Washington. US-Präsident Trump war mit dem Versprechen eines Corona-Impfstoffs in die Wahl gezogen. Die Wahl hat er verloren - nun steht ein Impfstoff womöglich kurz vor der Zulassung. Wahlsieger Biden fordert angesichts explodierender Infektionszahlen Sofortmaßnahmen der Regierung.

Der von Pfizer und der deutschen Firma Biontech entwickelte Corona-Impfstoff soll nach den Worten des amtierenden US-Präsidenten Donald Trump "sehr, sehr schnell" in den USA zugelassen werden.

Die jüngst von den Herstellern verkündete Wirksamkeit des Impfstoffs "übertrifft bei Weitem alle Erwartungen", sagte Trump am Freitag im Rosengarten des Weißen Hauses.

Die US-Regierung habe sich vertraglich die Lieferung von 100 Millionen Impfdosen gesichert und habe die Option, schnell Millionen weitere Dosen zu bekommen. Trump war mit dem Versprechen eines schon bald verfügbaren Impfstoffs in die Wahl am 3. November gezogen, die er gegen den Demokraten Joe Biden verlor.

Die USA verzeichnen täglich neue Höchststände der Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Am Freitag wurden 184.514 Fälle registriert, wie aus Daten der Johns-Hopkins-Universität (JHU) am Samstagmorgen hervorging.

Das waren rund 31.000 mehr als noch am Vortag. Damit verzeichneten die USA die höchste Fallzahl für Ansteckungen mit dem Virus binnen 24 Stunden seit Beginn der Pandemie.

Das in Mainz ansässige Unternehmen Biotech und der US-Pharmakonzern Pfizer wollen dem Vernehmen nach noch diesen Monat bei der Lebens- und Arzneimittelbehörde FDA eine Notfallzulassung für den Impfstoff beantragen.

Beide Firmen hatten jüngst mitgeteilt, dass ihr Impfstoff nach ersten Erkenntnissen einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor einer Coronavirus-Infektion biete. Sie wollen in diesem Jahr 50 Millionen und 2021 rund 1,3 Milliarden Impfdosen zur Verfügung stellen - weltweit. Der Impfstoff muss besonders gekühlt und pro Person zweimal verabreicht werden, um seine Wirksamkeit zu entfalten.

Die Kriterien für eine Notfallzulassung der FDA sind nicht sehr anspruchsvoll. Grob gesagt muss dafür nachgewiesen werden, dass ein Medikament oder eine Impfung mehr hilft als schadet. Für eine volle Zulassung der FDA hingegen gelten deutlich höhere Hürden - dies dürfte daher noch deutlich länger dauern.

Mit Blick auf die erwarteten Notfallzulassungen will die US-Regierung bereits im Dezember rund 20 Millionen der 330 Millionen Menschen im Lande impfen lassen. Im Januar und den Folgemonaten sollten dann jeweils etwa 25 bis 30 Millionen geimpft werden, sagte der für das Impfprogramm zuständige Regierungsvertreter Moncef Slaoui bei dem gemeinsamen Auftritt mit Trump im Rosengarten. Sobald weitere Impfstoffe zugelassen seien, könne die Zahl noch deutlich erhöht werden. Laut Slaoui, der lange in der Pharmaindustrie gearbeitet hat, könnte neben dem Impfstoff von Pfizer und Biontech auch ein weiteres Präparat eine Notfallzulassung der FDA bekommen.

Das großangelegte Impfprojekt der US-Regierung trägt den Namen Operation Warp Speed. Trump, dem Kritiker stümperhaftes Krisenmanagement in der Pandemie vorwerfen, bezeichnet das Programm als weltweit beispiellose Erfolgsgeschichte.

Der neu gewählte US-Präsident Biden forderte am Freitag dringende Sofortmaßnahmen der Regierung zur Eindämmung der Pandemie. Nach einem Treffen mit seinem Corona-Expertenrat erklärte Biden in einer schriftlichen Mitteilung, die von den Medizinern präsentierten Fakten seien alarmierend.

Die Krise erfordere eine sofortige, entschiedene Antwort der Regierung in Washington, sagte Biden. Leider gebe es diese bisher nicht. "Ich bin der gewählte Präsident, aber Präsident werde ich erst im nächsten Jahr sein", führte Biden mit Blick auf den Amtsantritt am 20. Januar aus. "Die Krise respektierte keine Termine im Kalender, sie beschleunigt sich jetzt."

Im ganzen Land zeigten Infektionen, Einweisungen in Krankenhäuser und Todesfälle eine steigende Tendenz, erklärte Biden. "Unsere Ärzte, Pflegekräfte und anderen Mitarbeiter im Gesundheitswesen stehen unter enormem und wachsendem Druck." Bis ein wirksamer Corona-Impfstoff allgemein zur Verfügung stehe, werde es noch viele Monate dauern. "Dringendes Handeln ist heute geboten, jetzt, von der gegenwärtigen Regierung - angefangen mit einem Eingeständnis, wie ernst die gegenwärtige Lage ist."

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