Frankfurt. Die Vize-Bundesparteichefin der Linken, Janine Wissler, erhält Drohschreiben, unterzeichnet mit “NSU 2.0“. Daten der Politikerin sollen zuvor von einem Polizeirechner abgerufen worden sein.

Nach Medienberichten über Drohschreiben an die Vize-Bundesparteichefin der Linken, Janine Wissler, hat die Politikerin erneut eine solche Mail mit der Unterschrift "NSU 2.0" bekommen. Das berichtet die "Frankfurter Rundschau".

Von Wisslers Fraktion hieß es dazu auf dpa-Anfrage, die Mail sei nach Berichten vom Wochenende über zwei frühere Mails dieser Art an Wissler eingegangen.

Die Zeitung schreibt, vor dem Verfassen der Mails an die Politikerin seien vermutlich Recherchen in einem Dienstcomputer der Polizei angestellt worden. Im Februar seien von einem Polizeicomputer in Wiesbaden private Daten Wisslers abgefragt worden. Kurz darauf habe sie die zwei ersten "NSU 2.0"-Schreiben erhalten, die persönliche Daten enthielten, die nicht öffentlich zugänglich sind.

Das hessische Innenministerium und die Frankfurter Staatsanwaltschaft hätten sich aus ermittlungstaktischen Gründen nicht dazu äußern wollen, schreibt die "Rundschau". Ein Sprecher des Innenministeriums habe erklärt, es werde mit Hochdruck ermittelt.

Am Montag - als zwei der Mails bekannt waren - hatte die Frankfurter Staatsanwaltschaft mitgeteilt, die Ermittlungen liefen auf Hochtouren. Sie seien nun Teil des Gesamtverfahrens im Zusammenhang mit dem "NSU 2.0"-Komplex.

Denn mit "NSU 2.0" waren auch Drohschreiben an die Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz unterzeichnet, die diese erstmals im August 2018 erhielt. Die Juristin hatte im Münchner Prozess um die die rechtsextremen Morde des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) Opferfamilien als Nebenklägerin vertreten.

Im Rahmen der Ermittlungen stellte sich heraus, dass die persönlichen Daten der Anwältin von einem Rechner im 1. Polizeirevier in Frankfurt abgerufen worden waren. Wer die Schreiben versandte, ist allerdings bis heute unklar. Der Anwältin und ihren Angehörigen wurde darin der Tod angedroht.

Nach Ansicht des Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) reicht der Rechtsextremismus in Deutschland bis in staatliche Sicherheitssysteme hinein. "Wir erleben auf einmal, dass eine Form von Duldung und Unterstützung und möglicherweise auch Mittäterschaft bis in das Sicherheitssystem hineingeht", sagte Ramelow am Donnerstag dem Südwestrundfunk (SWR). Als Beispiel führte Ramelow die rechtsextremen Drohmails an Wissler an.

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