New York. Eine geheime Söldner-Mission mitten im libyschen Bürgerkrieg: Die Kämpfer kommen aus westlichen Ländern - und ein von den UN ausgemachter Drahtzieher hat Beziehungen zu Ex-US-Präsident Donald Trump.

Ein bekannter Trump-Unterstützer und Gründer der US-Militärfirma Blackwater ist nach Angaben eines vertraulichen UN-Berichts einer der Hauptbeteiligten bei einer geheimen Söldner-Operation in Libyen gewesen.

Erik Prince habe dem libyschen Warlord Chalifa Haftar einem Expertengremium der Vereinten Nationen zufolge im April 2019 in Kairo eine Militär-Operation vorgeschlagen, die dem General in seinem Kampf gegen die international anerkannte Regierung des Landes helfen sollte. Der UN-Bericht, der am Donnerstag dem Sicherheitsrat präsentiert wurde, liegt der Deutschen Presse-Agentur in Teilen vor.

Demnach habe diese sogenannte "Operation Opus" Haftar bei seinem Marsch auf die Regierung in Tripolis mit bewaffneten Flugzeugen, Aufklärungsflügen, Booten sowie mit einem Programm zur Entführung und Tötung von hochrangigen feindlichen Personen unterstützen sollen. Prince habe in der Folge Kriegsflugzeuge nach Libyen gebracht und damit gegen das Waffenembargo für das Bürgerkriegsland verstoßen.

Über die Mission hatte die Deutsche Presse-Agentur bereits im Mai unter Berufung auf UN-Experten berichtet - allerdings ohne die Information, dass Prince eng mit ihr verbunden gewesen sein soll. Der ehemalige Elitesoldat war in den vergangenen Jahren immer wieder mit engen Kontakten zu Ex-Präsident Donald Trump und seinem Umfeld aufgefallen. Prince war noch Ende 2019 vom "Wall Street Journal" als "informeller Berater" Trumps bezeichnet worden. Er ist zudem der Bruder der ehemaligen US-Bildungsministerin Betsy DeVos. Ein Verstoß gegen ein von den UN verhängtes Waffenembargo kann mit Sanktionen gegen Einzelpersonen, darunter das Einfrieren von Bankkonten oder Reisesperren, geahndet werden.

Die "Operation Opus" wurde im Sommer 2019 in Libyen von vorrangig westlichen Söldnern unter anderem aus Australien ausgeführt - Erik Prince spielte dabei offenbar eine zentrale Rolle bei der Planung und Logistik. Die Personen standen den UN zufolge im Dienst von Sicherheitsfirmen in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ende Juni stiegen demzufolge mindestens 20 Personen im jordanischen Amman in eine Frachtmaschine des Typs Turboprop. Sie kamen aus Australien, Frankreich, Malta, Südafrika, dem Vereinten Königreich und den USA.

Ihr Ziel war Bengasi im Osten des Bürgerkriegslandes - die Hochburg des einst mächtigen Generals Chalifa Haftar, der 2019 eine Offensive auf die Hauptstadt Tripolis im Westen gestartet hatte. Dort wollte er die international anerkannte Einheitsregierung des Landes stürzen, die auch von den USA und weiten Teilen des Westens unterstützt wurde. Zu Haftars Verbündeten zählten dagegen die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Russland, Frankreich und Ägypten. Viele dieser Länder schickten trotz des Embargos Waffen und Söldner in das Land, in dem zu diesem Zeitpunkt längst ein Stellvertreterkrieg tobte.

Doch der Marsch Haftars auf Tripolis blieb trotzdem stecken und wurde schließlich zurückgeschlagen, was auch an der ausländischen Unterstützung für die Einheitsregierung unter anderem aus Italien, Katar und der Türkei lag. Der folgende Machtverlust Haftars trug zur jüngsten Entwicklung in Richtung Frieden bei: Zuletzt wählten Vertreter von beiden Konfliktparteien nach monatelangen Verhandlungen eine neue gemeinsame Übergangsregierung - sie soll den Weg zu landesweiten Wahlen im Dezember ebnen.

Während der hitzigsten Phase des Kampfes um Tripolis hatte Haftar sich - das legt der UN-Bericht nahe - offenbar dem hochprofilierten Militär-Netzwerker Prince zugewandt. Die Experten der Vereinten Nationen bringen dabei vor allem drei bei der "Operation Opus" eingesetzte Flugzeuge mit dem Amerikaner in Verbindung: Eine "Antonov AN-26B" von einem Unternehmen aus Bermuda, ein LASA T-Bird-Leichtangriffsflugzeug von einer bulgarischen Firma und ein Pilatus PC-6 ISR-Flugzeug von einem österreichischen Unternehmen.

Die Firmen in Besitz dieser Flugzeuge seien von Prince "kontrolliert" worden und bereits bei der Operation eingesetzt worden, bevor sie überhaupt bezahlt waren. "Niemand sonst war in der Lage, den Verkauf dieser Flugzeuge innerhalb eines so kurzen Zeitrahmens zu arrangieren", schlussfolgern die UN-Experten.

Erik Prince steht für seine Kritiker symbolisch für die Grenzüberschreitungen privater Militärfirmen in Kriegsgebieten auf der ganzen Welt. Angestellte des von ihm gegründeten Unternehmens Blackwater töteten 2007 im Irak 14 unbewaffnete Zivilisten. Die vier deswegen zu Haftstrafen verurteilten privaten Kräfte wurden vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump kurz vor Weihnachten begnadigt.

Die "Operation Opus" allerdings fasste den Informationen der UN-Experten zufolge in Libyen niemals richtig Fuß und wurde keine Woche nach ihrem Start plötzlich abgebrochen. Die Gruppe bestieg im Hafen von Bengasi Boote und kam nach einer 15-stündigen Fahrt über das Mittelmeer in Malta an. Die Entscheidung für die Evakuierung wurde den UN-Experten deswegen getroffen, weil General Haftar mit beschafftem Kriegsgerät unzufrieden gewesen sei und die Söldner bedroht habe.

Dem neuen UN-Bericht zufolge seien Mitglieder der "Operation Opus" im April und Mai 2020 noch einmal nach Libyen gebracht worden, "um hochwertige Ziele zu lokalisieren und zu zerstören". Doch auch dieser Anlauf habe wegen der überlegenen Luftabwehr der Regierung im Westen abgebrochen werden müssen. Geplant und durchgeführt wurde die Operation laut den UN-Informationen aus dem letzten Jahr in mindestens acht Ländern: Den Emiraten, Jordanien, Malta, Libyen, Angola, Botsuana, Südafrika und den USA.

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