Berlin. Nach einer Stichwahl steht fest: Armin Laschet wird neuer CDU-Chef. Friedrich Merz scheitert - holt sich danach auch noch eine Abfuhr mit einem Personalvorstoß für das Bundeskabinett.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet ist neuer CDU-Vorsitzender. Der 59-Jährige setzte sich am Samstag beim digitalen Bundesparteitag in einer Stichwahl gegen den früheren Unionsfraktionschef Friedrich Merz durch.

Auf Laschet entfielen 521 der abgegebenen 991 Delegiertenstimmen, auf Merz 466. Dieser sorgte danach mit einem überraschenden Vorstoß für Wirbel: Wie Merz auf Twitter schrieb, bot er Laschet an, in die jetzige Bundesregierung einzutreten und das Wirtschaftsministerium von Peter Altmaier (CDU) zu übernehmen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ dies umgehend zurückweisen. "Die Bundeskanzlerin plant keine Regierungsumbildung", sagte ein Regierungssprecher auf Anfrage.

Mit der Wahl des Parteivorsitzenden beendete die CDU eine fast einjährige Hängepartie, nachdem Kramp-Karrenbauer im Februar 2020 ihren Verzicht auf eine erneute Kandidatur erklärt hatte. Offen bleibt, wer die Union als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl führen wird.

Der dritte Kandidat für die Nachfolge von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, der Außenpolitiker Norbert Röttgen, war im ersten Wahlgang ausgeschieden. In der ersten Runde hatte Merz 385 Stimmen erhalten, Laschet 380 und Röttgen 224. Das Ergebnis der Online-Abstimmung muss noch formal durch eine Briefwahl bestätigt werden, um rechtssicher zu sein. Auf dem Wahlzettel der 1001 Delegierten steht dann aber nur noch der Name Laschet. Das Ergebnis soll am kommenden Freitag bekannt gegeben werden.

Laschet rief die CDU zum Abschluss des Parteitags zu Geschlossenheit auf - gerade auch mit Blick auf der Superwahljahr. "Alle werden gegen uns sein, SPD, Grüne und Linke." Von der anderen Seite komme aggressiv die AfD. "Und auch die FDP wird nicht das Hauptziel haben, dass der nächste Kanzler wieder von der CDU gestellt wird", sagte Laschet. "Deshalb müssen wir uns jetzt gegen alle die zusammentun."

Laschet machte deutlich, dass er Merz in die Partei einbinden will. Sie schätzten sich gegenseitig seit langen Jahren. Er habe mit Merz verabredet, gemeinsam zu überlegen, "wie auch sein Beitrag für unsere Partei aussehen kann", sagte Laschet. "Es ist für uns eine wichtige Persönlichkeit. Und unabhängig von den Personen müssen wir die Themen, die er uns ins Stammbuch schreibt, jetzt noch intensiver bearbeiten." Unklar war, ob Laschet zu diesem Zeitpunkt bereits vom Merz-Vorstoß wusste, ins Bundeskabinett zu kommen.

Röttgen ließ sich nach seiner Niederlage ins Präsidium der CDU wählen. Merz kandidierte dafür nicht. Er habe sich entschlossen, zugunsten der Frauen auf eine Kandidatur zu verzichten, hieß es auf seinem Twitter-Account.

Merkel gratulierte dem neuen Parteichef auf Twitter und schrieb: "Ich freue auf unsere Zusammenarbeit." Kramp-Karrenbauer rief auf Twitter zur Geschlossenheit auf: "Und jetzt alle zusammen für unsere Union und unser Land." Der CSU-Vorsitzende Markus Söder erklärte in Nürnberg: "Armin Laschet und ich werden, da bin ich ganz sicher, für alle weiteren Fragen, die mal anstehen, eine gemeinsame, kluge und geschlossene Lösung finden." Die Frage der Kanzlerkandidatur sprach er nicht direkt an.

