Berlin. Immer mehr Menschen werden gegen Corona geimpft - was bedeutet das für Kontaktregeln und wenn sie in ein Geschäft wollen? Forderungen werden lauter, bei grundlegenden Vorgaben noch mehr Tempo zu machen.

Im Ringen um Erleichterungen für Geimpfte bei Corona-Alltagsbeschränkungen gerät die Bundesregierung zusehends unter Druck.

Bundesratspräsident Reiner Haseloff (CDU) brachte am Mittwoch ins Spiel, Vorgaben dazu schon in der nächsten Woche zu besiegeln statt wie bisher vorgesehen Ende Mai. Der Städte- und Gemeindebund mahnte angesichts erster Regelungen in einigen Ländern bundesweite Klarheit an. Aus Sicht des Städtetags sollten bei Erleichterungen zentrale und gut kontrollierbare Lebensbereiche sowie Möglichkeiten zum Urlaub im Sommer im Blick stehen. Inzwischen haben mehr als 20 Millionen Bundesbürger mindestens eine Impfung bekommen.

Haseloff, der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, sagte dem "Handelsblatt", der Bund solle am besten noch in dieser Woche eine Regelung vorlegen. "Wir können im Parallelverfahren von Bundestag und Bundesrat die Verordnung noch in der kommenden Woche verabschieden." Die Länderkammer könnte am 7. Mai in ihrer nächsten regulären Sitzung beschließen. "Es wäre aber auch jederzeit eine Sondersitzung vor oder kurz nach diesem Datum möglich." Die Bundesregierung plant bisher, dass das Kabinett die Pläne nächste Woche auf den Weg bringt und nach dem Bundestag der Bundesrat am 28. Mai abschließend entscheidet.

Der Bund will das Verfahren für die Verordnung aber beschleunigen. "Noch vor der Befassung im Kabinett soll dazu eine Verständigung mit Bundestag und Bundesländern hergestellt werden", sagte ein Regierungssprecher am Mittwoch auf Anfrage. Hintergrund ist, dass eine Verordnung nicht wie ein Gesetz ins Parlament eingebracht wird. Der Bundestag kann der Regierung, die sie anfertigt, nur Maßgaben aufgeben, die diese dann in die Verordnung aufnehmen müsste. Um ein solches Hin und Her zu vermeiden, soll sie vorab abgestimmt werden.

Wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag angekündigt habe, arbeite man daran, so schnell wie möglich eine Verordnung vorzulegen, sagte der Regierungssprecher. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte in der ARD: "Ich werde unverzüglich, schnellstmöglich jetzt eine Verordnung vorlegen, die genau das vorsieht, dass Grundrechte nicht mehr eingeschränkt werden, wenn keine Gefahr mehr ausgeht."

Laut einem Eckpunktepapier der Regierung könnten vollständig Geimpfte und Genesene etwa beim Zugang zu Geschäften und Dienstleistungen wie Friseuren dieselben Ausnahmen bekommen, die für aktuell negativ Getestete gelten. Bei der Einreise aus dem Ausland könnte in den meisten Fällen die Quarantäne wegfallen. Als Genesene sollen demnach Menschen gelten, "die ein mindestens 28 Tage zurückliegendes positives PCR-Testergebnis nachweisen können". Dies gelte bis zu sechs Monate nach der Feststellung der Genesung, da so lange von einem ausreichenden Immunschutz ausgegangen werden könne.

Mehrere Bundesländer haben teils schon seit Wochen Regelungen für Geimpfte oder planen dies. In Bayern sind sie seit Mittwoch negativ Getesteten gleichgestellt. In Rheinland-Pfalz, Hessen, Brandenburg, Berlin, Baden-Württemberg und Niedersachsen gibt es ebenfalls schon Regelungen. Sachsen und Thüringen planen dies. Nordrhein-Westfalen will den einheitlichen Vorgaben folgen, wie Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) im Landtag deutlich machte: "Es ist richtig, dass wir hier abgestimmt mit dem Bund und den Ländern vorgehen."

Bundesweit sind inzwischen 20,5 Millionen Menschen mindestens einmal geimpft - fast ein Viertel (24,7 Prozent) aller Einwohner. Mit zwei Spritzen vollständig geimpft sind laut Bundesgesundheitsministerium nunmehr 6,1 Millionen Bürger (7,4 Prozent der Bevölkerung).

Der Städte- und Gemeindebund forderte einheitliche Regeln. "Nachdem man gerade die bundeseinheitliche Notbremse eingeführt hat, gehen die Länder jetzt wieder eigene Wege", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Das sei "für die Akzeptanz in der Bevölkerung gefährlich". Generell könne der Vorwurf aufkommen, bei Einschränkungen gehe es ganz schnell, bei Lockerungen, die verfassungsrechtlich geboten sind, lasse man sich Zeit bis Ende Mai.

FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae sagte der Deutschen Presse-Agentur, während Union und SPD es bei den Änderungen im Infektionsschutzgesetz sehr eilig gehabt hätten, lasse sich die Regierung nun viel Zeit, Ausnahmen von Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene per Rechtsverordnung zu formulieren.

Der Städtetag wirbt für schrittweise Erleichterungen für Geimpfte, sobald Impfungen für alle möglich sind. Präsident Burkhard Jung (SPD) sagte: "Über solche Lockerungen sollten wir auch Anreize setzen, dass sich mehr Menschen impfen lassen." Die jetzige Impfreihenfolge mit Vorrang für Risikogruppen soll im Juni enden. Jung sagte, es müsse verhindert werden, die Gesellschaft in Geimpfte und Nichtgeimpfte zu spalten. "Deshalb sollten Geimpfte, Genesene und tagesaktuell negativ Getestete gleich behandelt werden. Getesteten mit zertifizierten Tests sollte also ebenfalls mehr Freiheiten ermöglicht werden."

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