Teheran. Die Demonstrationen gegen die Regierung im Iran schwellen an. US-Präsident Trump kommentiert das aus der Ferne - und trägt so dazu bei, dass der Druck auf die Führung in Teheran wächst.

Die regierungskritischen Proteste in Teheran weiten sich nach dem Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine durch den Iran aus.

Bis zu 3000 Menschen demonstrierten am Sonntag laut der Nachrichtenagentur ILNA auf dem Asadi-Platz in der Hauptstadt und kritisierten auch die Vertuschung von Fakten durch die iranische Führung. Es gab dem Bericht zufolge Forderungen nach dem Rücktritt aller beteiligten Offiziellen. Polizei und Sicherheitskräfte versuchten laut ILNA, die Proteste zu beenden. US-Präsident Donald Trump stellt sich via Twitter demonstrativ hinter die Demonstranten - zum Ärger des Irans.

Schon in den Tagen nach dem versehentlichen Abschuss der Linienmaschine am Mittwoch hatten Hunderte Menschen, hauptsächlich Studenten, gegen die Führung der Islamischen Republik protestiert. Zu diesem Zeitpunkt hielten die iranischen Behörden noch an ihrer Darstellung fest, ein technischer Defekt habe das Flugzeug abstürzen lassen. Am Samstag räumte das Militär dann den versehentlichen Abschuss der Maschine ein. Die gesamte iranische Führung drückte ihr Bedauern über den Vorfall aus.

Der Abschuss der Maschine fiel zeitlich zusammen mit der Verschärfung des Konflikts zwischen den USA und dem Iran. Die Lage war eskaliert, nachdem das US-Militär den iranischen Top-General Ghassem Soleimani in Bagdad gezielt per Luftschlag getötet hatte. Nach einem darauf folgenden Vergeltungsangriff des Irans auf von den USA genutzte Militärstützpunkte im Irak wuchs die Furcht vor einer unkontrollierbaren Ausweitung des Konflikts. Zuletzt kündigten beide Länder an, ihre Spannungen auf politischer Ebene lösen zu wollen.

Trump warnte die iranische Führung davor, gewaltsam gegen protestierende Regierungskritiker vorzugehen. "Töten Sie nicht ihre Demonstranten", schrieb er am Sonntag in Großbuchstaben auf Twitter. "Tausende sind von Ihnen bereits getötet oder inhaftiert worden." Die USA und die ganze Welt würden zuschauen, warnte Trump. Später wiederholte er die Twitter-Nachricht auf Persisch. Bereits am Samstag hatte Trump den Demonstranten im Iran in Twitter-Nachrichten auf Englisch und Persisch die Unterstützung der USA zugesichert.

Der Iran bezeichnete Trumps Einlassungen via Twitter als absurd. "Stehen Sie an der Seite der Iraner oder gegen sie, wenn Sie ihren Nationalhelden (Soleimani) in einer Terroraktion töten lassen", fragte Außenamtssprecher Abbas Mussawi auf Twitter. Außerdem habe Trump kein Recht, auf Persisch zu twittern, nachdem er jahrelang das iranische Volk mit Drohungen und Sanktionen terrorisiert habe.

Am Sonntag (Ortszeit) twitterte Trump dann, sein Nationaler Sicherheitsberater gehe davon aus, dass die Sanktionen und Proteste den Iran an den Verhandlungstisch zwingen würden. "Tatsächlich könnte es mir egaler nicht sein, ob sie verhandeln. Es wird völlig ihnen überlassen sein, aber: keine Atomwaffen und "tötet eure Demonstranten nicht"", schrieb er.

In einem Abkommen mit den fünf UN-Vetomächten und Deutschland hatte sich der Iran 2015 verpflichtet, sein Atomprogramm so zu gestalten, dass das Land keine Atombomben bauen kann. Im Gegenzug sollten Sanktionen aufgehoben werden. Jedoch stiegen die USA nach der Wahl Trumps aus dem Abkommen aus und verschärften die Sanktionen gegen Teheran.

Nach der gezielten Tötung Soleimanis wachsen die Zweifel an der Begründung, mit der Trump den Luftangriff zu rechtfertigen versuchte. US-Verteidigungsminister Mark Esper sagte dem US-Sender CBS am Sonntag auf die Frage nach einem Beweis für die von Trump angeführten angeblichen Angriffspläne auf vier US-Botschaften: "Ich habe in Bezug auf vier Botschaften keinen gesehen."

Trump hatte dem Sender Fox News am Freitagabend gesagt, dass "wahrscheinlich" die Botschaft in der irakischen Hauptstadt Bagdad angegriffen werden sollte. Dann ergänzte er: "Ich kann verraten, dass ich glaube, dass es wahrscheinlich vier Botschaften gewesen wären."

Der republikanische Präsident hatte die gezielte Tötung Soleimanis am 3. Januar in Bagdad mit einer unmittelbar bevorstehenden Bedrohung für Amerikaner gerechtfertigt, womit die Operation aus US-Sicht ein legitimer Anti-Terror-Einsatz gewesen wäre. Die US-Demokraten meldeten Zweifel an der Begründung an und kritisierten, dass der Kongress vorab nicht konsultiert worden sei.

Esper betonte, Trump habe in Bezug auf die vier US-Botschaften keine spezifischen Beweise angeführt, sondern von einer Möglichkeit gesprochen. Er teile die Meinung des Präsidenten. "Meine Erwartung war, dass sie es auf unsere Botschaften abgesehen haben." Weiter sagte der Pentagon-Chef: "Wir hatten Informationen, dass es innerhalb weniger Tage einen Angriff geben würde, der ein breites Ausmaß haben würde, mit anderen Worten: mehr als ein Land."

Auf der von US-Truppen genutzten Luftwaffenbasis Balad im Irak schlugen am Sonntag acht Geschosse ein. Vier irakische Soldaten seien von Katjuscha-Raketen verletzt worden, teilte das Militär der staatlichen Nachrichtenagentur INA zufolge mit. Wer hinter dem Angriff steckt, war zunächst unklar. Der Stützpunkt liegt rund 80 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bagdad. Zuvor hatte die Polizei in der Provinz Salah al-Din mitgeteilt, es habe sich um neun Mörsergranaten und drei verletzte irakische Soldaten gehandelt. Die Geschütze hätten das Rollfeld sowie den Eingangsbereich getroffen.

US-Außenminister Mike Pompeo zeigte sich "empört über Berichte über einen weiteren Raketenangriff auf eine irakische Luftwaffenbasis". Er forderte die irakische Regierung auf, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. "Diese fortgesetzten Verletzungen der Souveränität des Iraks durch Gruppen, die der irakischen Regierung nicht loyal sind, müssen ein Ende haben."

Das irakische Parlament hatte nach der gezielten Tötung Soleimani den Abzug aller ausländischen Truppen aus dem Land verlangt. Nicht nur die Bundesregierung will Klarheit haben, ob diese Forderung wirklich in die Tat umgesetzt werden soll. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) traf am Montagmorgen in Amman ein, wo er mit seinem jordanischen Kollegen Aiman Safadi sprechen will. Am Sonntagabend hatte Maas in Paris ein Krisengespräch über das vom Scheitern bedrohte Atomabkommen mit dem Iran geführt.