Brüssel/London. Es gibt mehr Bewegung bei den Verhandlungen über einen Brexit-Handelspakt - aber reicht das Tempo? Im Europaparlament denkt man bereits über eine Sondersitzung zum Jahresende nach.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht wichtige Fortschritte in den Verhandlungen mit Großbritannien über einen Handelspakt für die Zeit nach dem Brexit.

"Nach schwierigen Wochen mit sehr, sehr langsamen Fortschritten sehen wir jetzt mehr Fortschritt, mehr Bewegung bei wichtigen Punkten, das ist gut", sagte von der Leyen am Freitag in Brüssel. Doch es herrsche großer Zeitdruck. "Es bleiben noch etliche Meter bis zur Ziellinie."

Man strebe so schnell wie möglich eine Einigung an, sagte ein britischer Regierungssprecher. Premier Boris Johnson hatte aber auch oft betont, dass man auf einen "No Deal" gut vorbereitet sei.

Das angestrebte Freihandelsabkommen soll bereits am 1. Januar in Kraft treten. Dann endet die Übergangsphase nach dem britischen EU-Austritt, und ohne Vertrag droht ein harter wirtschaftlicher Bruch. Weil ein Abkommen noch ratifiziert werden müsste, bleiben aber eigentlich nur noch wenige Tage für eine Einigung.

Im Europaparlament wird sogar eine Sondersitzung nach Weihnachten erwogen. Mögliches Datum sei der 28. Dezember, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Parlamentskreisen. Die Vertragsverhandlungen mit London seien schon jetzt so in Verzug, dass die reguläre Plenarsitzung vom 14. bis 17. Dezember kaum noch erreichbar sei. Sollte ein Durchbruch gelingen, werden Wochen benötigt sowohl für die juristische Prüfung als auch für die parlamentarische Beratung und die Übersetzung in alle 23 EU-Amtssprachen. Für eine rechtzeitige Übersetzung müsste der Text am Montag (23. November) vorliegen.

Zuletzt mussten die Unterhändler ihre direkten Treffen wegen eines Corona-Falls unterbrechen. Sie setzen nun ihre Verhandlungen vorsichtshalber per Schalte fort, auch über das Wochenende.

Die EU-Unterhändler informierten am Freitag auch die EU-Staaten über den Stand. Ein EU-Diplomat sagte danach: "Es gibt greifbare Fortschritte in einer Reihe von Feldern, aber die Meinungsunterschiede bei den wichtigsten Themen wie Wettbewerbsbedingungen, Schlichtungsregeln und Fischerei werden nur sehr langsam geschlossen." Es wachse die Sorge, dass die Gespräche nicht schnell genug vorankämen. "Trotzdem gibt es Hoffnung, dass die Verhandlungen rasch abgeschlossen werden können, sobald die nötigen politischen Entscheidungen in London getroffen wurden."

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