Berlin. Mit der Strompreisbremse will die Ampelregierung allen Verbrauchern finanziell helfen. Stark entlastet wird aber vor allem eine Gruppe.

Das neue Jahr ist da – und es bringt auch gute Nachrichten: Viele Strom-, Gas- und Fernwärmekunden zahlen seit Neujahr weniger, als im Vertragspapier eigentlich steht. Bis diese Entlastung durch die Preisbremsen ankommt, ist aber Geduld nötig. Erst mit dem Abschlag im März geben die Anbieter die Rabatte weiter, rückwirkend für Januar und Februar. Das Ganze soll automatisch funktionieren, die Verbraucher müssen sich um nichts kümmern.

Doch zu früh sollte man sich nicht freuen. Wie der Geld-Ratgeber Finanztip berichtet, wirken für viele Menschen die Preisbremsen nur wenig. Das zeigt sich am Beispiel der Strompreisbremse. Für 80 Prozent des bisherigen Jahresverbrauchs wird der Preis pro Kilowattstunde (kWh) auf 40 Cent gedeckelt.

Strompreisbremse: Beispielrechnung zeigt wirkliche Ersparnis

Ein Beispiel: Familie Schmidt aus Wuppertal hat zwei Kinder. Sie sind kürzlich zum Grundversorger gewechselt, der in Wuppertal relativ günstige 44 Cent/kWh verlangt. Da die Schmidts schon immer sehr sparsam mit Strom umgegangen sind, brauchen sie nur 2000 kWh. Ohne Preisbremse läge ihre Jahresrechnung bei 890 Euro. Die Strompreisbremse bringt ihnen einen mageren Rabatt von 70 Euro ein – im Monat nicht einmal sechs Euro Ersparnis.

Das Gegenbeispiel: Familie Müller aus München, die sich in der Strom-Grundversorgung der Stadtwerke befindet, profitiert enorm von der Preisbremse. Seit Neujahr verlangen die Stadtwerke dort knapp 62 Cent/kWh. Mit ihrem jährlichen Haushaltsstromverbrauch von 4000 kWh – doppelt so viel wie Familie Schmidt – müsste die Familie ohne Preisbremse fast 2500 Euro bezahlen. Dank Strompreisbremse darf sie sich aber auf einen Rabatt von über 700 Euro freuen. Ihr monatlicher Abschlag sinkt um gut 58 Euro.

Dabei haben sich die Müllers mit 4000 kWh Stromverbrauch bislang nicht gerade als Sparfüchse erwiesen. Außerdem haben sie sich nie die Mühe gemacht, nach einem günstigeren Stromtarif als der – in diesem Beispiel – sehr teuren Grundversorgung zu suchen.

Von Strompreisbremse profitieren bisherige Sparfüchse weniger

Wer also bisher kaum auf seinen Stromverbrauch geachtet hat und sich zudem in einem teuren Stromtarif befindet, profitiert von der Strompreisbremse am meisten. Der Entlastungsbetrag ist im Beispiel von Familie Müller zehnmal höher als bei der sparsamen, preisbewussten Familie Schmidt. Eine Schlappe für die Sparfüchse.

Und eine Chance für diejenigen, die bisher viel verbraucht haben. Denn was passiert, wenn 2023 der Stromverbrauch deutlich reduziert wird? Ungeachtet der Preisbremse wird dann in der Jahresabrechnung jede eingesparte Kilowattstunde zum vollen, vereinbarten Preis zurückerstattet.

Das bedeutet: Wer 20 Prozent einspart, zahlt für seinen gesamten Strom nur noch die 40 Cent der Strompreisbremse. Wer noch mehr spart, bekommt trotzdem alles zum teuren Vertragspreis erstattet, obwohl in der monatlichen Vorauszahlung – dank Preisbremse – de facto nur 40 Cent für diesen Strom fällig wurden.

Die Strompreisbremse entlastet nicht alle Verbraucher gleichermaßen.
Die Strompreisbremse entlastet nicht alle Verbraucher gleichermaßen. © iStock | istock

Strom sparen im kommenden Jahr: Diesen Effekt hat es

Wie viel drin ist, zeigt die Finanztip-Berechnung anhand der Müllers aus München: Wenn sie in diesem Jahr 20 Prozent einsparen, bekommen sie fast 500 Euro zurück, ihre Jahresabrechnung sinkt damit von 1775 Euro auf 1280 Euro. Würden die Müllers ihren Verbrauch halbieren und auf das Niveau der Schmidts (2000 kWh) drücken, wäre die Erstattung so hoch, dass im Jahr nur noch rund 540 Euro fällig wären. Das entspräche einem Monatsabschlag von 45 Euro.

Die Strompreisbremse führt hier zu einem Kuriosum: Denn für denselben Verbrauch zahlen die Schmidts monatlich etwa 68 Euro. Die Preisbremse belohnt Einsparungen von mehr als 20 Prozent überdurchschnittlich. Davon könnten prinzipiell auch die Schmidts profitieren. Ihr Problem: Mit ihrem Stromverbrauch von 2000 kWh sind sie bereits sehr sparsam – wenn sie es schaffen, nur zehn weitere Prozent einzusparen, gehören sie bereits zu den sparsamsten Vierpersonenhaushalten Deutschlands. Immerhin knapp 90 Euro Rückerstattung würde ihnen das bringen.

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Trotz Strompreisbremse: Darum lohnt ein Anbietervergleich dennoch

Das Fazit von Finanztip: Strom sparen lohnt sich 2023 in jedem Fall – umso mehr für diejenigen, die bisher nicht sparsam waren. Finanziell, aber auch aus Umweltgesichtspunkten. Für Gas und Fernwärme funktioniert das Prinzip grundsätzlich genauso. Nur gelten dort andere Preisbremsen: 12 Cent/kWh für Gas und 9,5 Cent/kWh für Fernwärme.

Bleibt eine Frage zu klären: Lohnt es sich dann überhaupt noch, auf den Preis des Anbieters zu schauen? Ja, denn der Preisdeckel gilt schließlich nur für 80 Prozent des bisherigen Verbrauchs. Wer wenig Einsparpotenzial hat, wird einen Teil seines Bedarfs immer zum teuren Vertragspreis zahlen müssen. Am sichersten fährt also weiterhin, wer Preise für Strom und Gas vergleicht.

Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit finanztip.de. Der Geld-Ratgeber für Verbraucher ist Teil der Finanztip-Stiftung.