Berlin. Amazon führt in Deutschland seine „Dash Buttons“ ein. Bequem bestellen per Knopfdruck – das könnte zum Kauf im Blindflug verleiten.

Früher war Amazon mal ein Onlinebuchhändler. Jetzt entwickelt das Unternehmen sich immer mehr zum Onlinehändler für alles. Mit den sogenannten Dash-Bestellknöpfen, die jetzt nach Deutschland kommen, will das US-Unternehmen seine Marktposition bei Produkten des täglichen Bedarfs ausbauen. Die Kunden sollen einfach nur noch drücken müssen, um Haushaltsartikel nachzuordern.

Wie sieht der Knopf aus?

Er gleicht einer Mischung aus Türklingel und Schlüsselanhänger, ist ausgestattet mit „mehrfach verwendbaren Klebebändern und einem abnehmbaren Haken“, wie Amazon am Mittwoch mitteilte. Der Dash Button lasse sich überall ankleben oder aufhängen.

Wie funktioniert das Gerät?

Der Knopf lässt sich über jedes kabellose WLAN mit dem Internet verbinden. Per Amazon-App kann er für diverse Alltagsartikel, etwa Wasch-, Putzmittel, Rasierklingen, Shampoo, Katzenfutter oder Kondome eingerichtet werden. Das Prinzip lautet: ein Knopf pro Produkt. Etwas mehr als 30 Hersteller kooperieren derzeit mit Amazon. Gehen die Vorräte zur Neige, kann per Knopfdruck nachbestellt werden – zu tagesaktuellen Amazon-Preisen, so das Unternehmen.

Nach Auftragserteilung können sich Kunden den Angaben zufolge via App Produkt, Lieferdatum und Preis anzeigen lassen, alles prüfen und bei Bedarf die Bestellung rückgängig machen. Der Knopf sei zudem so einstellbar, dass die entsprechende Ware erst dann wieder geordert werden kann, wenn die vorherige Bestellung eingetroffen ist.

Wer kann die Knöpfe nutzen?

Um den Dienst nutzen zu können, müssen Verbraucher eine Amazon-Premium-Mitgliedschaft abschließen. Diese kostet derzeit 49 Euro im Jahr und beinhaltet neben kostenlosen Lieferungen von Amazon-Einkäufen Nutzerrechte für Internet­video-, Musikstreaming- oder Büchereidienste für E-Books. Der Knopf kann ab sofort im Internet bestellt werden.

Was kostet der Knopf?

Zusätzlich zum Jahresbeitrag für die Premium-Mitgliedschaft kostet jeder Knopf 4,99 Euro. Amazon zufolge erhalten Kunden nach dem Kauf mit der ersten Bestellung die 4,99 Euro zurückerstattet.

Welche unternehmerische Idee steckt dahinter?

In den USA entwickelt sich das Geschäft mit dem Dash dem Unternehmen zufolge gut: Mittlerweile werde dort mehr als zweimal pro Minute via Knopf eingekauft. Was Amazon auch in Deutschland erreichen will, ist offensichtlich: die Bequemlichkeit der Kunden in bare Münze umwandeln und dem stationären Handel im Segment der Alltagsprodukte Marktanteile abnehmen.

Nach Einschätzung von Christian Milster wolle Amazon seinen Kunden einen teilweise unkomfortablen Kaufprozess abnehmen. „Sachen des täglichen Bedarfs einzukaufen, ist nicht sexy“, sagt der Referent für E-Commerce, Prozessmanagement, Logistik und Lebensmittel-Onlinehandel beim Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh). Amazon baue hier eine Brücke zwischen Notwendigkeit und Einfachheit. Gleichzeitig erhöhe das Unternehmen in diesem Segment den Konkurrenzdruck auf den stationären Handel, wo Produkte des täglichen Bedarfs derzeit mehrheitlich eingekauft werden.

Milster zufolge habe der Bestellknopf noch ein weiteres Ziel: „Er baut eine riesige Hürde zwischen Onlinehändler und Kunde ab. Dieser muss nicht mehr zu Smartphone, Tablet oder PC greifen und sich einloggen, um einzukaufen.“ Ob der Button wie in Amerika zu einem Erfolg werde, bliebe abzuwarten. Bei der Umsetzung sieht der bevh aktuell jedoch „Optimierungsbedarf“.

Laut Boris Hedde vom Kölner Institut für Handelsforschung (IFH) gehe es Amazon mit der Knopflösung auch um Kundendaten, „Amazon bekommt im täglichen Fokus mit, was sich für ein Bedarf beim Kunden ergibt. Das heißt, in die Zukunft gesprochen kann es sein, dass Amazon mir schon Waren vor die Tür legt, bevor ich sie überhaupt bestellt habe – weil die wissen, dass ich Bedarf habe. Das ist weiter, als jemals zuvor beim Händler gedacht werden konnte“, sagte Hedde dem NDR.

Was sagen Verbraucherschützer?

Die Verführung, gedankenlos zu kaufen, sei sehr groß, warnen Verbraucherschützer. „Der Dash Button hält die Menschen vom Vergleichen der Preise und der Produkte ab“, sagt Georg Tryba von der Verbraucherzentrale NRW. „Das Kaufverhalten wird dadurch verändert – aus unserer Sicht nicht zum Besseren.“ Hinzu komme, dass der Kunde den zu bezahlenden Preis erst im Nachhinein angezeigt bekomme. „Das ist ein Kauf im Blindflug“, sagt Tryba.

Auch die Voraussetzung, Mitglied bei Amazon sein zu müssen, sieht der Verbraucherschützer kritisch. „Wer aus technischem Interesse eine Prime-Mitgliedschaft abschließt, muss sich fragen, ob sich der jährliche Beitrag rechnet.“ Wer die in der Mitgliedschaft enthaltenen Dienste wie etwa Video- und Musikstreaming nicht nutze, solle überlegen, ob sich 49 Euro im Jahr für einen Button lohnen.