Washington. In der Corona-Krise geben mehr Amerikaner als sonst ihre Stimme bei der Präsidentenwahl per Brief ab. Doch niemand weiß so recht, wie schnell die Wahlunterlagen ankommen. Deswegen gibt es Streit darüber, ob sie auch noch nach dem Wahltermin eintreffen dürfen.

Das Oberste Gericht der USA lässt in zwei wichtigen Bundesstaaten per Post abgeschickte Stimmzettel zählen, die nach dem Wahltermin am 3. November eintreffen.

In Pennsylvania sollen die Briefwahlunterlagen noch gelten, wenn sie bis zu drei Tage später eintreffen. In North Carolina sind es sogar neun Tage. Das Oberste Gericht ließ nun diese Entscheidung in Kraft. Präsident Donald Trump und die Republikaner wollen, dass nur bis zum 3. November zugestellte Stimmzettel gezählt werden.

Angesichts der Corona-Pandemie wählen deutlich mehr Amerikaner als sonst per Brief. Zugleich ist unter anderen nach Sparmaßnahmen bei der US-Post unklar, wie lange die Briefe brauchen könnten. Gestritten wird bereits in mehreren Bundesstaaten, weitere Verfahren könnten folgen. Es ist wahrscheinlich, dass das Oberste Gericht das letzte Wort hat.

In North Carolina hatte die Wahlbehörde die Frist für das Eintreffen der Stimmzettel von drei auf neun Tage verlängert. Ein Berufungsgericht erklärte das für zulässig. Das Oberste Gericht stimmte nun mit einer Mehrheit von fünf zu drei Stimmen für diese Entscheidung.

Im Fall von Pennsylvania lehnte das Oberste Gericht zunächst einmal nur einen Antrag der Republikaner ab, über deren Klage gegen die Drei-Tages-Frist beschleunigt zu entscheiden. Damit bleibt sie aber zunächst einmal in Kraft. Drei konservative Richter hielten es sich aber ausdrücklich offen, den Fall nach der Wahl wieder aufzugreifen.

Pennsylvania und North Carolina gehören zu den umkämpften Bundesstaaten, die die Wahl entscheiden könnten. In Pennsylvania geht es um 20 Wahlleute, in North Carolina um 15. Für den Sieg bei der Präsidentenwahl muss man auf 270 Stimmen von Wahlleuten kommen.

Bei den Entscheidungen des Obersten Gerichts zu den Fällen geht es um komplexe Abwägungen, ob Behörden der Bundesstaaten oder örtliche und Bundes-Gerichte über Fragen rund um die Wahl entscheiden dürfen.

Laut Umfragen greifen die Demokraten, die Trumps Herausforderer Joe Biden unterstützen, eher zur Briefwahl als Republikaner. Zugleich bieten viele Bundesstaaten die Möglichkeit an, schon vor dem 3. November in einem Wahllokal abzustimmen oder ihre Stimmzettel in Sammelboxen einzuwerfen.

Die frisch ernannte Richterin Amy Coney Barrett hielt sich aus beiden Entscheidungen heraus. Sie habe nicht genügend Zeit gehabt, sich in die Unterlagen einzuarbeiten, sagte eine Sprecherin des Obersten Gerichts der "New York Times" am Mittwoch. Barrett war erst am Dienstag vereidigt worden. Die Demokraten, die mit dem Widerstand gegen ihre Berufung scheiterten, fordern generell, dass sie sich nicht an Entscheidungen zur anstehenden Präsidentenwahl beteiligt.

Präsident Donald Trump hatte besonders betont, dass er den freien Sitz am Obersten Gericht gerade auch mit Blick auf mögliche Verfahren rund um die Stimmauszählung vor dem Wahltermin am 3. November besetzen wollte. Die konservative Mehrheit im Obersten Gericht wuchs mit Barrett auf sechs der neun Sitze an.

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