Stuttgart/Dresden. Der Anblick bietet sich vielerorts mittlerweile nahezu jedes Wochenende: Proteste gegen die Corona-Politik. In einigen Städten war ein Großaufgebot der Polizei nötig.

In Deutschland haben am Wochenende erneut Tausende Menschen gegen die Corona-Politik demonstriert - teilweise trotz Verboten. In Stuttgart und Dresden setzte die Polizei jeweils mit Großaufgebot die Verbote von Protesten aus der "Querdenker"-Bewegung durch.

Mehr als 700 Menschen, die am Samstag durch die baden-württembergische Landeshauptstadt gezogen waren, seien festgehalten und identifiziert worden, so die Polizei. Sie wurden demnach angezeigt und erhielten Platzverweise. Zudem habe es mehr als 1000 Verstöße gegen die Maskenpflicht gegeben. Zwei Polizisten seien verletzt worden.

Insgesamt waren rund 1000 Corona-Gegner und ungefähr 400 Gegendemonstranten in der Stadt. Der Innenminister des Landes, Thomas Strobl (CDU), übte am Abend scharfe Kritik. "Es ist irritierend und befremdlich, wenn wir in einer Zeit, in der wir mit gegenseitiger Rücksichtnahme und größtmöglicher Vorsicht aufeinander Acht geben sollten, erneut Hunderte von Polizistinnen und Polizisten brauchen, um grundlegende Formen von Abstand und Anstand zu überwachen." Mit Blick auf die Polizei sagte er: "Stuttgart hat heute andere Bilder gesendet. Das ist gut für Stuttgart, aber vor allen Dingen auch besonders wichtig für die Gesundheit der Menschen."

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte die Polizei zuvor in den Zeitungen der Funke Mediengruppe aufgerufen, bei massiven Regelverstößen oder gar strafbaren Handlungen müsse "glasklar eine rote Linie gezogen und konsequent vorgegangen werden". Als letzte Konsequenz müssten Demonstrationen aufgelöst werden.

Auch in Dresden kontrollierten die Beamten tagsüber immer wieder kleinere Gruppen, um Verbote zweier Demos gegen die Corona-Politik durchzusetzen. Teilweise wurden Platzverweise ausgesprochen. Am Abend protestierten dann unerlaubt Hunderte Menschen in der Innenstadt. Zwei Männer wurden festgenommen, auch gegen die anderen Teilnehmer ermittelt die Polizei. Bei dem Protest schlug ein 57-Jähriger laut Polizei mit einem Rucksack auf einen Journalisten ein. Gegen ihn wird wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Mehr als 2000 Polizisten und Polizistinnen waren im Einsatz.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte das Verhalten der AfD und eines Teils der Bevölkerung im Freistaat in der Corona-Krise zuvor scharf kritisiert. In einer Rede auf dem Landesparteitag der CDU am Samstag warf er der AfD, "Querdenkern" und anderen "verschwurbelten Menschen" vor, die Verantwortlichen von der Arbeit abzuhalten, Leute zu irritieren und den klaren Kurs, den man bei der Bekämpfung der Pandemie brauche, kaputt zu machen.

In Berlin nahm die Polizei bei einer Demo von rund 500 Lockdown-Gegnern am Samstag 69 Menschen wegen Verstößen fest. Dabei hätten andere Demonstranten Befreiungsversuche unternommen, so die Polizei. Die Beamten hätten sich mit körperlichem Zwang durchsetzen müssen. Ein Rollstuhlfahrer wollte den Angaben zufolge weder Maske tragen noch sich wegschieben lassen und wehrte sich. Polizisten nahmen ihn fest und trugen den Rollstuhl samt Fahrer weg. Knapp 900 Polizisten waren im Einsatz. 24 Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet.

In zahlreichen weiteren Städten beschäftigten ähnliche Proteste am Wochenende die Beamten, etwa in Wiesbaden oder im bayerischen Kempten. In Thüringen kam es ebenfalls zu mehreren Polizeieinsätzen wegen "Querdenkern". Auf sogenannten Spaziergängen gegen Corona-Maßnahmen waren Menschen in Mainz unterwegs. In 108 Fällen seien Personalien aufgenommen und 55 Ermittlungsverfahren wegen Verstößen eingeleitet worden, so die Polizei. In Parchim in Mecklenburg-Vorpommern wurden bei einer Demo drei Menschen festgenommen, weil sie mit Flaschen nach Polizisten geworfen haben sollen.

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