Berlin/Brüssel. Weil die Nitratwerte im Grundwasser zu hoch sind, sollen Landwirte in Zukunft weniger Gülle ausbringen. Deutschland bekommt von der EU mächtig Druck - doch in der Corona-Krise kommen aus Brüssel vor der entscheidenden Abstimmung auch versöhnliche Signale.

Deutschlands Bauern und die Bundesländer dürfen für die Umsetzung strengerer Dünge-Vorschriften zum Schutz des Grundwassers auf mehr Zeit hoffen.

Vor der Bundesratsabstimmung an diesem Freitag hatten mehrere Länder und der Bauernverband gefordert, in der Corona-Krise die Fristen zu verlängern. Aus Brüssel kamen dazu positive Signale: Bundesregierung und EU-Kommission hätten "im Grundsatz" eine Einigung erzielen können, heißt es in einem gemeinsamen Brief des Umwelt- und des Agrarministeriums an die Länder, der der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag vorlag.

Die Kommission stimmt demnach einer Verlängerung der Umsetzungsfrist für die neue Ausweisung besonders belasteter Gebiete, für die besonders strenge Auflagen gelten, "bis zum Ablauf des 31. Dezember 2020 zu". Das sei wichtig für die Behörden der Bundesländer, da in der Corona-Krise ein reibungsloses Arbeiten teils nicht zu gewährleisten sei, heißt es in dem Schreiben. Die Kommission äußerte sich dazu auf Nachfrage nicht.

Das Düngerecht wird verschärft, weil Deutschland hohe Strafzahlungen drohen. An vielen Orten ist das Grundwasser zu stark mit Nitrat belastet - vor allem in landwirtschaftlich genutzten Regionen. Gegen Deutschland läuft deswegen ein EU-Verfahren, der Europäische Gerichtshof hatte der EU-Kommission schon im Juli 2018 recht gegeben.

Nun zeigt sich die EU aber wohl kulant. In bereits ausgewiesenen sogenannten Roten Gebieten mit hoher Nitrat-Belastung sollen demnach zusätzliche Maßnahmen erst ab dem 1. Januar 2021 verpflichtend sein - auch, weil diese Gebiete sich durch die neue Festlegung verschieben können. Diese Zusagen habe die Kommission aber "eindeutig von der Bedingung abhängig gemacht", dass der Bundesrat der verschärften Düngeverordnung an diesem Freitag zustimme, heißt es in dem Brief der Ministerien vom Mittwoch.

Der federführende Agrar- und Verbraucherschutzausschuss sowie der Umweltausschuss haben vorgeschlagen, den Plänen der Bundesregierung zuzustimmen - aber gleichzeitig erhebliche Kritik daran zu üben. Änderungen der Verordnung sollen im Bundesrat nur nicht erzwungen werden, um hohe Strafen von bis zu rund 850 000 Euro täglich zu vermeiden. Die würden voraussichtlich auf die Länder umgelegt.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte die Länder auf, im Bundesrat zuzustimmen. "Seit 29 Jahren verschleppt die Politik die Einhaltung des Nitrat-Grenzwerts im Grundwasser", sagte DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. "Trinkwasserschutz ist Gesundheitsschutz." Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der die städtischen Wasserversorger vertritt, sieht den möglichen Aufschub der Umsetzung kritisch: "Es ist kein Ruhmesblatt, wenn ein europarechtskonformes Verhalten immer weiter verschleppt wird", teilte der Verband mit. Sollten Fristen verlängert werden, erwarte man, dass dann auch alle notwendigen weiteren Regelungen des Bundes und der Länder stehen. "Weitere Verlängerungen durch die Hintertür darf es nicht geben."