Washington. Zwischenwahlen in den USA: Die Amerikaner sind am Dienstag zu den Midterm Elections 2018 aufgerufen. Welche Note stellen sie Trump aus?

Donald Trump steht gar nicht auf dem Wahlzettel, wenn Amerika an diesem Dienstag bei den alle zwei Jahre stattfindenden Zwischenwahlen darüber entscheidet, wer künftig im Repräsentantenhaus und im Senat von Washington den Ton angibt.

Und doch drehte sich in den Tagen vor den „midterms“ alles um den amerikanischen Präsidenten. Beinahe täglich stürzte sich Trump physisch in den Wahlkampf und schürte vor regelmäßig zehntausenden Anhängern Emotionen. Auf Twitter legt er digital vor – und nach.

Nach Einschätzung von Wahl-Profis ist alles möglich

Offiziell, um in wackligen Wahlkreisen republikanischen Kandidaten den Rücken zu stärken und die demokratische Konkurrenz abzukanzeln. Tatsächlich, weil der Präsident trotz vorgespielter Siegesgewissheit nicht sicher sein kann, welche Note die erwarteten 90 Millionen aktiven Wähler seiner ersten Amts-Halbzeit geben werden.

Tribunal oder Triumph-Zug? Bestätigungs- oder Denkzettelwahl für die Politik eines aus jedem konventionellen Rahmen gefallenen Weißen Hauses? Alles ist nach Einschätzung von Wahlprofis möglich. Das sind die wichtigsten Informationen zu den Midterm Elections 2018.

Trump: Wer die Demokraten wählt, ist verrückt

Weil bei den „midterms“ in der Regel höchstens 40 Prozent der Wahlberechtigten ihrem demokratischen Grundrecht nachgehen, bimmste Trump seiner Basis mit düsterem Tremolo Untergangsszenarien ein, die im Falle einer Niederlage der Republikaner drohten.

So zeiht er seit Tagen die Demokraten penetrant eines radikalen Linksrucks. Was sich im Lichte der tatsächlich aufgestellten Kandidatinnen und Kandidaten in der Breite nicht nachweisen lässt. Trotzdem lautet Trumps General-Angriff wahrheitswidrig: Kommen die Demokraten ans Ruder, wird Amerika zu Venezuela und der Sozialismus eingeführt.

Kriminelle finden offene Grenzen vor. Das Recht auf Waffenbesitz wird abgeschafft. Und mit dem wirtschaftlichen Dauer-Aufschwung ist es vorbei. „Wer die Demokraten wählt“, sagt Trump im Ton eines Demagogen, „ist verrückt.“ Die Midterm Elections 2018 im Liveticker.

Warum Trump eine Verschiebung der Mehrheiten fürchtet

Trump hat Grund eine Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse zu fürchten. Seine immer noch unter Verschluss gehaltene Steuer-Erklärung – und damit der Blick in die tatsächlichen Besitz- und Geschäftsverhältnisse des Milliardärs gerade im Ausland – käme im Falle eines demokratischen Erfolges voraussichtlich genauso auf den Tisch wie die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens.

Jedenfalls dann, wenn die Untersuchungen von Sonder-Ermittler Robert Mueller in der Russland-Affäre Trump & Co. Kungelei mit dem Kreml und/oder Behinderung der Justiz nachweisen sollten. Dass die Demokraten Trumps „Make America great again“-Politik wo immer möglich in der Sache torpedieren würden, ergibt sich von selbst.

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Können die Demokraten Sitze holen?

Über Monate sah es nach einer „blauen Welle“ aus. Blau ist die Farbe der Demokraten. Die Republikaner sind die Roten. Einige Meinungsforscher und Beobachter hielten sogar einen „blue tsunami“ für möglich, der die 2016 von den Republikanern errungenen Mehrheiten in beiden Kammern des Kongresses hinwegspült.

