Warschau. Andrzej Duda wird für weitere fünf Jahre Polen als Staatsoberhaupt führen. Bei seiner Vereidigung gab es auch leere Sitze - Abgeordnete der Opposition blieben aus Protest fern. In seiner Rede erinnerte Duda daran, wem er seine politische Karriere verdankt.

Erst legte Andrzej Duda den Eid für seine zweite Amtszeit ab, dann verbeugte sich Polens Staatschef tief vor seinem politischen Ziehvater.

"Mein Meister - Polens Präsident Professor Lech Kaczynski" - so sprach Duda in seiner Rede zur Amtseinführung von dem Mann, in dessen Büro einst seine Karriere begonnen hatte. Ohne Lech Kaczynski hätte es seine Präsidentschaft nie gegeben, sagte Duda. Die Abgeordneten der nationalkonservativen Regierungspartei PiS applaudierten stehend. Kaczynski kam 2010 bei der Flugzeugkatastrophe von Smolensk ums Leben. Doch sein Zwillingsbruder Jaroslaw hält bis heute als Chef der PiS die Zügel der polnischen Politik in der Hand. Duda gilt als sein treuer Gefolgsmann.

Der 48 Jahre alte Jurist aus Krakau hatte bei der Stichwahl am 12. Juli seinen liberalkonservativen Herausforderer, Warschaus Oberbürgermeister Rafal Trzaskowski, mit knappem Vorsprung geschlagen. Damit sicherte sich Duda eine zweite fünfjährige Amtszeit.

Die Feier zu Dudas Amtseinführung im Plenarsaal des polnischen Parlaments war von Corona-Schutzmaßnahmen und Protesten der Opposition gekennzeichnet. Viele Sitze blieben leer. Die Fraktion von Trzaskowskis Bürgerkoalition war nur als Delegation vertreten. Die Parlamentarierinnen des Linksbündnisses erschienen in bunten Kleidern, um die Regenbogenfarben darzustellen - das Symbol für die Bewegung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgender-Menschen. Männliche linke Abgeordnete trugen Regenbogen-Masken. Duda hatte im Wahlkampf gegen sexuelle Minderheiten gehetzt und war dafür auch aus dem Ausland kritisiert worden.

Der Staatschef hat in Polen mehr Kompetenzen als der Bundespräsident in Deutschland. Er steht zwar nicht der Exekutive vor wie in den USA oder Frankreich. Aber er hat das Recht, fast jede Gesetzesinitiative des Parlaments mit einem Veto zu stoppen. Um das Veto des Präsidenten zu überstimmen, braucht es eine Drei-Fünftel-Mehrheit im Parlament.

Von seinem Veto-Recht hat Duda während seiner Amtszeit eher zögerlich Gebrauch gemacht. Im Juli 2017 stoppte er nach massiven Protesten und Sanktionsdrohungen der EU-Kommission zwei Gesetze der umstrittenen Justizreform, billigte aber ein drittes.

Eine eigenständige Politik ließ er bislang nicht erkennen. Gegner nennen ihn spöttisch "Kaczynskis Kugelschreiber". Ob sich das in der zweiten Amtszeit ändern wird, darüber gehen die Ansichten in Warschau auseinander.

Und was bedeutet Dudas zweite Amtszeit für das deutsch-polnische Verhältnis? Der mit einer Deutschlehrerin Verheiratete galt lange als deutschlandfreundlicher Vertreter der PiS. Doch im Endspurt des Wahlkampfs spielte er die anti-deutsche Karte, warf deutschen Medien und einer polnischen Zeitung, die teilweise in deutschem Besitz ist, Einmischung in das Rennen um die Präsidentschaft vor. "Es wird keine große Veränderung geben: Mit Andrzej Duda bleibt es so, wie es ist", sagt Agnieszka Lada vom Deutschen Polen-Institut in Darmstadt.

Wenn die PiS von innenpolitischen Angelegenheiten ablenken wolle, greife sie zu einem Manöver in der Außenpolitik, das die Aufmerksamkeit auf sich ziehe. Daher könne auch das Thema Reparationsforderungen an Deutschland wieder auftauchen, glaubt Lada.

Vor der Parlamentswahl im Oktober hatten Regierungsvertreter darauf gepocht, dass Deutschland Polen Entschädigungen für die Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg zahlen müsse. Doch ein angekündigter Bericht einer Parlamentskommission zur Schadenshöhe wurde nie veröffentlicht. Im Präsidentenwahlkampf spielte das Thema keine Rolle.

"Ich erwarte da in den kommenden Monaten nichts Radikales", sagt Lada. Polen werde konfrontative Schritte gegen Berlin vermeiden, solange die EU-Haushaltsverhandlungen laufen. Danach könne sich der Ton wieder ändern.

© dpa-infocom, dpa:200806-99-63992/3