Kabul. Die Taliban kündigen eine Feuerpause zum Ende des Fastenmonats Ramadan in Afghanistan an. Diese Woche sollen die Waffen für drei Tage schweigen. Nicht alle freuen sich darüber.

In Afghanistan haben die militant-islamistischen Taliban eine dreitätige Feuerpause für die bevorstehenden Feiertage zum Ende des Fastenmonats Ramadan angekündigt.

Alle Kämpfer seien angewiesen, landesweit vom ersten bis zum dritten Tag des Zuckerfestes offensive Operationen einzustellen, heißt es in einer Sonntagnacht (Ortszeit) veröffentlichten Erklärung der Taliban. Die auch Eid al-Fitr genannten Feiertage beginnen am Mittwoch oder Donnerstag, abhängig von der Sichtung des Mondes.

Aus dem Präsidentenpalast in Kabul hieß es am Montag in einer Reaktion, Präsident Aschraf Ghani habe die Sicherheitskräfte dazu angewiesen, die Waffenruhe zu achten. Ghani forderte die Taliban auf, eine dauerhafte Feuerpause einzugehen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die seit September laufenden Friedensgespräche treten auf der Stelle. Die Islamisten wollen erst an Initiativen zur Beschleunigung des Friedensprozesses teilnehmen, wenn alle US- und Nato-Truppen aus dem Land sind.

Angesichts der angespannten Sicherheitslage und zahlreicher getöteter Zivilisten und Sicherheitskräfte in den vergangenen Tagen lösten die Islamisten mit der Ankündigung allerdings nicht nur Freude aus. Wie könne man eine Feuerpause feiern, wenn Tausende Familien trauerten, fragte die ehemalige Bergbau-Ministerin Nargis Nehan auf Twitter.

Die Ex-Vizehandelsministerin Mukadessa Jurisch schrieb, die Taliban müssten wissen, "dass sie uns mit drei Tagen Waffenruhe keinen Gefallen gewähren, wenn unsere Seelen und Herzen in Flammen stehen".

Mit Beginn des offiziellen Abzugs der US- und Nato-Truppen am 1. Mai haben die Taliban Offensiven in mehreren Provinzen gestartet. Beobachter hatten eine Verschlechterung der Sicherheitslage rund um dieses Datum und in weiterer Folge befürchtet. Manche gingen davon aus, dass die Taliban die neuen Umstände auf dem Schlachtfeld - mit immer geringerer werdender Unterstützung der Sicherheitskräfte durch die internationalen Truppen - testen würden.

Manche der jüngsten Taliban-Offensiven waren erfolgreich, andere konnten die Sicherheitskräfte zurückschlagen. Am Samstag waren zudem bei einem Anschlag in einem mehrheitlich von schiitischen Hasara bewohnten Viertel nahe einer Schule laut Innenministerium mehr als 50 Menschen ums Leben gekommen, vor allem Schülerinnen.

Das Büro des Vizepräsidenten Sarwar Danisch erklärte am Montag ohne weitere Angaben, die Zahl der Todesopfer liege gar bei 85. Noch am Montag vermissten Angehörige ihre Kinder. Bisher bekannte sich niemand zu der Tat. Die Taliban bestritten eine Beteiligung.

Die deutsche Regierung verurteilte den Anschlag. Regierungssprecher Steffen Seibert sprach am Montag von einem Angriff, der "nicht bösartiger und nicht niederträchtiger hätte sein können". Das eigentliche Ziel sei eine afghanische Gesellschaft, "in der Mädchen und Frauen Bildungschancen haben sollen, die die Terroristen und ihre Hintermänner ihnen vorenthalten wollen".

In der Nacht zu Montag kamen bei zwei weiteren Vorfällen mindestens 13 Zivilisten ums Leben, als Busse auf am Straßenrand platzierte Bomben fuhren. Auch mehrere Sicherheitskräfte im Land wurden getötet. Vor rund zehn Tagen waren bei einer Autobombe in der Provinz Logar mindestens 24 Menschen ums Leben gekommen, der Großteil davon ebenso Schüler. Präsident Ghani hatte den Dienstag zum nationalen Tag der Trauer um die Opfer der Bombenanschläge in Kabul und Logar ausgerufen.

Bereits in der Vergangenheit hatten die Taliban zu Eid-al Fitr das Feuer eingestellt. Das Zuckerfest ist nach dem Opferfest das zweitwichtigste Fest im Islam. Aufrufe zu einer Verlängerung der Waffenruhe über die Eid-Feiertage hinaus haben die Taliban stets ignoriert.

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