Ermittelte zweistellige Prozentvorsprünge erweckten den Eindruck, der notwendige Gewinn von zusätzlich 24 Mandaten im Repräsentantenhaus und zwei Sitzen im Senat sei für die noch immer noch von der Niederlage Hillary Clintons traumatisierten Demokraten so gut wie abgemacht. Ein Grund: Trumps persönliche Zustimmungswerte liegen seit Amtsantritt konstant deutlich unter 50 Prozent. Was für die regierungstragende Partei bei Zwischenwahlen traditionell Ärger bedeutet. Aber: In einer Befragung von NBC und Wall Street Journal legte der Präsident erstmals auf 47 Prozent bei den Befürwortern zu. Beinahe Obama-Niveau zum gleichen Zeitpunkt seiner Präsidentschaft.

Aktuell messen meinungsbildende Statistik-Internetseiten wie „FiveThirtyEight“ den Demokraten um Nancy Pelosi eine rund 86-prozentige Chance ein, um das „House“ zu erobern. Beim Senat sehen die renommierten Zahlen-Analysten von Nate Silver dagegen nur eine knapp 20-prozentige Chance für Chuck Schumer & Co.

Abstände zwischen den Parteien wurden immer kleiner

Mit näherrückendem Wahltermin wurden die Abstände zwischen den Parteien laut Wahl-Analysten immer kleiner. Viele „Duelle“, die vor Wochen klar entschieden schienen, sind zu Kopf-an-Kopf-Rennen mutiert.

Am Ende geht es um 435 Posten im Repräsentantenhaus. Dort stehen 240 Republikaner 195 Demokraten gegenüber. Holen die Demokraten 24 zusätzliche Sitze, haben sie die Mehrheit. Im Senat müssen sich 35 von 100 Volksvertretern dem Votum der Wähler stellen. 26 davon sind bereits in Hand der Demokraten, nur neun werden von Republikanern gehalten und sind somit eroberungsfähig.

Trump empfindet sich als weltbester Wählermobilisierer. Er hat nicht zuletzt durch die mit härtesten Bandagen durchgesetzte Personalie des erzkonservativen Juristen Brett Kavanaugh am Obersten Gerichtshof und rekordverdächtige Wirtschafts-Zahlen die zweite Luft bekommen. Und dann?

Überraschungssieg der Republikaner wäre ein Blankocheck für Trump

Bei einem Macht erhaltenden Überraschungssieg der Republikaner würde sich Trump „einen Blankoscheck für eine noch extremere, populistischere Politik ausstellen“, sagte ein europäischer Diplomat in Washington unserer Redaktion, „dagegen war das, was wir bisher hatten, nur ein laues Lüftchen.“

Ex-Präsident Barack Obama sagt, die Zwischenwahlen 2018 seien die wichtigsten Wahlen in seinem Leben.
Ex-Präsident Barack Obama sagt, die Zwischenwahlen 2018 seien die wichtigsten Wahlen in seinem Leben. © REUTERS | Sara Stathas

Unterdessen zielen die Demokraten in ihrer Ansprache neben der eigenen Kern-Klientel auf gemäßigte Wechselwähler, die der auf Polarisierung setzenden Stammes-Politik Trumps überdrüssig sind und ein Korrektiv im Kongress wünschen. Dass Frauen mit höherer Bildung Trump überproportional stark ablehnen, könnte dabei eine besondere Rolle spielen.

Allerdings gereicht den Demokraten zum Nachteil, dass bei ihnen kein Epi-Zentrum des Widerstands oder der gut erkennbaren politischen Gegenentwürfe existiert. Geschweige denn eine Person, die zwei Jahre vor der nächsten Präsidentschaftswahl als Trumps Widersacher (Widersacherin) in spe schon deutlich erkennbar ist.

Auch darum ruhten im Endspurt vor dem Wahltag Hoffnungen auf Trumps Vorgänger Barack Obama. Er sollte der Nation eindringlich in Gewissen reden und Last-Minute-Überzeugungsarbeit leisten. Er war nicht der einzige, der das sagte, aber aus dem Mund eines Ex-Präsidenten hat es besonderes Gewicht: „Es ist die wichtigste Wahl in meinem Leben.“