend Verkehrsampeln!“

Touristen können die Insel umweltverträglich mit dem Bus erkunden

Auto, Moped, Motorroller – ein Fahrzeug zu mieten, ist für die meisten Touristen von Rarotonga das Erste, was sie tun. Damit verschärfen sie die ohnehin erheblichen Verkehrsprobleme. Viel besser, billiger und umweltverträglicher kann man die Insel mit dem Linien-Service von Cook’s Island Bus erkunden.

Die Busse sind die einzigen öffentlichen Verkehrsmittel und umrunden die Insel auf der 32 Kilometer langen, asphaltierten Küstenstraße Ara Tapu in beiden Richtungen.

Start und Ziel ist die Haltestelle Cook’s Corner in Avarua. Alternativ oder ergänzend zum Linienbus kann man natürlich auch einfach ein Fahrrad mieten, um damit die historische Straße Ara Metua zu befahren, die in großen Teilen parallel zur Küstenstraße verläuft, vorbei an Zitrusfrucht-Plantagen, Taro-Feldern und gepflegten Gärten.

Der Tourismus ist die wichtigste Einnahmequelle auf Rarotonga. Im vorigen Jahr kamen 161.362 Besucher – ein neuer Rekord, Tendenz weiter steigend. Der touristische Ansturm wird zunehmend als Problem erkannt, denn Besucherzahlen in der Größenordnung kann eine kleine Insel wie Rarotonga kaum verkraften.

Infrastruktur und Müllentsorgung sind darauf nicht vorbereitet. Ein Teil der Ursprünglichkeit und Beschaulichkeit ging bereits verloren. Zum Vergleich: Vor 20 Jahren kamen ca. 50.000 Touristen – die Zahl hat sich also bis heute mehr als verdreifacht. Und 1981, als wir die Insel als Urlaubsziel „entdeckten“, waren es nur 18.500 Besucher.

Das Südsee-Paradies hat Probleme bekommen

Das klassische Südsee-Paradies hat also inzwischen ein paar Probleme bekommen, ist keine ganz heile Welt mehr, es gibt Handlungsbedarf für Politik und Verwaltung. Aber trotzdem kann man hier noch immer „Südsee pur“ genießen – wie wir das schon bei vorherigen Aufenthalten seit den 80er-Jahren erleben durften.

Benannt wurden die Cook-Inseln nach dem berühmten englischen Seefahrer James Cook (1728–1779), der jedoch Rarotonga nie gesehen hat. Heute findet man in der geschäftigen Hauptstadt Avarua Supermärkte, Banken, Souvenirshops, das Touristen-Informationsbüro, Boutiquen, Perlengeschäfte, ein Postamt, Cafés, Restaurants, Bars und ein Kino.

Südsee – das sind natürlich in erster Linie weiße Sandstrände, wie man sie sich kaum schöner vorstellen kann. Welcher ist der beste? „Muri Beach an der Südostküste mit den vier vorgelagerten Mini-Inseln“, sagt Ingrid, gibt jedoch zu bedenken, dass dieser Strand häufig überfüllt sei. Ihr zweiter Tipp: „Nikao Beach an der Nordwestküste.“ Die Liste ergänzen wir mit den Stränden im Ostteil der Südküste.

Hinweis auf Kleiderordnung in der Kirche sogar auf Deutsch

Ingrid weist auch auf die wachsende Gefahr von Diebstählen an Stränden hin, man sollte abgelegte Sachen nicht unbeaufsichtigt lassen. Übrigens: Auf den Cook Islands sind FKK und „oben ohne“ verboten. Relaxen hingegen ist erlaubt und ausdrücklich erwünscht auf Rarotonga, die Natur genießen inmitten eines Postkartenidylls.

Musik und traditioneller Tanz, auch das bedeutet „Südsee pur“. Beides hat enorme Bedeutung im Leben der Cook-Insulaner. „Schon im Kindergarten lernt man hier tanzen“, sagt Ingrid. „Allein in Raro­tonga gibt es mehrere Tanzgruppen, jede Cook-Insel hat eigene.“

Alle Einwohner Rarotongas lernen früh die traditionellen polynesischen Tänze. Shows gibt es unter anderem auf dem Markt in Avarua.
Alle Einwohner Rarotongas lernen früh die traditionellen polynesischen Tänze. Shows gibt es unter anderem auf dem Markt in Avarua. © Gottfried Weller | Gottfried Weller

Begeistert erzählt die Auswanderin, dass sie viele Jahre als Managerin Tanzgruppen auf internationalen Tourneen betreut hat. Shows gibt’s in Hotels, im Kulturzentrum Highland Paradise und im Te Vara Nui Village. Eine kostenlose Tanz-Show auf einer kleinen Freilichtbühne bietet auch jeden Sonnabendvormittag der bunte Markt Punanga Nui Cultural Market in Avarua.

„Bitte keine kurzen Hosen und ­keine Unterhemden!“ Dieser Hinweis in deutscher Sprache steht auf einem Schild vor der 1849 erbauten Kirche in Arorangi an der Westküste. Der Sonntag ist ein heiliger Tag auf den Cook Islands. Er wird geprägt von Gottesdiensten, auch in der Hauptkirche der Cook Islands, Christian Church in Avarua.

Auf den Cook Islands leben rund 15.000 Menschen

Zur festlichen Kleidung der Gläubigen zählen bei den Frauen breitkrempige Strohhüte. Touristen sind herzlich eingeladen – aber sie sollten den Dresscode beachten, der noch andere Vorschriften enthält. Höhepunkte sind die mitreißend emotional gesungenen Choräle.

Auf den Cook Islands leben etwa 15.000 Menschen, davon 11.000 auf Rarotonga. Viele Insulaner verlassen ihre Heimat, um bevorzugt in Neuseeland einen Job zu suchen oder zu studieren. Dort wohnen inzwischen rund dreimal mehr Insulaner als auf den Cook-Inseln selbst. Diese sind mit Neuseeland frei assoziiert, alle Cook-Insulaner haben die neuseeländische Staatsbürgerschaft.

Der Abschied von Rarotonga fällt auch uns schwer. Kurz vor dem Abflug treffen wir in der Airport-Wartehalle ­Jake Numanga wieder. Der Entertainer sorgt wie stets unermüdlich für musikalische Unterhaltung der Passagiere. In seinem schon erwähnten Abschiedssong heißt es am Ende „... when you return you will find me waiting here“. Das glauben wir ihm aufs Wort.

Tipps & Informationen

Ab Berlin erfolgt die Anreise zum Beispiel mit Lufthansa via Frankfurt/M. nach Singapur, weiter mit Air New Zealand via Auckland nach Rarotonga.

Am Muri Beach ist die Übernachtung in Vier-Sterne-Hotels teuer. Preiswert: Manea Beach Villas, ab 103 Euro, www.maneabeachrarotonga.com.

Nähere Auskunft www.cookislands. travel, www.tourismcookislands.com, www.enjoycookislands.com