Zu stellvertretenden Vorsitzenden wurden Volker Bouffier (806 Ja-Stimmen), Julia Klöckner (787), Silvia Breher (777), Thomas Strobl (670) und Jens Spahn (589) gewählt. Der Gesundheitsminister rückt neu in den Kreis auf. Er hatte vor der Vorsitzendenwahl eine Fragerunde mit den drei Bewerbern für ein Plädoyer für Laschet genutzt. Dies wurde ihm in der Partei teilweise als unsportliches Verhalten angekreidet. Laschet und Spahn verstehen sich als Team.

Laschet hatte in seiner streckenweise emotionalen Bewerbungsrede seine Erfahrung als Regierungschef ins Feld geführt. "Man muss das Handwerkszeug einer Politik der Mitte beherrschen", sagte er. Er verwies auf die Verhandlungen zum Kohleausstieg oder den Kampf gegen Kriminalität in NRW. Laschet würdigte die Verdienste Merkels. Ihr Ansehen lasse sich in einem Wort zusammenfassen: Vertrauen. Die CDU werde aber nicht für die Verdienste der Vergangenheit gewählt. Nötig sei ein "Modernisierungsjahrzehnt". Laschet betonte: "Die CDU muss wieder zur Ideenschmiede und zum Ort der Diskussion werden." Die Partei sei keine "One-Man-Show", betonte er. Zur Kanzlerkandidatur der Union äußerte er sich nicht.

Dagegen beanspruchte Merz diese in seiner Bewerbungsrede für den Fall seiner Wahl zum Parteichef indirekt für sich. Sein Anspruch sei "Führung dieser Partei, aber auch Führung unseres Landes", sagte der 65-Jährige. Er machte deutlich, dass er sich eine schwarz-grüne Bundesregierung vorstellen kann. Merz wies auf die von Volker Bouffier (CDU) geführte schwarz-grüne Koalition in Hessen hin und sagte: "So etwas geht. Und das geht nicht nur, wenn man selbst besonders grün ist. Es geht besonders und es geht besser, wenn man in eine solche Koalition eigene Überzeugungen, eigene Meinungen, eigene Standorte einbringt."

Der im ersten Wahlgang unterlegene Röttgen warb für eine Erneuerung der CDU. Die Partei müsse wieder der Ort sein, wo Zukunftsfragen diskutiert werden und Antworten gefunden werden. "Es geht eigentlich nur um eins: Zukunftskompetenz."

Glückwünsche zur Wahl bekam Laschet auch von der politischen Konkurrenz. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken wünschte ihm gutes Gelingen beim Zusammenführen der CDU. "In der Koalition steht mit der Bewältigung von Corona eine Herausforderung an, die keinen weiteren innerparteilichen Wettbewerb der Konservativen verträgt." FDP-Chef Christian Lindner twitterte: "Auf so gute Zusammenarbeit und so sportlichen Wettbewerb als Bundesvorsitzende wie wir beides als NRW-Landesvorsitzende früher schon hatten."

Die Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck erklärten: "Wir freuen uns auf einen spannenden politischen Wettbewerb um die Frage, welche Kraft unser Land mutig, entschlossen und mit neuem Schwung aus der Krise in dieses entscheidende Jahrzehnt führt."

Deutlich kritischer äußerte sich die Linken-Vositzende Katja Kipping: "Mit Laschet hat die CDU nun einen neuen Parteivorsitzenden, aber noch lange keinen Kanzlerkandidaten. Egal, wer dann das Rennen um CDU-Kanzlerkandidatur gewinnt, die CDU wird nicht bereit sein, die Weichen so stellen, dass wir gerecht aus der Krise kommen." Der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen schrieb in einer Mitteilung: "Schlechte Nachrichten für Deutschland: Jetzt wird weitergemerkelt!"

Wegen der Corona-Krise fand der CDU-Wahlparteitag erstmals rein digital statt. In Deutschland hat es zwar bereits digitale Parteitage gegeben, etwa bei den Grünen und der CSU, dort fanden aber keine Wahlen statt. Im Parteitagsstudio auf dem Berliner Messegelände waren nur der engste Führungszirkel und die Bewerber für den Vorsitz anwesend. Delegierte, Gäste und Journalisten waren nicht zugelassen.

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