Berlin. Die Rentensysteme in Deutschland und Österreich unterscheiden sich in vielen Punkten – im Nachbarland erhalten Rentner 800 Euro mehr.

  • Immer wieder gibt es Kritik am deutschen Rentensystem – vom Eintrittsjahr bis zu den Rentensätzen
  • Österreich gilt hingegen als Beispiel, wie es auch besser gehen kann
  • Rentner bekommen dort im Schnitt 800 Euro mehr, obwohl sie kürzer arbeiten
  • Welche Vorteile das deutsche Rentensystem dennoch hat – und ob das österreichische Modell auch hierzulande funktionieren könnte

Das deutsche Rentensystem ist ein Dauerstreitthema. Die einen beklagen, dass sie zu lange arbeiten müssen, bis der Ruhestand kommt. Die anderen halten die Rente für zu gering. Ideen, was sich ändern könnte, gibt es viele. Und immer wieder schweift in dieser Debatte der Blick neidvoll nach Österreich. Auch dort gibt es das Umlagesystem in der gesetzlichen Rentenversicherung. Das bedeutet: Die Beitragszahlungen der Versicherten werden unmittelbar zur Finanzierung der Altersbezüge herangezogen.

Jedoch gibt es zwischen Deutschland und Österreich zentrale Unterschiede. So bekommen Österreicher im Alter im Schnitt 800 Euro mehr ausbezahlt als Rentner bei uns. Zudem arbeiten die Menschen in dem südlichen Nachbarland kürzer. Wäre das österreichische Modell also auch die Lösung für Deutschland?

Rentensysteme: Das unterscheidet Deutschland und Österreich

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages ist dieser Frage nachgegangen und hat im Auftrag der Fraktion der Linken beide Systeme miteinander verglichen. Das Ergebnis zeigt: Die Unterschiede sind erheblich. Männer erhielten in Österreich im Jahr 2018 durchschnittliche Rentenzahlbeträge von 1678 Euro im Monat, Frauen 1028 Euro. Dem standen deutsche Altersrenten von 1148 beziehungsweise 711 Euro gegenüber.

Die Differenz erhöht sich sogar noch, weil österreichische Ruheständler 14 Auszahlungen pro Jahr bekommen und nicht nur zwölf wie in Deutschland. Somit kommen Männer im Nachbarland sogar auf durchschnittlich 1958 Euro Rente monatlich, also 810 Euro mehr als Männer bei uns. Bei den Frauen beträgt der Unterschied unterm Strich 488 Euro.

Auch das niedrigere Renteneintrittsalter ist attraktiv. Es liegt in Österreich für Männer bei 65 Jahren und für Frauen derzeit noch bei 60. Es soll künftig für Frauen, die ab Juni 1968 geboren sind, stufenweise auf 65 Jahre angehoben werden. Das wäre immer noch niedriger als bei uns. In Deutschland erhöht sich das Rentenalter bis ins Jahr 2029 auf 67.

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Dietmar Bartsch: „Österreich liefert die Blaupause“

Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch ist vom System im Nachbarland angetan. Eine Rente, die den Lebensstandard sichere, sei eine große, aber lösbare Aufgabe, „Österreich liefert die Blaupause“, sagt Bartsch unserer Redaktion. „In Österreich liegt das Rentenniveau – ohne dass es eine Riester-Rente gibt – bei rund 80 Prozent, hierzulande unter 50 Prozent. Wenn wir die tickende Zeitbombe Altersarmut entschärfen wollen, sollten wir uns bei Österreich eine Scheibe abschneiden.“

Doch was genau macht das Nachbarland anders? Beide Länder stehen vor der demografischen Herausforderung, dass wegen rückläufiger Geburtenzahlen und steigender Lebenserwartung rechnerisch auf immer weniger gesetzlich Versicherte immer mehr Rentner kommen.

Allerdings haben sich Österreicher und Deutsche für unterschiedliche Lösungen dieses Pro­blems entschieden: Deutschland hat zu Beginn der 2000er-Jahre das Umlagesystem durch private Zusatzvorsorge ergänzt, Österreich hat den Kreis der Beitragszahler erweitert. So zahlen dort alle Bürger mit Erwerbseinkommen in dieselbe Rentenkasse ein, also auch Beamte, Selbstständige und Abgeordnete. Betriebsrenten und private Altersvorsorge spielen dort eine deutlich geringere Rolle als bei uns.

Das deutsche Rentensystem hat einige Vorteile

Bei genauer Betrachtung hat das österreichische System aber auch klare Nachteile gegenüber dem deutschen. Unter anderem liegt der Beitragssatz in Österreich deutlich höher. Das Gutachten zieht das Jahr 2018 für einen Vergleich heran. In Österreich wurden 22,8 Prozent Rentenbeitrag fällig, in Deutschland 18,6 Prozent. Wobei der Anteil des Arbeitgebers in Österreich mit 12,55 Prozent höher ist als der des Arbeitnehmers mit 10,25 Prozent. Bei uns zahlen beide Seiten den hälftigen Anteil von 9,3 Prozent.

Zudem muss man im Nachbarland mindestens 15 Jahre versichert sein, um eine Rente ausbezahlt zu bekommen. In Deutschland sind nur fünf Jahre erforderlich. Das Gutachten weist darauf hin, dass aus diesem Grund die tatsächlich gezahlten Durchschnittsrenten auch nur bedingt vergleichbar sind. Aus geringeren Versicherungszeiten ergäben sich in Deutschland entsprechend niedrigere Renten, „die einen direkten Vergleich verzerren“.

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    Auch bei der Besteuerung gibt es Unterschiede. Während Renten in Österreich voll belastet werden, werden sie bei uns nur zu 80 Prozent besteuert.

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