Lima. Der frühere Staatschef soll Schmiergelder vom Baukonzern Odebrecht angenommen haben. Als die Ermittler mit dem Haftbefehl vor der Tür stehen, trifft er eine drastische Entscheidung: Er richtet seine Waffe gegen sich selbst.

Die Polizisten stehen bereits mit einem Haftbefehl in seinem Haus im feinen Stadtteil Miraflores, als Alan García um ein letztes Telefongespräch bittet. Er schließt sich in einem Zimmer ein, um mit seinem Anwalt zu sprechen. Dann fällt ein Schuss.

Die Beamten brechen die Tür auf und finden den ehemaligen peruanischen Präsidenten blutüberströmt vor. Er hat sich in den Kopf geschossen. Der 69-Jährige wird sofort ins Krankenhaus gebracht. Trotz einer Notoperation können die Ärzte sein Leben nicht retten.

"Wir sind bestürzt über den Tod des ehemaligen Präsidenten Alan García", schreibt der peruanische Staatschef Martín Vizcarra auf Twitter. "Ich spreche seiner Familie mein Beileid aus."

Der Ex-Präsident (1985-1990 und 2006-2011) sollte wegen Korruptionsvorwürfen für zehn Tage in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen ihn wegen mutmaßlicher illegaler Finanzierung seiner Wahlkampagne von 2006 mit Spenden von Odebrecht. Er soll während seiner zweiten Amtszeit die Vergabe von staatlichen Bauverträgen an den brasilianischen Konzern erleichtert haben.

"Alan García hat alles in seiner Macht Stehende getan, um zu entkommen", sagte der Strafrechtler Samuel Fernández von der Universidad Central in Chile im Fernsehen. "Jetzt hat er eine schreckliche Entscheidung getroffen, weil er diesmal der Justiz wirklich in die Hände zu fallen schien."

García bestritt, Odebrecht-Geld angenommen zu haben. "Man darf nicht Menschen aufgrund von Spekulationen verhaften, das wäre eine große Ungerechtigkeit", sagte García am Dienstagabend dem Sender RPP in seinem letzten Gespräch mit der Presse.

Um an lukrative Staatsaufträge zu kommen, hatte der Baukonzern Odebrecht nach eigenen Angaben vor der brasilianischen Justiz über Jahre hinweg in ganz Lateinamerika Politiker und Beamte bestochen. Insgesamt sollen 785 Millionen Dollar Schmiergeld geflossen sein.

Wegen der boomenden Wirtschaft war Peru besonders betroffen. In dem Andenland wird gleich gegen vier ehemalige Präsidenten wegen Korruption ermittelt: Neben García stehen auch Alejandro Toledo (2001-2006), Ollanta Humala (2011-2016) und Pedro Pablo Kuczynski (2016-2018) im Fokus der Behörden.

García wies die Vorwürfe stets zurück und sprach von einer Schmutzkampagne gegen ihn. Ende vergangenen Jahres beantragte er politisches Asyl in Uruguay, das allerdings abgelehnt wurde. Er verbrachte wegen früherer Ermittlungen gegen ihn in den 1990er Jahren neun Jahre im Asyl in Kolumbien und kehrte erst nach Peru zurück, als die Vorwürfe gegen ihn wegen illegale Bereicherung und Bestechlichkeit verjährt waren.

Bei den jüngsten Ermittlungen ging es auch um eine mutmaßlich illegale Zahlung von 100.000 US-Dollar des Baukonzerns Odebrecht an García, angeblich als Honorar für einen Vortrag in São Paulo 2012, nach Ende seiner Amtszeit.

Toledo soll 20 Millionen US-Dollar Bestechungsgeld von Odebrecht erhalten haben. Im Gegenzug sorgte er nach Angaben der Ermittler dafür, dass das Unternehmen den Zuschlag für den Bau von zwei Abschnitten der Interoceánica erhielt. Die Straße soll über Tausende Kilometer den Atlantik mit dem Pazifik verbinden. Der Ex-Präsident hält sich derzeit in den USA auf. Peru hat seine Auslieferung beantragt.

Auch der ehemalige Staatschef Humala soll Geld von Odebrecht angenommen haben. Nach Angaben des früheren Konzernchefs Marcelo Odebrecht zahlte das Unternehmen drei Millionen Dollar für seine Wahlkampagne. Gegen Humala und seine Frau Nadine Heredia wird wegen Geldwäsche und unzulässiger Absprachen ermittelt.

Ex-Präsident Kuczynski war vor einem drohenden Amtsenthebungsverfahren vor einem Jahr zurückgetreten. Er soll eine illegale Wahlkampfspende von Odebrecht über 300 000 Dollar angenommen haben. In der vergangenen Woche wurde er verhaftet. Derzeit liegt er wegen Herzproblemen im Krankenhaus.